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TV-Tipp: "Der Bozen-Krimi: Falsches Spiel" (ARD)
24.1., ARD, 20.15 Uhr
Mit dem letzten Film, "Leichte Beute", hat der "Bozen-Krimi" seinen Tiefpunkt erreicht. Die zumeist von Jürgen Werner geschriebenen Geschichten aus Südtirol lagen ohnehin oft unter dem Qualitätsstandard vieler anderer Krimis, die die ARD donnerstags zeigt. Die ersten Filme hatten zwar eine spannende durchgehende Handlung, weil Kommissarin Schwarz (Chiara Schoras) Opfer einer finsteren Intrige zu werden drohte, aber die jeweiligen Episodenfälle waren zum Teil völlig uninteressant.
Mit "Falsches Spiel" findet die Reihe nun wieder zu ihren Stärken zurück; der siebte Film ist mindestens eine Klasse besser als der letzte. Das wird vor allem mit Thorsten Näter zu tun haben. Der erfahrene Krimiregisseur hat zwar auch "Leichte Beute" inszeniert, konnte aus Werners offenbar dünnem Drehbuch aber wohl nicht mehr rausholen. Diesmal hat er die Vorlage selbst geschrieben und dafür gesorgt, dass der große Gegenspieler der Kripo Bozen wieder in den Mittelpunkt rückt: Schwarz und ihr Chef Zanchetti (Tobias Oertel) waren von Anfang an hinter einem Mann her, den sie für den Drahtzieher vieler Verbrechen in Südtirol halten, aber bislang haben sie dem Restaurantbesitzer Rossi (Thomas Sarbacher) nichts nachweisen können. Um den Statthalter der Mafia endlich überführen zu können, lässt sich Zanchetti auf ein gewagtes Spiel ein. Das gilt auch für Näter, denn nach dem Prolog geht es mit einer kümmerlichen Darbietung weiter: Wie Oertel den völlig betrunkenen Zanchetti mimt, wirkt eher peinlich als glaubwürdig. Doch die Schmierenkomödie ist Teil des Plans, denn der Kommissar ist von einem Moment auf den anderen nüchtern.
Autor:in
Tilmann P. Gangloff
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Schon die ersten Bilder verdeutlichen, dass dem Regisseur ein völlig anderer Film vorschwebte als zuletzt. Eine Parallelmontage zeigt Zanchetti beim illegalen Glücksspiel sowie einen Mord. Beide Schauplätze sind interessant: hier das in düsteren Farben gehaltene Hinterzimmer eines Clubs, dort ein Marmorwerk, dessen riesige Quader eine reizvolle Kulisse für die Tat darstellen. Auf den ersten Blick haben die beiden Ebenen nichts miteinander zu tun. Die Handlungsstränge werden sich erst viel später überkreuzen, wenn Zanchetti zum Schein gemeinsame Sache mit Rossi macht; zunächst jedoch macht er vor allem (Spiel-)Schulden. Derweil konfrontiert Näter den Mafioso mit einem Buchprüfer (Anatole Laubman), der düstere Drohungen ausstößt; Rossis Auftraggeber haben offenbar Zweifel, ob er noch der richtige Mann für den Job ist. Tatsächlich tanzt Clubbesitzer Gentile (Tim Wilde) ihm mittlerweile auf der Nase rum, und auch das ist Teil von Zanchettis Plan: Er provoziert seinen Gläubiger solange, bis der ihn übel verprügelt. Deshalb bekommt der Polizist auch nicht mit, wie Gentile von Rossi ermordet wird – mit Zanchettis Dienstwaffe; und nun hat der Commissario ein Problem.
Die Geschichte schlägt immer wieder unerwartete Haken; anders als in den früheren Filmen ist auch der Mord im Marmorwerk auf überraschende Weise Teil der Ermittlungen gegen den Mafioso. Zum Konzept des "Bozen-Krimis" gehört aber auch die familiäre Ebene, und sie ist ein kleines Manko des Films: Im Vergleich zum Kampf gegen die Mafia sind die Ereignisse auf dem Weingut Lappalien. Hier eine kaltblütige Hinrichtung und ein Polizist, der zum Spielball eines Verbrechers wird, dort ein defekter Traktor: Dazwischen liegen ein paar Welten. Für ein bisschen Spannung sorgt immerhin der neue Verwalter (Harald Windisch), den Sonjas Schwiegermutter (Lisa Kreuzer) eingestellt hat. Die Kommissarin findet den Mann nicht ohne Grund verdächtig, auch wenn sie da noch nicht ahnen kann, was Bittner tatsächlich im Schilde führt. Die Beziehung von Stieftochter Laura (Charleen Deetz) zu einem jungen Mann, den Sonja im letzten Film für einen Spion Rossis hielt, spielt dagegen überhaupt keine Rolle mehr.
Das stört aber nicht weiter, denn dafür gerät das Betriebsklima im Revier empfindlich aus dem Gleichgewicht: Zanchetti, Schwarz und die Mafiajägerin Carla Pisani (Jeanette Hain), die schon in der vorletzten Episode ("In der Falle") mitgewirkt hatte, sind überzeugt, dass Rossi aus erster Hand über den Stand der Ermittlungen informiert wird, weshalb sie die Kolleginnen und Kollegen nicht über ihr Komplott informieren; prompt ist vor allem Sonjas enger Mitarbeiter Jonas (Gabriel Raab) zutiefst verletzt, erst recht, als er schließlich auch noch unversehens in einen Schusswechsel gerät. Der Film macht schon allein durch die Besetzung kein Geheimnis draus, wer der Maulwurf ist, selbst wenn Sinja Dieks in dieser praktisch stummen Rolle im Grunde nicht mehr zu tun hat, als im Kommissariat präsent zu sein. Obwohl Näter hinter der Kamera mit dem gleichen Team arbeitete wie bei "Leichte Beute", ist auch der handwerkliche Qualitätsunterschied offenkundig; die Inszenierung, die spannungsstarke Musik (Axel Donner) und die Bildgestaltung (Achim Hasse) ergeben eine stimmige Einheit. Umso seltsamer, dass Näter zwei Verfolgungsjagden völlig unmotiviert durch einen Kameraflug über die Dolomiten unterbricht. Dabei kommt die Bergwelt ansonsten keineswegs zu kurz, schließlich finden die verschiedenen konspirativen Treffen ebenso wie das fesselnde Finale inmitten der imposanten Landschaft statt.