Dort werde den Flüchtlingen ihr Recht auf ein offenes Beratungsangebot verweigert. Zudem würden sie in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt, sagten Vertreter von Flüchtlingsverbänden und Kirchen am Mittwochabend in Pforzheim. Außerdem gebe es keine ausreichende medizinische und psychologische Betreuung. Die Missstände hatte die Pforzheimer "Arbeitsgruppe Abschiebehaft" zuvor auch in einem Brief an Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung kritisiert.
"Die Bedingungen dort sind härter als in der Strafhaft", sagte der evangelische Pfarrer für die Abschiebehafteinrichtung, Andreas Quincke. Vergessen werde dabei, dass die Inhaftierten keine Straftäter seien. Das einzige was sie "ausgefressen" hätten sei, dass sie in Deutschland die Bedingungen für das Grundrecht auf Asyl nicht erfüllen und in ihre Heimat oder Länder des Dublin-Abkommens abgeschoben werden sollen.
Quincke bezeichnete es als Skandal, dass weder die Kirchen noch der muslimische Seelsorger in der Abschiebehaft eine religiöse Feier abhalten dürften. Das sei sonst in jedem Gefängnis möglich, kritisierte er. Hier fehle es der Anstaltsleitung an der "nötigen Fürsorge".
Die Flüchtlingsverbände und Kirchen forderten einen "Pflichtverteidiger für jeden Asylsuchenden". Viele verstünden den Asylprozess nicht und seien schwer traumatisiert. Zudem würden immer häufiger Menschen in Abschiebehaft genommen, die in der Gesellschaft integriert seien und eine Ausbildung begonnen hätten, sagte Anna Roß von Amnesty International.
Die hauptamtliche Beraterin für Geflüchtete von Diakonie und Caritas, Kirsten Boller, sagte, dass etwa die Hälfte der Inhaftierungen rechtswidrig seien. Könnten deren Asylverfahren überprüft werden, dürfe etwa jeder Zweite in Deutschland bleiben. Anders als in anderen Einrichtungen, müssten sich die Betreuer und Seelsorger bei jedem Besuch "schikanösen Einlasskontrollen" unterziehen und dürften keine Handys oder Laptops für ihre Arbeit mitnehmen.
Die Abschiebehaftanstalt Pforzheim ist die einzige Einrichtung dieser Art in Baden-Württemberg. Dort sind 30 männliche Inhaftierte untergebracht. Bis 2021 will das Land die Plätze auf 90 erweitern. Die Geflüchteten bleiben dort zwischen zwei Wochen und sechs Monaten.
Die Sprecher riefen für Samstag (11. Mai) zur Teilnahme an einer Demonstration in Pforzheim auf, um gegen das Abschiebegefängnis und gegen die zeitgleiche Kundgebung der Partei "Die Rechte" in Pforzheim zu protestieren.