Essen (epd). Damit Mindestlöhne in den Betrieben eingehalten werden, bedarf es laut einer Studie mehr und effektiverer Kontrollen. Aufgrund intransparenter Arbeitsbedingungen, unterschiedlicher Regelungen für bestimmte Arbeitsformen und immer komplexerer Zuliefererketten sei die Überprüfung für die zuständigen Behörden heute viel schwieriger als in der Vergangenheit, heißt es in einer am Donnerstag in Essen vorgestellten Untersuchung der Universität Duisburg-Essen.
"Für eine wirksame Abschreckung müssen Kontrollen an der Spitze der Wertschöpfungskette ansetzen, nicht erst auf der Baustelle oder im Supermarkt", forderte Arbeitsmarktforscher Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität. Ein Forscherteam um Bosch hat die Probleme bei der Durchsetzung und Einhaltung von Mindestlöhnen untersucht und liefert damit nach eigenen Angaben die erste umfassende empirische Untersuchung zur Kontrolle von Mindestlöhnen in Deutschland.
Probleme sieht das IAQ-Team vor allem in Risikobranchen mit vielen Kleinbetrieben, wechselnden Arbeitszeiten und Einsatzorten sowie in Firmen ohne Tarifbindung und ohne Betriebsräte. "Viele Beschäftigte wissen gar nicht, welche Lohnbestandteile auf den Mindestlohnanspruch angerechnet werden dürfen", erklärte Bosch. Bei Verstößen müssten sie in Deutschland selbst vor Gericht ziehen, um vorenthaltene Arbeitsentgelte einzuklagen. "Das machen aber nur wenige."
Für die notwendigen Verhaltensweisen der Wirtschaftsbetriebe sei mehr Prävention erforderlich: Um die Selbstkontrollen durch die Sozialpartner zu stärken, müsste die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen deutlich erleichtert werden, erklärten die Wissenschaftler. Unternehmen an der Spitze von Wertschöpfungsketten wie im Baugewerbe sollten selbst dafür sorgen, dass auch ihre Subunternehmen Mindeststandards einhalten.
Das IAQ betont außerdem, dass Beschäftigte wissen müssen, was zur bezahlten Arbeitszeit zählt und was nicht. Dafür sei eine manipulationssichere Erfassung der Arbeitszeit nötig.