Im Vergleich zum "Stinkstiefel"-Film liegt der Reiz der Komödie in der veränderten Perspektive, denn diesmal wird die Geschichte aus Sicht des Schwiegervaters erzählt. Erneut geht es Vorurteile: Als die Tochter von Toni (Adnan Maral), Installateur und angesehener Mitbürger seines oberbayerischen Dorfes, aus dem Türkeiurlaub einen schmucken jungen Mann namens Osman (Aram Arami) mitbringt, ist der Vater entsetzt. Der Informatikstudent ist zwar gebürtiger Berliner, aber das spielt für Toni keine Rolle; ein Türke kommt ihm nicht ins Haus. Tochter Franzi (Lena Meckel) reagiert, wie Filmtöchter das in solchen Fällen immer tun, und kündigt die baldige Hochzeit an. Fortan zieht Toni alle Register, um das Paar auseinanderzubringen, und schreckt selbst vor miesen Aktionen nicht zurück; dabei hat er selbst türkische Wurzeln. Seinen Nachnamen, Freitag, verdankt er der Heirat mit seiner Frau Anne (Jule Ronstedt), was witzig ist, weil die ARD für diesen Sendeplatz doch mit dem Slogan "Endlich Freitag im Ersten" wirbt.
Während "Culture Clash"-Komödien sonst davon leben, dass Klischees überwunden werden müssen – türkische Eltern wollen stets, dass ihre Kinder ihresgleichen heiraten –, bürstet das Drehbuch (Mike Viebrock, Enno Reese) diese Handlungselemente genüsslich und konsequent gegen den Strich. Adnan Maral, der "Servus, Schwiegersohn" initiiert und mit seiner Firma Yalla Productions auch produziert hat, verkörpert die Hauptfigur mit sichtlicher Freude: Toni ist geradezu ein Musterbayer, trägt Trachtenjanker, als wäre er damit zur Welt gekommen, und ist drauf und dran, der nächste Schützenkönig zu werden. Erst gegen Ende verrät der Film, warum Osman keinerlei Chancen bei ihm hat. Dabei wäre der junge Mann der perfekte Schwiegersohn: Er ist dabei, sich mit einem eigenen Start-up-Unternehmen selbstständig zu machen, hat innovative Ideen für Tonis Betrieb, der kurz vor der Pleite steht, und lässt sich vom zukünftigen Schwiegervater ohne Murren ausbeuten, als der angeblich Ersatz für seinen Lehrling braucht und Osman nach Kräften schikaniert; Anne versteht die Welt nicht mehr, auch wenn sie ahnt, warum Toni seine Wurzeln verleugnet. Der wiederum findet für seinen unseligen Plan einen unverhofften Partner: Osmans Vater (Orhan Güner) will die Hochzeit ebenfalls verhindern.
"Servus, Schwiegersohn!" hat zwar längst nicht den Biss von "Mein Schwiegervater, der Stinkstiefel", zumal Michael Gwisdek den alten Antagonisten damals ungleich bösartiger angelegt hat, ist aber eine kurzweilige Komödie, die auch dank der Darsteller viel Spaß macht. Lena Meckel ist bereits als Hauptdarstellerin des Pilcher-Films "Das Vermächtnis unseres Vaters" (2018, ZDF) positiv aufgefallen und setzt auch hier sehr sympathische Akzente als Tochter, die sich vom Vater ihre Liebe nicht verbieten lassen will. Zusätzlichen Raum bekommt die Figur, weil Kindergärtnerin Franzi einen Waldkindergarten aufgebaut hat und nun vor der Frage steht, ob sie ihr Projekt zurücklassen und zu Osman nach Berlin ziehen soll. Aram Arami, athletisch und attraktiv, war zuletzt in "Stunden der Entscheidung" (ZDF) zu sehen; in dem Dokudrama über die Öffnung der Grenzen für die in Ungarn gestrandeten syrischen Flüchtlinge im Herbst 2015 hat er den jungen Mann verkörpert, der zum Anführer des Trecks Richtung Österreich und Deutschland wird. In der gleichfalls von Maral produzierten und vom Duo Viebrock/Reese geschriebenen Degeto-Komödie "Zaun an Zaun" (2017) war er als Filmsohn des Schauspielers zu sehen; auch dort ging es um den Zusammenprall zweier Kulturen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Regie dort führte mit Peter Gersina ein gestandener Profi, "Servus, Schwiegersohn!" ist dagegen der erste Fernsehfilm von Mike Marzuk. Erfahrung hat er allerdings auch, selbst wenn er bereits 37 war, als er mit "Weißt was geil wär..?!" (2007) sein Regiedebüt gegeben hat. Die originelle Kinokomödie hat nur 100.000 Euro gekostet, ist aber mit umso mehr Enthusiasmus entstanden. Die letzten Jahre hat er vor allem mit der fünfteiligen "Fünf Freunde"-Kinoreihe verbracht; zwischendurch ist ihm mit "Verrückt nach Fixi" (2016) das Kunststück gelungen, aus einem potenziell äußerst schlüpfrigen Filmstoff eine witzige Coming-of-age-Komödie zu machen. Von Originalität kann zumindest hinsichtlich der Bildgestaltung (Diethard Prengel) bei "Servus, Schwiegersohn!" allerdings kaum die Rede sein; der Film sieht aus, wie Freitagsfilme im "Ersten" nun mal aussehen, inklusive schöner Nebelaufnahmen vom herbstlichen Oberbayern. Ähnlich stereotyp fallen auch einige Figuren aus. Michael A. Grimm zum Beispiel versieht einen unsympathischen Ureinwohner mit einer Mischung aus Borniertheit und Intoleranz, wie er sie schon oft verkörpert hat. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Komödie auch dank der munteren Dialoge, vieler witziger Einfälle und dem Spiel mit Klischees unterhaltsam und sehenswert ist.