Düsseldorf (epd). Bei der Überschuldung von Privathaushalten in Deutschland ist weiter keine Entspannung in Sicht. Zum Stichtag 1. Oktober waren 6,92 Millionen Menschen über 18 Jahre überschuldet. Mit einem minimalen Rückgang von 10.000 Menschen oder 0,1 Prozent zum Vorjahr liegt die Überschuldungsquote damit unverändert bei zehn Prozent, wie aus dem am Donnerstag in Düsseldorf vorgestellten Schuldneratlas 2019 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervorgeht.
"Trotz einer langjährigen guten Konjunktur hat sich die Lage nicht verbessert", sagte Creditreform-Vorstandsmitglied Helmut Rödl. Vor dem Hintergrund einer sich nun eintrübenden Wirtschaftslage in Deutschland sei deshalb mittelfristig nicht mit einer nachhaltigen Entspannung bei der privaten Überschuldung und Armutsgefährdung zu rechnen. "Die Überschuldungsampel bleibt weiterhin auf Rot", heißt es im Schuldneratlas.
Besorgniserregend ist laut Creditreform die überdurchschnittliche Zunahme von Überschuldung im Alter. So hat sich nach den Angaben die Zahl der überschuldeten Rentner über 70 Jahre in nur einem Jahr um 45 Prozent oder 118.000 Fälle auf 381.000 Menschen nahezu verdoppelt. "Besonders prekär ist, dass Senioren höhere Schulden bei geringem Einkommen haben und damit weniger Chancen, der Überschuldungsspirale zu entkommen", warnt der Bericht.
Als Hauptgründe für die Überschuldung im Alter sieht der Bericht neben niedrigen Renten als Folge geringer Einkommen die in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Mieten und Nebenkosten. Offen bleibe, ob die jüngst von der Bundesregierung beschlossene Grundrente die Überschuldungsgefahr im Alter werde eindämmen können, merkte Rödel an. Auch bei den 60- bis 69-Jährigen nahm die Zahl der Überschuldungsfälle zu, und zwar um 15 Prozent auf 641.000.
Die Verschuldungsquote Älterer - 2,95 Prozent in der Gruppe der über 70-Jährigen - bleibt aber trotz der deutlichen Zuwächse weiterhin unter den Vergleichswerten der jüngeren Altersgruppen. Die höchste Überschuldungsquote weisen die 30- bis 39-Jährigen mit 17,72 Prozent sowie die unter 30-Jährigen mit 12,13 Prozent auf. Hier spielen hohe Ausgaben etwa durch Konsum, Hausbau oder Familiengründung eine Rolle.
Im Vergleich zwischen alten und neuen Bundesländern stellt der Bericht keine wesentliche Änderung fest. Die Überschuldungsquote in Ostdeutschland liegt mit aktuell 10,3 Prozent zum achten Mal in Folge über dem Vergleichswest im Westen von 9,9 Prozent. Vor allem der anhaltende Rückgang der Bevölkerungszahl im Osten verhindere einen stärkeren Rückgang der Quote, obwohl es weniger Überschuldungsfälle gebe.
Auch im Vergleich der Regionen geht die Überschuldungsschere laut Schuldneratlas weiter auseinander: Viele Kreise mit niedriger Überschuldungsquote konnten sich demnach weiter verbessern, während sich die Situation in Gebieten mit hoher Überschuldung weiter verschlechterte. Der Süden der Republik steht ungebrochen besser da als der Norden. Die geringste Überschuldungsquote gibt es im bayerischen Eichstätt (3,98 Prozent). Schlusslicht ist Bremerhaven (21,67 Prozent). Auch das Ruhrgebiet bleibe sozialer Brennpunkt angesichts von hoher Arbeitslosigkeit und niedriger Einkommen, heißt es in der Erhebung.