Während der vor einer Woche wiederholte Auftakt seinen Reiz vor allem dem gegensätzlichen Ermittlerpaar und den Schauwerten der katalanischen Metropole verdankte, erzählt die Fortsetzung auch eine richtig gute Geschichte, die diesmal zudem eine gewisse Relevanz besitzt; deshalb ist diesmal auch die innere Spannung größer. "Tod aus der Tiefe", ohnehin sehr bilderreich, beeindruckt jedoch vor allem durch die ausgezeichnete Bildgestaltung von Philipp Timme mit ihren vielen fließenden Kamerafahrten. Anders als Filme aus München oder Berlin sind die Zwischenschnitte aufs Stadtpanorama nicht abgenutzt; eine Art optisches Markenzeichen für beide "Barcelona-Krimis" sind zudem die Intermezzi im Zeitraffer. Außerdem haben Regisseur Jochen Alexander Freydank und seine Mitarbeiter für die vielen Außenaufnahmen faszinierende Drehmotive gefunden. Ähnlich gut ist die Musik (Ingo Ludwig Frenzel), die diesmal stärker hispanische Klänge in die Elektronik integriert.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Zur besseren Gesamtqualität gehört auch die wesentlich interessantere und schlüssigere Geschichte. Dass der alte Bonet (Hans-Uwe Bauer) in den Fall verstrickt ist, verleiht dem Film einen nicht zu unterschätzenden zusätzlichen Reiz, zumal die Rolle des Kommissars durch die schwierige Beziehung zum Vater zusätzliche Komplexität gewinnt. Bonet senior ist kürzlich zum Bürgermeister gewählt worden, und ausgerechnet das prominente Unterstützerpaar Gutiérrez scheint mit dem Tod des Tauchers zu tun haben: Das Opfer, ein Umweltaktivist, war Geologe und hat für Enric Gutiérrez (Rüdiger Klink) gearbeitet; dessen Frau Isabella (Isabella Parkinson) ist Besitzerin einer Firma, die eine stillgelegte Ölplattform im Meer vor der Stadt gekauft hat. Je tiefer sich Bonet und Valent (Anne Schäfer) in den Fall hineinarbeiten, umso undurchsichtiger wird er; selbst die tektonische Verschiebung der im Mittelmeer aufeinandertreffenden eurasischen und afrikanischen Kontinentalplatten ist für den Fall von Bedeutung. Parallel zu den Ermittlungen erzählt das Drehbuch (Kai Hafemeister, Jochen Greve) die im ersten Film aufgeworfene persönliche Ebene weiter: Die Kommissarin macht sich nach wie vor große Sorgen um ihre 15-jährige Tochter María (Tara Fischer); sie fürchtet, dass der doppelt so alte Mann, in den sich das hübsche Mädchen verliebt hat, ein sogenannter Loverboy ist, der sie auf den Strich schicken will.
Dieser horizontale Erzählstrang ließe sich in den nächsten Filmen ebenso weiterspinnen wie die Feindschaft zwischen dem Kommissar und El Tauró (Lluís Marco), der ihm androht, jeden zu ermorden, der ihm wichtig ist. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn birgt ebenfalls viel Potenzial, und selbstredend müssen auch Xavi und Fina ihr Verhältnis noch klären. In "Tod aus der Tiefe" kehrt der Kollege deutlich stärker den Chef raus als im ersten Film. Und während seine sexuelle Orientierung in Teil eins jegliche Form von erotischer Annäherung auszuschließen schien, gibt es diesmal eine Szene, die in Romanzen regelmäßig dafür sorgt, dass die Liebe ausbricht: Als die beiden unbefugt auf abgesperrtem Gelände ermitteln und dabei vom Wachpersonal erwischt werden, geben sie sich spontan als Pärchen aus, das ein ruhiges Plätzchen gesucht hat; ein Moment, an dem auch Xavi großen Gefallen zu finden scheint.
Die Chemie zwischen dem Duo ist in jeder Hinsicht reizvoller als die verschiedenen Nebenstränge mit den Bordellbesuchen von Gutiérrez, der Eifersucht eines weiteren Umweltschützers (Tino Mewes) oder der wundersamen Rückkehr eines auf der Lohnliste von El Tauró stehenden Polizisten, der am Schluss von Teil eins als Mörder entlarvt worden war. Dass die Rechtsmedizinerin ihrer Arbeit im Cocktailkleid nachgeht, ist auch eher ungewöhnlich. Da sind die coole Kleidung (weiße Turnschuhe zum Anzug) und die diversen Tätowierungen Xavis ungleich schlüssiger, zumal seine Mischung aus Distanz und Empathie in "Tod aus der Tiefe" noch stärker zum Tragen kommt. Trotz seines keineswegs mehr jugendlichen Alters hat Clemens Schick (Jahrgang 1972) immer noch etwas Jungenhaftes, was der Rolle einen zusätzlichen Reiz verleiht. Ob es weitere "Barcelona-Krimis" geben wird, hängt nicht zuletzt vom Zuspruch der Zuschauer ab.