TV-Tipp: "Schwartz & Schwartz: Der Tod im Haus" (ZDF)

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TV-Tipp: "Schwartz & Schwartz: Der Tod im Haus" (ZDF)
23.3., ZDF, 20.15 Uhr
Der Cliffhanger ist ein beliebtes Mittel, um die Spannung zu steigern, und stammt noch aus der Zeit, als im amerikanischen Kino der Dreißigerjahre sogenannte Serials liefen. Die kurzen Fortsetzungsgeschichten endeten regelmäßig mit einer lebensbedrohlichen Gefahr für den Helden. Diese Dramaturgie gibt es seit einigen Jahren auch im Fernsehfilm, allerdings steht der Cliffhanger hier am Anfang; anschließend wird die Vorgeschichte nachgereicht.

"Der Tod im Haus", die zweite Episode aus der im Herbst 2018 gestarteten ZDF-Reihe "Schwartz & Schwartz", hat einen ähnlichen Auftakt: Eine junge Frau hängt in einem Hochhausrohbau im ungesicherten Fahrstuhlschacht. Überraschenderweise gibt es hier jedoch keine Rückblende: Die Frau stürzt schreiend in die Tiefe. Ihr Vater, ein mit Backmischungen zu einem beträchtlichen Vermögen gekommene bayerischer Bäckermeister namens Weisshappel (Michael A. Grimm), ist überzeugt, dass der Tod seiner Tochter weder Unfall noch Suizid war, zumal sich die Frage stellt, was Johanna als Praktikantin mitten in der Nacht auf der Baustelle zu suchen hatte. Er ist überzeugt, dass ihr Arbeitgeber in den Vorfall verwickelt war; Johannas Zwillingsschwester Leonie (Stephanie Amarell) behauptet, dass die beiden ein Verhältnis hatten.

Das klingt nach einer zwar potenziell interessanten, aber nicht unbedingt ungewöhnlichen Krimihandlung. Reizvoll wird die Geschichte durch das Ermittlerduo: Weisshappel beauftragt Andi Schwarz (Devid Striesow) mit den Ermittlungen. Der Privatdetektiv neigt allerdings zu einer gewissen Hochstapelei, und das nicht nur, weil er sich als Psychologe ausgibt. Sein Bruder und Partner, schwärmt er dem Auftraggber vor, sei ein hohes Tier bei der Polizei und ein knallharter Typ. Kaum hat er das ausgesprochen, zeigt der Film Mads Schwartz (Golo Euler), der es nicht mal schafft, seinem kleinen Sohn den Autoschlüssel abzunehmen, weshalb er mit dem Fahrrad zur Arbeit muss. Sein Arbeitgeber ist auch nicht mehr die Polizei, sondern die Volkshochschule; nach dem letzten Fall ("Mein erster Mord") hat er seinen Job verloren. Immerhin ist er seither mit Kommissarin Doppelbauer (Brigitte Hobmeier) befreundet, die ihn mit allerlei Informationen versorgt; prompt vermutet Gattin Jasmin (Cornelia Gröschel), die beiden hätten eine Affäre.

Die Gemengelage ist klar: Die Krimiebene ist ernst zu nehmen, aber die Figurenkonstellation soll für komödiantische Effekte sorgen. Deshalb müssen die beiden Brüder auch völlig verschieden sein: Devid Striesow verkörpert Andi als Wanderer zwischen verschiedenen Welten, der ständig auf einem Drahtseil tanzt; in gleich zwei Abgrundszenen tut er das sogar fast buchstäblich. Schein und Sein stimmen bei ihm selten überein, und darin liegt der große Reiz dieser Figur. Mads dagegen ist ein braver Familienvater, dem Jasmin mit ihrer Eifersucht bitter Unrecht tut. Im Unterschied zum ersten Film lassen Grimme-Preisträger Alexander Adolph ("Unter Verdacht") und Koautorin Eva Wehrum, die gemeinsam auch die ZDF-Reihe "München Mord" entworfen haben, diesmal die Frauen ein bisschen mehr mitspielen. Zunächst steckt Jasmin zwar noch in ihrer Rolle als Gattin und Mutter fest, aber zum Finale bekommt Cornelia Gröschel endlich Gelegenheit, mehr als bloß ein Blickfang zu sein. Auch Brigitte Hobmeier profitiert davon, dass die Kommissarin nicht mehr so eigenbrötlerisch und abweisend sein muss.

Trotzdem erweckt "Tod im Haus" den Eindruck, als seien Adolf und Wehrum, die den Film auch produziert haben, noch in der Findungsphase: Sollen die Filme echte Krimis sein? Oder doch eher Krimikomödien? Das Mit- und Gegeneinander des Quartetts wirkt ebenfalls noch etwas unausgegoren. Deshalb ist der Star von "Tod im Haus" auch nicht Devid Striesow, sondern Fabian Hinrichs. Schon der erste Auftritt des Immobilien-Tycoons Steuffers charakterisiert die Figur als verrückten, aber sympathischen Unternehmer, selbst wenn seine Geschäftsmethoden eher fragwürdig sind. Ein Verhältnis mit seiner jungen Praktikantin ist ihm ohne Weiteres zuzutrauen; andererseits klingt seine Beteuerung, er liebe nur seine Katze, durchaus glaubwürdig. Die Kombination eines ausgesprochen extravertierten Schauspielers wie dem unverwechselbaren Hinrichs mit einem Kollegen wie Striesow, der das ebenfalls draufhat, war womöglich nicht ohne Risiko, funktioniert aber, weil sich beide bei ihren Rampensau-Momenten abwechseln dürfen: Erst legt Andi eine fast übermütig gespielte Szene als Straßenmusiker hin, um Steuffers’ Vertrauen zu gewinnen, dann nimmt sich Striesow völlig zurück, um Hinrichs die Bühne für einen eindrucksvollen Monolog zu überlassen. Andis Auftritt zielte darauf ab, einen Tag lang im Unternehmen hospitieren zu dürfen. Der Geschäftsmann ist ihm allerdings längst auf die Schliche gekommen, nimmt ihm die Scharade aber nicht übel, sondern will ihn vom Fleck weg engagieren; und das alles vor dem Hintergrund von Weisshappels fester Überzeugung, dieser charismatische Geschäftsmann sei der Mörder seiner Tochter.

Die darstellerischen Leistungen sind fast ausnahmslos ausgezeichnet, was gerade auch für Stephanie Amarell gilt; die junge Schauspielerin versteht es vorzüglich, die die unstete Leonie und die in mehreren Rückblenden auftretende zielstrebige Johanna als komplett verschiedene Charaktere zu verkörpern. Umso übertriebener wirken dagegen die Szenen mit Karl Schaper als cholerischer Bruder der jungen Frauen; bei einem Regisseur wie Jobst Christian Oetzmann eigentlich erstaunlich. Für "Im freien Fall", ein "Tatort" aus München, hat er 2002 den Grimme-Preis bekommen; es folgten unter anderem "LU" (2015), ein vor allem ästhetisch herausragenden "Tatort" aus Ludwigshafen, sowie zuletzt der Thriller "Marie Brand und der schwarze Tag" (2018) mit Hinnerk Schönemann als Kommissar unter Mordverdacht.