Zeitumstellung: Gottesdienst zur "geschenkten Stunde"

Gottesdienst nachts mit Kerzen
© Fotofuchs/stock.adobe.com/Julian Müller
Der Gottesdienst in der Nacht der Zeitumstellung findet in einer Stunde statt, die es gar nicht gibt.
Zeitumstellung: Gottesdienst zur "geschenkten Stunde"
Drei Fragen an: Pfarrer Stefan Koch, der sonntags um 2 Uhr nachts zum Gottesdienst einlädt
In die Kirche, nachts um 2 Uhr? Warum nicht, findet Stefan Koch von der evangelischen Friedenskirche in Starnberg: Der Pfarrer lädt in der Nacht der Zeitumstellung, also am 27. Oktober um 2 Uhr, zu einem besinnlichen Kirchenerlebnis.
25.10.2019
epd
Susanne Schröder

Herr Koch, ein Gottesdienst um 2 Uhr nachts - wer soll denn da kommen?

Stefan Koch: Zum Beispiel junge Erwachsene, die vielleicht ohnehin gerade erst auf dem Heimweg sind. Oder Leute, die sich sonst keine Zeit für den Gottesdienst nehmen. Der Gottesdienst findet ja in einer Stunde statt, die es gar nicht gibt. Das kostet keine Zeit! Man geht um zwei Uhr in die Kirche, und wenn man um 3 Uhr wieder rauskommt schaut man auf die Uhr und merkt: "Mensch, es ist ja immer noch zwei!" Als ich Pfarrer in Fürth war, fanden gerade Konfis und Jugendliche diesen Gottesdienst mitten in der Nacht cool.

Was tun Sie, damit keiner einschläft?

Koch: Die Frage ist eher: Wenn einer so zur Ruhe kommt, dass er einschläft, soll ich ihn dann nicht selig schlummern lassen? In diesem Gottesdienst sitzt niemand in den Kirchenbänken. Unsere Kirche hat eine Fußbodenheizung, da kann man es sich mit Decken und Kissen bequem machen. Es wird Musik geben, kreatives Angebot und als Text natürlich den Bibelklassiker passend zum Thema: "Alles hat seine Zeit", heißt es im Buch Prediger. Bei unserem Gottesdienst muss man nicht auf die Zeit gucken. Man kann in sich hineinhorchen und die Zeit vergehen lassen, ohne Zeit zu verlieren.

2021 ist es mit der Zeitumstellung wahrscheinlich vorbei. Bedauern Sie das?

Koch: Ich bin 54 Jahre, da verträgt man Jetlag nicht mehr so gut. Auch nach der Zeitumstellung merke ich das immer ein paar Tage lang, vor allem im Frühjahr. Die Umstellung auf Winterzeit hingegen mag ich gern. Das berühmte Bunkerexperiment aus den 1960er-Jahren, bei dem Menschen für einige Wochen ohne Uhr in einem Bunker lebten, hat ja gezeigt, dass unsere innere Uhr uns eigentlich einen 25-Stunden-Tag gönnen würde. Wenn ich das öfter haben könnte, wäre ich sehr zufrieden und würde noch mehr Gottesdienste um 2 Uhr nachts feiern.