Berlin (epd). Nach dem Rückgang im vergangenen Jahr gibt es bei den Rüstungsexportgenehmigungen wieder einen deutlichen Anstieg. Bis zum 31. Oktober wurden nach vorläufigen Zahlen Genehmigungen mit einem Wert in Höhe von rund 7,4 Milliarden Euro erteilt, wie aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine schriftliche Frage der abrüstungspolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, hervorgeht. Im gesamten Jahr 2018 lag dieser Wert noch bei 4,8 Milliarden Euro, ein Jahr zuvor bei 6,2 Milliarden Euro. Laut Rüstungsexportbericht ging im ersten Halbjahr 2019 ein Großteil der Ausfuhren an EU- oder Nato-Länder. Aber es wurden unter anderen auch Genehmigungen erteilt, Raketenteile und Flugkörper nach Ägypten zu exportieren.
Genehmigt wurden laut der Antwort auf die schriftliche Frage, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, "Kriegswaffen" im Wert von etwa 2,3 Milliarden Euro und "sonstige Rüstungsgüter" im Wert von knapp 5,1 Milliarden Euro. In 56 Einzelfällen mit einem Gesamtwert von knapp 16 Millionen Euro wurde die Erteilung der Genehmigungen abgelehnt. Hier wurde nicht genauer erläutert, um welche Art von Gütern oder Waffen es sich handelt.
Dagdelen warf der Bundesregierung eine "Durchwinke-Praxis" vor. "Fast jeder Antrag ist ein Treffer", sagte sie. "Wer einen Waffenexport beantragt, bekommt ihn genehmigt." Sie forderte ein "gesetzliches Verbot" von Rüstungsausfuhren.
Bei Menschenrechtlern und Kirchen stoßen vor allem Rüstungsexporte an Staaten auf Kritik, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Derzeit gibt es Restriktionen für Rüstungsausfuhren nach Saudi-Arabien. Noch bis zum 31. März 2020 dürfen genehmigte Rüstungsexporte nicht nach Saudi-Arabien ausgeliefert und grundsätzlich auch keine Neuanträge für Lieferungen in das Königreich genehmigt werden.
Deutschland hatte erstmals im Oktober 2018 nach der Ermordung des kritischen Journalisten Jamal Khashoggi beschlossen, keine Genehmigungen mehr für Rüstungsexporte in das Land zu erteilen. Die Bundesregierung verlangt eine umfassende Klärung des gewaltsamen Todes Khashoggis in der saudi-arabischen Botschaft in der Türkei. Davor gehörte das streng islamische Königreich noch zu den Hauptabnehmern deutscher Rüstungsgüter.
Dennoch könnte Deutschland in diesem Jahr bei den Rüstungsexporten den jüngsten Rekordwert aus dem Jahr 2015 erreichen. Damals wurden Einzelausfuhrgenehmigungen in Höhe von mehr als 7,8 Milliarden Euro erteilt.
Eine genauere Auflistung der Exportgenehmigungen enthielt derweil der Rüstungsexportbericht für das erste Halbjahr 2019, den das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedete. Demnach wurden in dem Zeitraum Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von rund 5,3 Milliarden Euro erteilt. Rund 60 Prozent davon waren für EU, Nato und der Nato gleichgestellte Länder - zum Beispiel die Schweiz - gedacht. Allerdings wurden auch Ausfuhrgenehmigungen an sogenannte Drittländer im Wert von etwa 2,1 Milliarden Euro erteilt. Solche Ausfuhren sind besonders umstritten und sollen eigentlich nur in Ausnahmefällen erfolgen. Ägypten ist unter den Drittländern laut Bericht das Empfängerland, das Güter mit dem höchsten Gesamtgenehmigungswert (rund 800 Millionen Euro) erhält.
Die Richtlinien zum Export von Kleinwaffen hat das Bundeskabinett Ende Juni dieses Jahres verschärft. Demnach soll die Ausfuhr von Kleinwaffen in sogenannte Drittländer grundsätzlich nicht mehr genehmigt werden. Die Lieferung von Kleinwaffen ist umstritten, da diese insbesondere in bürgerkriegsähnlichen Konflikten eingesetzt werden. Dennoch belief sich der Gesamtwert der Genehmigungen für Kleinwaffen und Kleinwaffenteile im ersten Halbjahr auf knapp 35 Millionen Euro. Das ist mehr als doppelt soviel wie im ersten Halbjahr 2018 (knapp 15 Millionen Euro). Das Drittland Oman erhielt demnach etwa Teile für Maschinengewehre, im Fall von Trinidad und Tobago waren es Maschinenpistolen.