Weil das Rendezvous durch eine entsprechende Internet-Agentur mit dem zwar unpassenden, aber schönen Namen Seepferdchen in die Wege geleitet wurde, würden Otto Garber und Linett Wachow (Florian Martens, Stefanie Stappenbeck) gern die Datenbank des Unternehmens durchforsten. Der zuständige Richter, Fabian Frey (Jan Henrik Stahlberg), verweigert den entsprechenden Beschluss jedoch, was ihn zumindest fürs Publikum prompt verdächtig macht. Die Ermittler halten sich also erst mal an den Witwer (Andreas Pietschmann). Als sich sein Alibi als fadenscheinig erweist, muss er zugeben, dass er zur Tatzeit der gleichen Beschäftigung nachgegangen ist wie seine Frau. Das Drehbuch hat aber noch andere Verdächtige zu bieten, darunter einen eher unsympathischen Umzugsunternehmer (Max Herbrechter), der perfekt ins Täterprofil passen würde; außerdem den Witwer (Michael A. Grimm) eines früheren Opfers, des Weiteren eine vergeblich Liebende und schließlich den großen Unbekannten.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
"Tödlicher Seitensprung" erzählt also eine übliche Krimigeschichte aus der schon lange nicht mehr originellen Rubrik "Tod aus dem Internet": Ein Serienmörder hat es offenbar auf Frauen eines bestimmten Typs abgesehen; Morde an Kundinnen von Dating-Agenturen gab’s mittlerweile in fast allen Krimireihen schon mal. Sehenswert ist der Film dennoch: weil der schematische Handlungskern interessant verpackt ist. Jürgen Pomorin, der unter dem Pseudonym Leo P. Ard rund dreißig Drehbücher für "Ein starkes Team" geschrieben hat, sowie der in Sachen "Ein starkes Team" auch schon recht erfahrene Regisseur Johannes Grieser sorgen dafür, dass die Episode einerseits die Erwartungen an die Reihe erfüllt, andererseits aber auch einige Überraschungen zu bieten hat. Dass der unsympathische Verdächtige kein Mörder ist, gehört nicht dazu, wohl aber die Falle, die Wachow und Garber dem Täter stellen wollen: Weil die Hauptkommissarin zum Profil der Opfer passt – um die vierzig, blond, Pferdeschwanz –, meldet sie sich bei Seepferdchen an und empfängt die Interessenten im Halbstundentakt; darunter befindet sich auch, als hätte man’s geahnt, der verheiratete Richter Frey, der nun gern bereit ist, den Durchsuchungsbeschluss doch noch auszustellen.
Für Stefanie Stappenbeck bietet sich als Lockvogel die willkommene Möglichkeit, ein wenig aus ihrer Rolle zu fallen. Wachow steht diesmal ohnehin stärker im Zentrum als zuletzt, zumal sie nicht nur den Kollegen Garber, sondern auch die neue Rechtsmedizinerin (Eva Sixt) mit allerlei Wissensbissen beeindruckt. Zum Finale taucht der Mörder in ihrer Wohnung auf, was dem von Grieser ansonsten zurückhaltend inszenierten Film etwas Action und ein ziemlich spannendes Ende beschert. Aber auch Garber bekommt seine Momente, und die sind keineswegs ausschließlich komischer Natur. Trotzdem steht Florian Martens gemeinsam mit Team-Faktotum Sputnik (Jaecki Schwarz) traditionell für die heiteren Seiten der Reihe. Diesmal verkauft Sputnik Luftmatratzen, die sich selbst aufpumpen, was anfangs zu einer witzigen Slapstickeinlage führt, in der Garber glatt die Wollmütze wegfliegt, und am Ende zu einer liebevollen Schlusseinstellung. Genauso schön inszeniert, gespielt und geschnitten sind die Szenen, in denen Martens und Stappenbeck bloß mit Blicken arbeiten. Zum Repertoire der Reihe gehört seit einiger Zeit auch ein typischer Krimi-Look: Viele Szenen haben einen kühlen blauschwarzen Stich, der mit den gestrickten Kopfbedeckungen der beiden Hauptfiguren (sie blau, er schwarz) korrespondiert.
Tieferes Thema der Geschichte und immer wieder angesprochen sind natürlich Treue und Wahrhaftigkeit; die jeweiligen Ehepartner fallen aus allen Wolken, als sie von den Seitensprüngen erfahren, weshalb der Film auch dank der schönen Musik (Jens Langbein, Robert Schulte Hemming) beinahe melancholisch enden würde, gäbe es da nicht noch das sympathische Schlussbild. Durchaus ungewöhnlich für einen Familienkrimi ist der Typus der sexuell aktiven Frau, die sich nimmt, was sie will; die psychologische Erklärung für die Motive des Mörders stammt dagegen aus dem Baukasten des Serienkillerkinos. Außerdem sind mit Ausnahme der von Clelia Sarto gespielten Gattin des Umzugsunternehmers Blank sämtliche Nebenfiguren eine Spur zu herb geraten. Die Männer zum Beispiel, mit denen sich Wachow verabredet hat, haben alle eine Macke, als wolle Pomorin klar machen: Normale Menschen tun so was nicht. Schräg sind aber nicht nur die potenziellen Täter; selbst die Rechtsmedizinerin ist eine ausgesprochen strenge Person. Nicht zu spaßen ist vor allem mit einer uniformierten Polizistin (Katja Bürkle), die Blank mit der Dienstwaffe bedroht, um ihn zum Geständnis zu zwingen. Später entpuppt sie sich als Witwertrösterin und gehört somit ebenfalls zum Kreis der Verdächtigen. Ein bisschen gruselig, wenn auch vor allem äußerlich, ist die von Anouschka Renzi als Kunstfigur verkörperte Seepferdchen-Chefin, aber in ihrem Fall passt das durchaus zur Rolle.