"Kennen Sie das Buch?", fragt Ingo Strugalla in seinem Büro in Heidelberg. Die Journalistin schüttelt den Kopf. "Warten Sie, ich habe es da", sagt der geschäftsführende Vorstand der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau (ESPS). Er öffnet einen Schrank, fährt suchend mit dem Finger über die Buchrücken. Abteilungsleiter Alexander Wittmann sitzt daneben vor seinem Tablet und sagt: "Sie können aufhören zu suchen. Ich hab es schon in der Datenbank gefunden." Strugalla richtet sich auf: "Da! Jetzt wissen Sie, warum die Digitalisierung toll ist. Man spart Zeit."
Strugalla leitet seit 2003 die Stiftung, die eine Vermögensverwaltung der Evangelischen Landeskirche in Baden ist. Dort wird ein Vermögen in Höhe von rund 600 Millionen Euro (Stand: 2018) in den Bereichen Forst, Immobilienfonds, Wohnungen sowie Pacht- und Erbbaurechtsverträgen verwaltet. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen, gerade Kirchenleuten, ist Strugalla ein Befürworter der Digitalisierung. In ein paar Jahren soll es in der mehr als 70 Mitarbeitern umfassenden Stiftungen keine Akten oder Papiere mehr geben, sagt er.
Geld sparen nicht an erster Stelle
Einen großen Teil des Weges dahin hat die ESPS schon zurückgelegt. So wurden beispielsweise alle 21.000 Pacht- und Erbbaurechtsverträge digitalisiert. Home Office ist etabliert, rund 34 Prozent der Mitarbeiter nutzen diese Möglichkeit regelmäßig. Zudem sei ein Dokumentenmanagementsystem eingeführt worden und zahlreiche Prozesse erfolgen nur noch digital. "Früher haben wir für eine Dienstreise sechs Dokumente ausdrucken und hin- und herreichen müssen, nun kann ich das online und papierlos genehmigen", so Strugalla.
Kosteneinsparungen hält er dabei nicht für den großen Vorteil bei der Digitalisierung. "Die großen Vorteile liegen in der Prozessoptimierung, der Transparenz, einer höheren Effektivität und Flexibilität", betont Strugalla. "Sei es, dass man von unterwegs auf alle Daten zugreifen oder Mitarbeiter halten kann, weil sie den Beruf leichter mit der Familie vereinbaren können", sagt er.
Aber die Mitarbeiter seien manchmal auch die größte Hürde. "Da höre ich dann 'Schon immer so gemacht', 'Viel zu kompliziert' oder ' In der Akte finde ich es aber viel schneller." Schwierig sei auch, dass man bei Mitarbeitern nicht mit Zahlen punkten könne." Mit Aussagen wie 'durch die Umstellung sparen wir aber jeden Monat ein paar Euro', kann ich sie leider nicht begeistern", bedauert Strugalla. Nur mit frühzeitigen Einbinden und Geduld kämen sie voran.
Netzwerken und Mitarbeiter einbinden
Abteilungsleiter Wittmann berichtet, dass es nicht immer leicht sei, die passende technische Lösung für die teils sehr speziellen Verwaltungsaufgaben zu finden. Daher sei er in verschiedenen Netzwerken zur Digitalisierung organisiert, etwa in einer regionalen Arbeitsgruppe oder mit dem Landratsamt Heidelberg. "Ich hätte aber gerne noch mehr Austausch", sagt er. Manchmal diskutiere er auch technische Probleme über das Netzwerk XING. Insgesamt habe er aber den Eindruck, dass sie schon ziemlich gut aufgestellt seien. "Wir sind auch schon von verschiedenen Landeskirchen um Rat gefragt worden."
Gibt es nicht aber doch leise Schmerzen gegenüber einer Welt voller Tablets und Datenbanken, vielleicht beim Datenschutz? "Es stellt sich nicht die Frage, ob die Digitalisierung gut ist oder schlecht ist. Wir sind eine kleine Organisation, wir können nur entscheiden, wie wir uns gegenüber den großen Entwicklungen in dieser Welt verhalten", sagt Strugalla. Wittmann ergänzt, noch speichere man alle Daten auf einem Server im Keller. "Aber Microsoft wird uns irgendwann so viel Druck machen, dass wir in deren Cloud müssen."