Der Mann hat der Flüchtlingshilfe auf seinem Betriebsgelände eine Lagerhalle zur Verfügung gestellt, weshalb Angelika Flierl und Harald Neuhauser (Bernadette Heerwagen, Marcus Mittermeier) der Frage nachgehen sollen, ob der Überfall womöglich einen fremdenfeindlichen Hintergrund hat. Unternehmer Horvath war einst selbst ein Flüchtling: Er ist vor vielen Jahren aus der früheren Tschechoslowakei nach Deutschland geflohen. Abteilungsleiter Ludwig Schaller (Alexander Held) ahnt, dass die Antwort auf die Fragen der Gegenwart in der Vergangenheit zu finden sind: Ein dreißig Jahre altes Foto zeigt Horvath mit Frau, Tochter und bestem Freund; seine Familie hat die Flucht damals nicht überlebt. Schaller macht mit seinen beiden Mitarbeitern eine Familienaufstellung, die zu einem interessanten Ergebnis führt; erst recht, als sich im Verlauf einer Dienstreise in die Tschechische Republik rausstellt, dass das Foto eine ganz andere Geschichte erzählt.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Florian Iwersen hat schon einige interessante Drehbücher zu stets sehenswerten Filme aus Reihen wie "Kommissarin Lucas", "Donna Leon", "Unter Verdacht" oder den "Kluftinger"-Krimis geschrieben. Hier lässt er allerdings geraume Zeit vergehen, bis die Handlung zur Sache kommt. Dann jedoch überrascht er mit einem kleinen Knüller, der nur versierte Couchkommissare nicht verblüffen wird: Nicht alle Beteiligten sind, was sie scheinen. Dass "Einer der’s geschafft hat" - der Titel bezieht sich auf eine Bemerkung Neuhausers angesichts von Horvaths noblem Eigenheim – trotzdem auch in den ersten beiden Dritteln fesselt, liegt in erster Linie am vorzüglichen Ensemble, dass selbst dann großen Spaß macht, wenn gerade mal nicht so viel passiert. Das gilt vor allem für Alexander Held, einer jener vielen stillen Stars im Lande, deren Namen kaum jemand kennt, die aber regelmäßig herausragende schauspielerische Leistungen abliefern. Marcus Mittermeier muss seinen Neuhauser diesmal hingegen sehr dünnhäutig anlegen: Der Kommissar hat erfahren, dass er seit 14 Jahren Vater ist, der Junge will ihn kennenlernen. Natürlich erzählt Iwersen diese Nebenebene, die mit der Krimihandlung nichts zu tun zu haben scheint, nicht ohne Grund, denn in einem anderen und für die Ermittlungen ungleich wesentlicheren Seitenstrang geht es ebenfalls um ein Kind, das einem Ehepaar wie aus heiterem Himmel zuteil geworden ist.
Im Vergleich zu den bisherigen drei Filmen ist Episode Nummer vier (eine Wiederholung aus dem Jahr 2017) ohnehin deutlich weniger skurril. Dass der für seine schrulligen Ermittlungsmethoden bekannte Schaller sich bis auf die Unterwäsche auszieht, um einen Grenzfluss zu durchqueren, ist für seine Verhältnisse nicht weiter ungewöhnlich. Regie führte Anno Saul, der unter anderem mit dem heiter-spannenden Krimi "Clüver und die wilde Nacht" eine der besten "Nord Nord Mord"-Episoden inszeniert hat. Anders als zuletzt bei "Wo bist Du, Feigling" setzt die Bildgestaltung (hier wie dort: Nathalie Wiedemann) jedoch deutlich weniger Akzente. All dies zusammen hat zur Folge, dass "Einer der’s geschafft hat" aus der durchschnittlichen Qualität der allerdings fast ausnahmslos ausgezeichneten Krimireihen des ZDF nicht weiter herausragt. Die Macher entschädigen dafür mit einigen Szenen, die darstellerisch echte Kleinodien sind, etwa Schallers Besuch bei einer äußerst gesprächigen Friseurin, wobei die Kamera beinahe ins üppige Dekollete der Dame plumpst. Auch der Urbayer Fred Stillkrauth, aus sämtlichen Filmen, die in und um München spielen, nicht wegzudenken, darf seinen vielen Grantlerstudien eine weitere hinzufügen; die erste Begegnung Schallers mit dem bärbeißigen Landwirt inszeniert Saul wie eine typische Western-Einstellung. Hörenswert ist auch die mitunter fast sphärisch klingende Musik von Ali N. Askin, die ausgezeichnet zu Sauls ruhiger Erzählweise passt.