New York (epd). Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat den Staats- und Regierungschefs zu Beginn des Klima-Sondergipfels in New York eine Standpauke gehalten. "Meine Botschaft ist: Wir beobachten euch", sagte die 16-Jährige am Montag im Hauptquartier der Vereinten Nationen. Die internationale Gemeinschaft habe gegenüber den jungen Menschen versagt und müssen jetzt liefern. Anschließend stellten die Vertreter von mehr als 60 Ländern ihre Pläne im Kampf gegen den Klimawandel vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte: "Wir alle haben den Weckruf der Jugend gehört." Allerdings waren wichtige Verursacher von Treibhausgasen nicht unter den Rednern: Brasilien und die USA.
Thunberg wies die Weltgemeinschaft in ihrer Rede zurecht: "Das ist alles falsch. Ich sollte nicht hier sein, sondern in der Schule." Sie betonte: "Ihr habt meine Träume gestohlen, meine Kindheit mit euren leeren Worten." Seit mehr als 30 Jahren gebe es klare Zeichen für die Erderwärmung, sagte sie. Menschen litten und stürben. "Wie wagt ihr es, wegzuschauen und herzukommen, um zu sagen, ihr tut schon genug." Die jungen Menschen begriffen allmählich diesen Verrat. "Wenn ihr uns im Stich lasst, werden wir euch niemals vergeben." Für ihre Worte erhielt sie lauten Applaus.
UN-Generalsekretär António Guterres hatte zuvor den Klima-Sondergipfel mit einem Aufruf zu mehr Einsatz für den Klimaschutz eröffnet. "Wenn wir nicht umgehend unsere Art zu leben ändern, werden wir das Leben selbst gefährden", sagte er. Es sei genug geredet und verhandelt worden, jetzt seien konkrete Taten nötig. Die internationale Gemeinschaft habe darin versagt, diesen Planeten zu schützen. "Das muss sich ändern."
Auch Papst Franziskus wurde mit einer Videobotschaft zugeschaltet, in der er auf einen wirklichen politischen Willen pochte, die 2015 in Paris vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Damals hatten 195 Länder vereinbart, dass die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden soll - Ziel ist eine Beschränkung auf 1,5 Grad.
Noch bis zum späten Nachmittag (Ortszeit) wollten internationale Repräsentanten, Staats- und Regierungschefs in dreiminütigen Reden ihre Klimaschutzpläne für die kommenden Jahre vorstellen. Mit der Veranstaltung drei Monate vor der Weltklimakonferenz im Dezember in Chile soll der Druck auf alle Länder erhöht werden, da der Kampf gegen die Erderwärmung zu Scheitern droht. Mache die Menschheit weiter wie bisher, erwärme sich die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts um mindestens drei Grad Celsius, warnte Guterres.
Merkel sprach in ihrer Rede von der deutschen Verantwortung für das Klima: Deutschland habe ein Prozent der Weltbevölkerung und verursache zwei Prozent der weltweiten Treibhausgase, sagte sie. Wenn alle so handeln würden wie Deutschland, würden sich die CO2-Emissionen weltweit verdoppeln. Die Kanzlerin stellte die Beschlüsse des Klimakabinetts der Bundesregierung vor und äußerte die Hoffnung, dass die geplante CO2-Bepreisung in den Bereichen Gebäude und Verkehr sich auch in der Europäischen Union durchsetzen werde.
Beobachter des Gipfels äußerten sich enttäuscht vom Auftritt der Kanzlerin. Anders als erhofft, unterstütze Merkel nicht die Verschärfung des Klimaziels der Europäischen Union für 2030, sagte der politische Geschäftsführer der Umweltorganisation Germanwatch, Christoph Bals, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Immerhin kündige sie für Deutschland Treibhausgasneutralität bis 2050 an.
Die Präsidentin der evangelischen Hilfsorganisation "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel erklärte: "Wer in Berlin versagt, kann auch in New York nicht glänzen." Das deutsche Bekenntnis zum Paris-Abkommen sei nichts wert, wenn Deutschland selbst beim Klimaschutz enttäusche.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach sich indes dafür aus, die europäischen Ziele für die Minderung von CO2-Emissionen zu steigern und plädierte zudem für Klimaschutz-Vorgaben bei internationalen Handelsbeziehungen. Wer dagegen sei, dass Wälder gerodet werden, dürfe nicht Produkte importieren, die eben dies zur Folge hätten.