Menschenrechtler kritisieren IOC-Regeln zu politischem Protest

Menschenrechtler kritisieren IOC-Regeln zu politischem Protest

Göttingen (epd). Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat die neuen Regeln des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zu politischen Meinungsäußerungen bei Olympischen Spielen als weltfremd und entmündigend kritisiert. "Spätestens bei den Olympischen Winterspielen in Peking im Februar 2022 droht dem IOC ein Super-GAU", sagte der Direktor der Menschenrechtsorganisation, Ulrich Delius, am Mittwoch in Göttingen. Diese Spiele fänden in einem Land statt, "das Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord an seiner eigenen Bevölkerung begeht".

Das IOC hatte die neuen Richtlinien am vergangenen Donnerstag veröffentlicht. Danach sind Proteste und Demonstrationen in allen olympischen Wettkampfstätten, im Olympischen Dorf sowie während der Medaillenzeremonien und der Eröffnungs- und Schlussfeier untersagt. Dazu gehören ausdrücklich das Zeigen von politischen Botschaften, politische Gesten wie das Knien oder Verstöße gegen das Protokoll bei Siegerehrungen.

Delius sagte, in China würden uigurische und kasachische Sporttreibende alleine aufgrund ihres Glaubens und ihrer ethnischen Abstammung zwangsweise in Umerziehungslager eingewiesen. Das sei eine grobe Verletzung des olympischen Geistes: "Kritik daran auch noch systematisch zu unterdrücken ist undemokratisch und nicht zeitgemäß."

Delius erinnerte an den Fall des Marathonläufers Feyisa Lilesa aus Äthiopien. Er hatte mit überkreuzten Armen beim Zieleinlauf bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro 2016 auf die Unterdrückung der Oromo-Bevölkerungsgruppe in seiner Heimat aufmerksam gemacht. Das IOC scheine diese oft mutigen Gesten nur als Problem aufzufassen, und nicht als Chance, den olympischen Geist zu erneuern und die in Verruf gekommenen Olympischen Spiele in der Bevölkerung wieder beliebter zu machen, sagte Delius.