Das wiederum passt ins Bild: Die letzte Arbeit von Regisseur Lars Montag, der sehenswerte Serienmörderfilm "Das Scheusal", war von einer für die eigentlich leichte Krimireihe "Mord in bester Gesellschaft" verstörenden Grausamkeit. Diesmal ist allerdings auch die Vorlage von Volker Klüpfel und Michael Kobr recht blutrünstig: Im Allgäu treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Der Zorn des Täters trifft seine Opfer mitten ins Herz; einigen hat er es gar aus dem Leib gerissen. Davon abgesehen gibt es jedoch anscheinend keinerlei Verbindung zwischen den Toten.
Kluftinger kommt der Mordserie ohnehin nur durch Zufall auf die Spur. Dass er zu allem Überfluss gesundheitliche Probleme hat, ist eine amüsante Fußnote, die für die komödiantische Ebene sorgt: Weil er ein Gespräch seines Arztes (Bernhard Schütz) missversteht, ist der Kommissar überzeugt, sein Herz sei so gut wie hinüber. Die aus der Angst resultierenden Alpträume bescheren dem Film einige Szenen, die Montag wie aus einem Horrorthriller inszeniert. Für die Reihe ist das fraglos eine Bereicherung, aber ein Familienkrimi ist "Herzblut" nicht, selbst wenn Herbert Knaup alles dafür tut. Der Schauspieler hat in vielen großen Filmen mitgewirkt, aber der übergewichtige Kommissar aus Kempten ist womöglich die Rolle seines Lebens, zumal Knaup im nur knapp dreißig Kilometer entfernten Sonthofen zur Welt gekommen ist; der harte Dialekt, mit dem er den Ermittler versieht, ist auch nach vier Filmen noch gewöhnungsbedürftig.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Natürlich basiert die Qualität des Drehbuchs von Alexander Buresch ("Die Akte General") im Wesentlichen auf der Vorlage, aber Buresch, der bereits "Seegrund" adaptiert hat, trifft auch den Tonfall von Klüpfel und Kobr recht gut. Montag wiederum hat gemeinsam mit Kameramann Stefan Ciupek dafür gesorgt, dass die alptraumartigen Sequenzen ihre entsprechende Wirkung erzielen, auch wenn die Szenen zunächst noch durch komische Elemente aufgelockert werden: Als sich der schlaflose Kluftinger mitten in der Nacht aufmacht, um die Quelle eines anonymen Anrufs zu erforschen, widerfährt ihm prompt ein schmerzhaftes Missgeschick. Weil seine Kleidung völlig verdreckt ist, lässt er sich von den Kollegen am nächsten Morgen mit einem Reserveanzug versorgen, der ihm allenfalls als junger Mann gepasst haben kann. Wie er verhindern will, dass sich die gürtellose Hose selbstständig macht, gehört zu den witzigsten Momenten des Films; nicht nur in diesen Szenen erweist sich Knaup, der ja auch diverse eiskalte Schurken verkörpert hat, als großartiger Komödiant. Ähnlich heiter sind Kluftingers Versuche, sich zu einer achtsameren Lebensweise durchzuringen; beim Besuch eines Yogakurses wirkt er inmitten der filigranen Frauen so gelenkig wie ein gestrandeter Wal.
Dankbarer als in den anderen Filmen ist diesmal auch die Rolle für Johannes Allmayer, der nicht nur den Kollegen mit seiner ewigen Besserwisserei auf die Nerven geht. Streber Maier findet eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den Morden: Bei jeder Leiche hat der Täter ein Streichholzbriefchen hinterlassen. Im ersten waren noch fünf Streichhölzer, im zweiten vier und so weiter. Es ist also klar, dass es noch eine weitere Leiche geben wird; und ausgerechnet Maier ist offenbar der letzte Name auf der Todesliste. Wie stets bereichert das Drehbuch die Geschichte um einige skurrile Ereignisse am Rande, die nichts oder nur wenig mit der eigentlichen Handlung zu tun haben. Auch wenn diese Details und viele Dialoge wunderbar witzig sind: Spätestens zum fesselnden und eindrucksvoll gestalteten Finale in einer Geisterbahn kann von Komödie keine Rede mehr sein.