TV-Tipp: "Tatort: Der Pakt" (ARD)

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TV-Tipp: "Tatort: Der Pakt" (ARD)
27.1., ARD, 20.15 Uhr
Der Schluss ist etwas sang- und klanglos, wenn auch nicht in Bezug auf die Handlung; die Geschichte der achten Episode mit Devid Striesow als "Tatort"-Kommissar aus Saarbrücken wird zu einem ordentlichen Ende gebracht. "Der Pakt" ist Jens Stellbrinks letzter Fall, doch es gibt keine Geste des Abschieds. Stattdessen beginnen Michael Vershinin (Buch) und Zoltan Spirandelli (Buch und Regie) den Film mit einem kleinen Bluff.

Verabschiedet wird nicht Stellbrink, sondern die Kollegin Mia Emmrich (Sandra Maren Schneider), aber nicht etwa aus dem Team, sondern aus ihrem früheren Status; die Polizistin ist zur Kommissarin befördert worden. Womöglich hätte sie ja in Zukunft eine größere Rolle gespielt; ihre etablierte Kollegin Lisa Marx (Elisabeth Brück) hat sich neben Striesow nie richtig profilieren können.

Spirandelli, der mit seinem vierten Stellbrink-Krimi nun die meisten Filme mit Striesow gedreht hat, beschert dem Hauptkommissar zum Ausstand einen Fall, der ebenso komplex wie erschütternd ist. Der Film beginnt mit einer Party im Schwesternwohnheim, die Stimmung ist ausgelassen; eine der Auszubildenden, Vanessa, zieht sich mit einem Arzt und Dozenten in das Zimmer ihrer Mitbewohnerin Annika zurück. Als Annika, die sich ehrenamtlich in der Organisation "Mediziner für Asyl" (Mefa) engagiert, heimkehrt, findet sie Vanessa tot in ihrem Bett vor. Natürlich fällt der erste Verdacht auf den Arzt Sharifi (Jaschar Sarabtchian), aber dann entdeckt Stellbrink ein entscheidendes Detail: Die mit einem Gürtel strangulierte Vanessa lag auf dem Bauch. Die jungen Frauen haben beide lange blonde Haare; von hinten hätte der Mörder das Opfer ohne weiteres für Annika halten können. Tatsächlich hat sich die stets korrekte Schwesternschülerin einige Feinde gemacht, darunter auch eine Ausbilderin, der sie Rassismus vorgeworfen hat. Das klarste Motiv hat jedoch Kamal (El Mehdi Meskar). Der junge Ägypter ist nach der Ermordung seiner christlichen Eltern mit seinem kleinen Bruder nach Deutschland geflohen. Ihr Asylantrag ist zwar abgelehnt worden, aber Kamal, der als Fahrer für Mefa arbeitet, hat mit einem Beamten von der Ausländerbehörde einen schmutzigen Deal geschlossen: Solange er jede Woche drei Patienten meldet, dürfen die Brüder in Saarbrücken bleiben; und Annika ist ihm kurz vor ihrem Tod auf die Schliche gekommen.

Spirandelli und Vershinin, der unter seinem früheren Namen Illner viele Episoden für Krimireihen und -serien wie "Stubbe" oder "Soko Köln" geschrieben hat, nutzen die Handlung, um das Thema Asyl von allen möglichen Seiten zu beleuchten. Stellenweise ist der Film eine regelrechte Hommage an die Mefa-Mitglieder, die sich unentgeltlich um Geflüchtete ohne Krankenversicherung kümmern. Auf diese Weise spielt auch Dr. Bindra (Franziska Schubert), die Leiterin der Organisation, eine ganz besondere Rolle; die Ärztin gibt der Handlung schließlich eine überraschende Wendung. Bis dahin jedoch erlebt der ohnehin vom Schicksal gebeutelte Kamal, der immermehr ins zentrum der Geschichte rückt, großes Leid. Sharifi sorgt dafür, dass sich der Verdacht gegen den Ägypter in Windeseile in den einschlägigen Netzwerken verbreitet. Die Denunzierung hat eine Tragödie zur Folge, die auch Stellbrink betrifft, selbst wenn sein Schmerz nicht annähernd mit dem zu vergleichen ist, was dem Brüderpaar widerfährt.

Es ist ohnehin interessant, wie Vershinin und Spirandelli die handelnden Personen zeichnen. Die einen sind gut, die anderen böse; aber manchmal tun auch die Guten Böses. Außerdem fällt auf, dass die uniformierten Polizisten den jungen Ägypter nach seiner Verhaftung ausgesprochen höflich und freundlich behandeln; sein kleiner Bruder wird dagegen im Kinderheim scheinbar grundlos von zwei älteren Mädchen gemobbt. Andere Figuren sind dagegen irritierend janusköpfig: Der Beamte von der Ausländerbehörde lügt dreist, Kamal habe den Verrat von sich aus angeboten, entpuppt sich aber daheim als liebevoller Familienvater. Die vermeintlich rassistische Ausbilderin (Nina Vorbrodt) bringt Stellbrink aus dem Konzept, weil sie ihre Vorladung ins Kommissariat wie eine Verabredung betrachtet und den Hauptkommissar unverhohlen anflirtet; eine willkommene amüsante Abwechslung in diesem insgesamt sehr düsteren "Tatort", in dem Kamal nach einer verhängnisvollen Verkettung vermeidbarer Tragödien einen erschütternden Schlusspunkt setzt.