Psalm 25,4–7
HERR, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige! Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich! Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich. Gedenke, HERR, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind. Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Übertretungen, gedenke aber meiner nach deiner Barmherzigkeit, HERR, um deiner Güte willen!
Liebe Freundinnen und Freunde des freiwilligen Verzichts,
es ist wieder an der Zeit! Der Kalender steht noch auf Winter, aber wir ahnen, dass das nicht ewig so bleiben wird. Bevor aber Ostern kommt und wir das Leben in aller Pracht feiern, stehen die sieben Wochen, in denen wir zusammen fasten. In diesem Jahr schlägt uns 7 Wochen Ohne ein "Lügenfasten" vor: "Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen". Das ist, mal ehrlich, eine große Herausforderung. Lügen machen unser Leben oft leichter. Wer eine Verabredung absagt, weil mittlerweile die Lust fehlt, wird mit der Lüge, man habe Kopfschmerzen, auf Verständnis und vermutlich sogar Mitleid stoßen. Die Wahrheit könnte auslösen, dass die Person, der man so absagt, sich wenig geschätzt fühlt. Wie aber soll man auf Lügen verzichten, wenn die Wahrheit eher Krisen heraufbeschwört?
Mein Vorschlag für unser Lügenfasten geht in folgende Richtung: Verzichten wir bewusst auf das Bequeme der Lüge. Wenn ich keine Lust auf eine getroffene Verabredung habe, verzichte ich darauf, es mir bequem zu machen und mit Hilfe einer Lüge nicht hinzugehen. Stattdessen gehe ich zu der Verabredung und gebe ihr die Chance, dass sie gut wird. In diesem Sinne möchte ich mit Ihnen durch die sieben Wochen gehen und Anregungen machen, wie wir tatsächlich ohne Lüge auskommen können. Dabei werden uns wieder die verschiedenen Bibeltexte helfen, die für die einzelnen Wochen ausgesucht wurden.
Am Anfang steht ein kurzer Ausschnitt aus Psalm 25. Die Person, die da betet, scheint ein sehr inniges Verhältnis zu Gott zu haben. Sie sucht nach Gottes Wahrheit, vertraut auf dessen Güte und Barmherzigkeit und fleht Gott geradezu an, nicht auf ihre Fehler und Sünden zu schauen. Vom Standpunkt des Lügenfastens aus tut die Person, die diese Worte spricht, etwas sehr Wertvolles: Sie gesteht ein, dass sie etwas falsch gemacht hat, vielleicht sogar eine Menge. Einiges davon liegt aber schon lang zurück, es sind im wahrsten Sinne des Wortes "Jugendsünden". Damit die Person weitergehen kann, bittet sie Gott erstens darum, nicht mehr auf diese Fehler zu schauen. Zweitens bittet sie darum: "Leite mich in deiner Wahrheit!" So wird das Gebet zu einer Buße. Die betende Person bekennt ihre Schuld und bittet um Vergebung. Gleichzeitig verspricht sie, es jetzt richtig zu machen.
Wer fastet, möchte es ebenfalls richtig machen. Darum lassen Sie uns beginnen. Als Hilfsmittel für Ihr Lügenfasten sollten Sie sich für die nächsten sieben Wochen einen Spiegel besorgen. Einen schlichten Spiegel, den Sie immer wieder zur Hand nehmen können. Bestimmt findet sich solch ein Spiegel in Ihrem Haushalt. Suchen Sie ihn, nehmen Sie ihn und putzen Sie ihn blank, damit er seine Arbeit möglichst gut tun kann. Und dann schauen Sie in den Spiegel. Nehmen Sie sich zwei Minuten Zeit, in denen Sie sich einfach selbst ins Gesicht schauen – nicht um sich zu schminken, nicht um sich zu kritisieren und Fehler zu finden, sondern um ein Versprechen zu finden, das Sie sich für das Lügenfasten machen wollen. Schauen Sie, geschlagene zwei Minuten lang.
Wenn Sie fertig sind, können Sie Ihrem Spiegelbild ein Versprechen für die kommende Zeit machen. Formulieren Sie Ihr Lügenfasten-Versprechen so, dass Sie sich tatsächlich selbst ansprechen: "Ich verspreche dir, dass ich …" Nehmen Sie sich nicht zu viel vor, aber auch nicht zu wenig. Schließlich hat der Psalm recht, der uns heute begleitet: Sollten wir unsere Versprechen nicht halten können, können wir uns auf Gottes Barmherzigkeit verlassen. Darum schauen Sie ruhig hin, nutzen Sie dafür auch Ihren Spiegel! Gern einmal täglich.
Eine gute Woche wünsche ich uns allen.
Ihr Frank Muchlinsky