Nordsee-Salz nagt am "Friesendom"

St. Johannis-Kirche von Nieblum
© epd-bild / Thomas Morell
Der Friesendom in Nieblum auf der Nordseeinsel Föhr ist bei Touristen vorallem wegen seiner historischen Grabplatten auf dem Friedhof bekannt, denn sie erzählen unter fein gearbeiteten Segelschiffen, Ankern und Ornamenten die Lebensgeschichten von Kapitänen, Handwerkern und ihren Ehefrauen.
Nordsee-Salz nagt am "Friesendom"
In der St. Johannis-Kirche von Nieblum sind die Handwerker im Sommer Dauergäste
Wenn die Urlaubssaison auf der Nordseeinsel Föhr beginnt, kommen auch wieder die Handwerker in die St. Johannis-Kirche von Nieblum. Im "Friesendom" gehen die Handwerker ein und aus. Sturm und Salz setzen dem Backsteinbau aus dem 13. Jahrhundert zu. Kaum ist eine Sanierung abgeschlossen, folgt die nächste. Doch die Gemeinde lässt sich davon nicht entmutigen.
31.07.2019
epd
Catharina Volkert

Salzhaltig und feucht ist die Nordseeluft. "Die Leute macht sie gesund", sagt Nieblums Pastorin Kirsten Hoffmann-Busch. "Aber für die Kirche ist sie ein Fluch." Einige Leute wunderten sich schon, wenn sie das gerade erst sanierte Mauerwerk sehen, auf dem sich das Salz zeigt. "Wir haben doch gerade erst Geld gespendet. Warum sieht das denn jetzt schon wieder so aus?"

Rot leuchtet der Backstein in der Eingangshalle des "Friesendoms". Doch auch weiße Sporen übersäen das Mauerwerk. "Man kann es schmecken", sagt die Pastorin. Sie streicht mit dem Zeigefinger über das Mauerwerk und leckt daran: "Das ist Salpeter, also Salz." Für knapp 120.000 Euro wurde erst 2017 der Vorraum der Kirche saniert, weil das Mauerwerk feucht war. Aber der Salpeter gelangte wieder in das Gestein. Nun wird ausschließlich Sumpfkalk verwendet, hergestellt nach alter Tradition. Es ist ein Kalk, der atmen lässt - wie auch "die Kirche lebt und atmet", so Kirsten Hoffmann-Busch.  

Eine Sanierung folgt der Nächsten

Der "Friesendom" galt früher als Glaubenszentrum der "Uthlande", der nordfriesischen Inseln und Halligen. Schon seit Jahren folgt eine Sanierung auf die nächste. In den 90er Jahren regnete es durch das Dach - lange bevor Kirsten Hoffmann-Busch 2013 mit ihrem Mann Pastor Philipp Busch und den drei Kindern aus Mecklenburg auf die Insel kam. Dann folgte 2006 die Erneuerung des Schieferdachs. Hölzer im Dachstuhl waren verfault, und auch die alte Westmauer musste erneuert werden. Kostenpunkt: 530.000 Euro.

2014 und 2015 wurden Nord- und Südwand des Turms saniert. "In den 70er-Jahren meinte man es gut und goss ihn mit dem damaligen Wundermittel Beton aus", so Hoffmann-Busch. Dieser dehnte sich aus und sprengte das Mauerwerk der mittelalterlichen Kirche. 370.000 Euro kostete die Instandsetzung. Aber die Bauarbeiten brachten auch freudige Überraschungen mit sich: Handwerker fanden alte Schmuckbänder über den Fenstern.

Derzeit ist die Sakristei eine Baustelle, die Maler haben ihr Gerüst aufgestellt, die Restauratorin ist für den Herbst angemeldet. Etwa 33.000 Euro werden für die Überholung des Fensters, die neue Verschlemmung der Kalkwände und die Erneuerung der Heizung veranschlagt.

Dass sie auch als Expertin im Kirchenbau gefragt ist, stört die Theologin wenig. "In meinem ersten Amtsjahr als Pastorin wurde meine Kirche vor Weihnachten gesperrt, da Einsturzgefahr drohte", erzählt sie mit einem gelassenen Lächeln. Anträge an Stiftungen sind ihr genauso vertraut wie Kostenvoranschläge oder Baupläne.

Meistens stemmen Kirchengemeinde und deren Förderverein die Kosten. "Immer, wenn man anfängt, denkt man: 'Wie soll man das bloß wuppen?'", erzählt die Pastorin. "Aber ein Kirchenältester sagt immer: 'Lass uns erst mal anfangen. Das kommt schon'." So bleibt die Kirche ein Dauerprojekt.  

Die Handwerker kommen immer zur Touristen-Saison. An den Mauern wird zwischen März und November gearbeitet. "Kalkmörtel darf nur bei einer Außentemperatur von fünf Grad verarbeitet werden", erklärt Kirsten Hoffmann-Busch. Sonst bereite die Statik Probleme. Die Inselpastorin sieht die positiven Aspekte: "Die Menschen sehen, dass etwas passiert." So komme auch etwas mehr Geld in die Spendendose.