Nordiren befürchteten bewaffnete Konflikte an der EU-Außengrenze und ein Wiederaufflammen des Konflikts zwischen Katholiken und Protestanten, berichtete Arras. Angesichts der fortschreitenden Säkularisierung habe der Konflikt aber kaum noch eine religiöse Dimension. "Es geht um die Frage: Bin ich britisch oder irisch?", sagte Arras. Die Erfolge des Karfreitagsabkommens von 1998, das den Bürgerkrieg zwischen irischen Nationalisten und protestantischen Unionisten beendete, stünden in Gefahr.
Die Nordiren befürchteten überdies den Verlust der umfangreichen EU-Zuschüsse für die Landwirtschaft. "Die Menschen haben Angst, dass Großbritannien kein Geld für Nordirland haben wird", sagte Arras. Bürger Irlands machten sich auch Sorgen um die Wirtschaft. Die Republik exportiere Milch und Fleisch nach Großbritannien. Die Produkte würden im Fall einer EU-Außengrenze durch den Zoll teurer werden.
Die Nordiren hätten beim britischen Referendum vor zwei Jahren zu mehr als 60 Prozent gegen den Brexit gestimmt, aber es gebe auch Befürworter, berichtete der Pfarrer. Auch unter den Teilnehmern der Treffen des Irischen Kirchenrates, einem Zusammenschluss von Kirchen in der Republik Irland und in Nordirland, gebe es unterschiedliche Auffassungen zum Brexit. Die einen wollten den festen Anschluss an Großbritannien, andere die Unabhängigkeit und den Verbleib in der EU.
Deutsche Gemeindemitglieder in Nordirland versuchten derzeit, einen britischen Pass zu bekommen, um bleiben zu dürfen, erzählte Arras. Nordiren wiederum bemühten sich um einen Pass der Republik Irland, um weiterhin EU-Bürger zu sein. "Die Kirchen müssen die Rolle der Bindeglieder zwischen den verfeindeten Gruppierungen übernehmen", forderte der 2015 von der Evangelischen Kirche in Deutschland entsandte Pfarrer. Alle Religionsgemeinschaften seien inselweit organisiert. Damit seien sie dazu vorherbestimmt, eine Verbindung zwischen allen Gruppierungen herzustellen.