Berlin (epd). In Deutschland werden einem Zeitungsbericht zufolge jährlich Abermillionen Kleidungsstücke fabrikneu vernichtet oder verramscht. Grund sei, dass deutlich mehr Textilien angeboten als verkauft werden, meldete die "Welt am Sonntag". Recherchen des Blattes zufolge werden allein in diesem Jahr voraussichtlich 230 Millionen Kleidungsstücke im deutschen Einzel- und Onlinehandel unverkauft bleiben und in Verwertungs- und Müllverbrennungsanlagen oder als Ramschware in Ländern außerhalb der EU landen.
Diese Hochrechnung basiert dem Bericht zufolge auf Zahlen der Marktforschungsfirma Euromonitor International. Demnach werden 2019 rund 2,3 Milliarden Kleidungsstücke am deutschen Modemarkt angeboten werden. Bis zu zehn Prozent davon blieben im Einzelhandel trotz Preisreduzierungen und Umschichtungen in Outlet-Stores unverkauft, zitierte die Zeitung den Textilbranchenexperte Michael Hauf von der Branchenberatung Hachmeister und Partner. Andere Branchenexperten gehen laut "Welt am Sonntag" sogar von doppelt soviel Überschuss aus, also von rund 460 Millionen Stück.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sprach angesichts der Zahlen von einer "fatalen Entwicklung". "Kleidung wird mehr und mehr zur Wegwerfware", sagte Schulze der Zeitung. "Viele Kleidungsstücke werden nur für eine Saison gekauft, billig produziert und über große Entfernungen nach Deutschland transportiert." Die Textilbranche brauche eine Nachhaltigkeitswende.
Um die Vernichtung neuwertiger Ware zu bekämpfen, arbeitet die Bundesregierung dem Bericht zufolge derzeit an einer Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Demnach soll Herstellern künftig eine Obhutspflicht gegenüber ihren Produkten auferlegt werden, damit weniger überschüssige Waren produziert werden und Unverkauftes nicht mehr so schnell wie bisher vernichtet wird. "Damit wollen wir die Händler unter anderem gesetzlich anhalten, ihre Warenbestellungen stärker am tatsächlichen Kundenbedarf auszurichten und große Überhänge zu vermeiden", erläuterte Ministerin Schulze.
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