TV-Tipp: "Zwei im falschen Film" (WDR)

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TV-Tipp: "Zwei im falschen Film" (WDR)
29.10., WDR, 23.40 Uhr
Mit ihrem Kinodebüt "Mängelexemplar", der Verfilmung des gleichnamigen Depressionsbestsellers von Sarah Kuttner, ist Laura Lackmann vor zwei Jahren gleich ziemlich hoch eingestiegen. Nun legt die Absolventin der Berliner dffb, die zuvor nur Kurzfilme gedreht hatte und außerdem als Autorin an der ZDF-Serie "Blochin" beteiligt war, auf gleichem Niveau nach.

"Zwei im falschen Film", erneut nach eigenem Drehbuch entstanden, ist eine Romanze der etwas anderen Art: Nach acht Jahren ist die Beziehung von Hans (Marc Hosemann) und seiner Freundin Laura (Laura Tonke), von ihm bevorzugt "Heinz" genannt, in den Mühen der Ebene angekommen. Hans und Heinz, beide irgendwo in den Vierzigern, stellen fest, dass sie im Grunde nicht mehr viel gemeinsam haben. Hans hat irgendwann eine offenbar vielversprechende Karriere als Fußballtorwart aufgegeben und sich in einem aufregungsarmen Leben als Besitzer eines Copyshops eingerichtet, den er mit einem Freund und Kompagnon (David Bredin) betreibt. Er lebt in einer provisorisch und auch etwas postpubertär eingerichteten Wohnung über dem Laden und weigert sich, erwachsen zu werden. Neben dem Bett steht eine Schaufensterpuppe mit Batman-Kostüm, seine Freizeit verbringt er mit Videospielen, seinen uralten Polo schmückt die "53" aus dem Disney-Klassiker "Ein toller Käfer". Auch Heinz ist im Leben angekommen: Ihre einst garantiert mit großen Hoffnungen gestartete Karriere als Schauspielerin hat sie ins Synchronstudio geführt, wo sie in verkehrspädagogischen Zeichentrickfilmen eine Ampel spricht.

Die Handlung beginnt mit dem Besuch einer Kinoromanze, die den beiden vor Augen führt, dass ihre eigene Beziehung schon längst nicht mehr romantisch ist. Heinz träumt von Reihenhaus und Familie, Hans will sein ungebundenes Leben nicht aufgeben, was sich auch aufs ohnehin nur noch sporadische Sexualleben auswirkt, denn Heinz hat die Pille abgesetzt. Als sie ihm zum Jahrestag eine kleine Schmuckschatulle überreicht, macht er die lieber gar nicht erst auf. Prompt wirkt es wie Hohn, dass jedes Mal, wenn sie Auto fahren, der "Dirty Dancing"-Song "Time of my Life" erklingt. Um wieder die "echte Liebe" zu erleben, stellen sie spontan eine "to do"-Liste auf: Mehr Romantik! Mehr Leidenschaft! Mehr Sex! Aber das ist leichter gesagt als getan. Hans zeigt nicht mal das kleinste Zeichen von Eifersucht, als sich Heinz ihrem Ex-Freund an den Hals wirft, revanchiert sich jedoch mit einem Quickie mit seiner jungen Praktikantin. Die Beziehung scheint am Ende, als ein tragisches Ereignis das Paar wieder zusammenführt.

Das klingt zunächst ähnlich wenig spektakulär wie die Besetzung der beiden Hauptrollen; Laura Tonke, für die Titelrolle in "Hedi Schneider steckt fest" 2016 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet, und Marc Hosemann stehen eher für Anspruch als für Glamour. Auch das Thema des Films ist auf den ersten Blick eher unattraktiv: Beziehung ist Arbeit, weshalb Hans’ Vater (Rolf Becker in einer winzigen Gastrolle, wie auch Dietrich Hollinderbäumer als Lauras Vater) im Kino nicht die "gleiche triste Scheiße" sehen will, die er jeden Tag erlebt. Gerade diese "triste Scheiße" macht jedoch den Mehrwert der handlungsreichen Geschichte aus. Es ist ausgerechnet Hans’ demente Mutter (Christine Schorn), die am Ende die eigentliche Botschaft formuliert: Wenn man beizeiten kapiert, dass man längst glücklich ist, hat man mehr vom Leben. Damit Heinz das auch versteht, konfrontiert Lackmann das Paar nach dem überraschenden Tod von Hans’ Vater mit einem früheren Mannschaftskameraden von Hans: Martin (Arnd Klawitter) ist heute Bestatter und führt das von Heinz erträumte Leben mit Reihenhaus und Kindern; und natürlich ist es ein Alptraum. Das deutet sich schon beim Besuch in seinem Büro an: Der digitale Fotorahmen auf dem Schreibtisch zeigt nicht etwa Bilder der Familie, sondern seines Autos.

Liebevoll eingestreute Details dieser Art lassen sich immer wieder entdecken: Als Hans und Heinz anfangs im Kino sind und der Film zu Ende ist, will er gehen, aber sie schaut sich aus Respekt vor den Mitwirkenden noch den Abspann an; der Film im Film ist Laura Tonke und Marc Hosemann gewidmet, die auch die Hauptrollen der Leinwandromanze spielen. Dies ist der Auftakt zu einem Spiel auf zwei Ebenen, das sich durch die ganze Geschichte zieht und immer wieder einen Bezug zum Titel herstellt: Beim Friseur wünscht sich Heinz die gleiche Frisur wie die Schauspielerin auf dem Cover des Hochglanzmagazins, das Laura Tonke zeigt. Später muss sie die Schauspielkollegin auch noch synchronisieren. Was sich wie augenzwinkernde Insider-Gags anhört, ist tatsächlich Teil der Geschichte und somit auch der Botschaft: Das Leben ist nun mal keine romantische Komödie; als Arbeitstitel kursiert "Eine sachliche Romanze", Lackmann nennt ihren Film ein "Vorbild für die kleine Liebe". Das hat sie allerdings nicht daran gehindert, Hans und Heinz dank eines kühnen Filmtricks ein typisches Leinwand-Happy-End zu bescheren. Zum Abspann erklingt aus dem Off erneut der Dialog, den das Paar zu Beginn im Kino geführt hat. Die Widmung ist diesmal allerdings eine andere: "Für Heinz und Hans".