Er liebt das Meer und den weiten Horizont. Der neue Greifswalder Bischof Tilman Jeremias kann sich nach 25 Jahren an der Ostseeküste kaum mehr vorstellen, in seine Heimat Bayern zurückzukehren. "Dort wäre ich ein Fremder", sagt der 53-jährige Theologe. Auf seinen bevorstehenden Umzug von Rostock nach Greifswald freut er sich: "Liegt ja auch am Wasser."
Am 31. Oktober, dem Reformationstag, wird Tilman Jeremias im Greifswalder Dom in einem Festgottesdienst (16 Uhr) in sein Bischofsamt eingeführt - als Nachfolger für die Bischöfe Hans-Jürgen Abromeit (Greifswald) und Andreas von Maltzahn (Schwerin). Bislang gab es übergangsweise noch zwei Bischöfe in Mecklenburg-Vorpommern, künftig nur noch einen mit Sitz in Greifswald. Beide Bischöfe sind in diesem Jahr aus dem Amt ausgeschieden.
Interreligiöser Dialog und weltweite Ökumene
Er sei bisher zwar ohne übergeordnete kirchliche Leitungserfahrung, sagt der ehemalige mecklenburgische Ökumenepastor. "Aber es gibt viele Dinge, die ich einbringen kann." Geprägt durch ein Studienjahr in Jerusalem sind ihm der interreligiöse Dialog und die weltweite Ökumene wichtig. "Außereuropäische Kontakte können uns zeigen, dass wir auf keiner Insel leben."
Ohnehin scheinen Grenzen für ihn kein großes Thema zu sein. 1966 in Mainz geboren, wuchs er in Gröbenzell (bei München) auf. Nach dem Abitur arbeitete er ein Jahr lang in einer heilpädagogischen Tagesstätte für psychisch kranke Kinder in München. Im Anschluss studierte er Evangelische Theologie in München, Tübingen, Jerusalem und Leipzig.
Schon zu DDR-Zeiten hatte seine bayerische Kirchengemeinde Kontakt zur mecklenburgischen Gemeinde Ballwitz. "Ich fand das schon damals spannend, und deshalb war es für mich logisch, nach Ostdeutschland zu gehen." 1995 wurde er ordiniert und war acht Jahre lang Pastor in Schwaan (bei Rostock). 2001 bis 2002 gehörte er zu den Sprechern der ARD-Sendung "Das Wort zum Sonntag". Er ist geschieden und Vater von drei Kindern.
2003 wechselte Tilman Jeremias als Stadtpastor in die Innenstadtgemeinde Rostock. Von 2016 an war er als Ökumene-Pastor verantwortlich für die Kontakte des Kirchenkreises zu seinen Partnerkirchen. Er hatte einen Lehrauftrag an der Universität Rostock und war Mitglied der Kirchenkreissynode. Am 20. September hat er seinen neuen Dienst in der Bischofskanzlei angetreten.
Jugendarbeit politisierte ihn
Bereits in der Jugendarbeit wurde er politisiert. "Als Christen können wir nicht die Augen verschließen vor den Lebensbedingungen unserer Mitmenschen." Gleichzeitig gehe es auch immer um das christliche Fundament: "Kirche darf nicht politischer sein, als sie fromm ist."
Als Bischof möchte er dazu beitragen, dass Mecklenburg und Vorpommern noch weiter zusammenwachsen. "Es ist wichtig, dass wir mit einer Stimme sprechen." Gerade in Zeiten des knapper werdenden Personals müssten die Pastorinnen und Pastoren gestärkt werden, betont er. "Wir sollten wegkommen von der Defizit-Orientierung im Denken. Es ist doch klar: Leute, wir brauchen jeden."
Wenn Tilman Jeremias abschalten möchte, hört er Musik oder musiziert selbst. "Ich habe mir eine Zeit lang eingebildet, ich könnte Geiger werden." Und der Sommer am Meer hält noch eine Entspannung bereit: "Beim Beachvolleyball bin ich ganz weit weg von kirchlichen Themen."