Bonn (epd). Anti-Atomkraft-Initiativen fordern von der Bundesregierung einen sofortigen Exportstopp von Brennelementen aus Lingen und angereichertem Uran aus Gronau für die belgischen Atomkraftwerke Doel 1 und 2. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) kritisierte am Montag in Bonn, dass das Bundesumweltministerium noch bis Ende Juli weitere Brennelemente-Transporte nach Belgien auf den Weg gebracht habe, ohne das damals unmittelbar bevorstehende Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den Reaktoren-Laufzeiten abzuwarten.
Der EuGH hatte am 29. Juli entschieden, dass die belgische Regierung die Laufzeit für die Atomkraftwerke Doel 1 und 2 in der Nähe von Antwerpen nicht ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte verlängern dürfen. Wegen der Nähe der Reaktoren zur niederländischen Grenze hätte das Prüfungsverfahren zudem grenzüberschreitend stattfinden müssen. Ob die Laufzeitverlängerung bis 2025 aufrecht erhalten wird, muss nun der belgische Verfassungsgerichtshof entscheiden.
Zusammen mit Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem Emsland und Münsterland wandte sich der BBU am 13. August in Briefen an Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sowie die Bundesbehörden für Ausfuhrkontrolle (BAFA) und für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE). In den Schreiben fordern sie einen sofortigen Exportstopp und weisen darauf hin, dass im Juli noch sechs Brennelemente-Transporte von Lingen nach Doel stattfanden. Die Aktivisten werfen dem Bundesumweltministerium ein "Durchwinken" der Transporte und ein Unterlaufen des Verfahrens am EuGH vor.
Die Umweltinitiativen geben zu bedenken, dass sich das Ministerium mit seinen Behörden bei weiteren Transporten nach dem 29. Juli womöglich der Beihilfe zum Rechtsbruch schuldig mache. Zudem verweisen sie auf mögliche juristische Konsequenzen auch mit Blick auf weitere Alt-Reaktoren in Europa. "Es wäre eine politisch und juristisch sehr unangenehme Situation, wenn sich ausgerechnet ein deutsches Bundesministerium und deutsche Behörden über ein EuGH-Urteil hinwegsetzen würden - an dessen Zustandekommen Sie selbst mitgewirkt haben - und somit ein rechtsfreier Raum entstünde, der gegen EU-Recht den Weiterbetrieb von gefährlichen Atomkraftwerken ermöglicht", hieß es.