Dass und wie sich diese beiden schrägen Figuren überhaupt über den Weg laufen, ist vielleicht der schönste Einfall des Drehbuchs von Chris Geletneky und Sascha Albrecht, deren Arbeit schon allein deshalb zu loben ist, weil sie Anke Engelke mit grandiosen Dialogen versorgt haben. Durch Zufall kommt die mit allen Abwassern gewaschene Journalistin einer Wirtschaftskorruption in großem Stil auf die Spur: Ein Energiekonzern will seine Nordseewindparks mit uralten und völlig ineffizienten Generatoren ausstatten; großzügige Zahlungen an den zuständigen Minister garantieren, dass alles wie geschmiert läuft. Nach Ansicht von Fannys Chef (Robert Palfrader), der sich die vorlaute Redakteurin auch als Geliebte hält, ist die Sache ein paar Nummern zu groß für die Society-Reporterin; außerdem fürchtet er um ihr Leben. Also nimmt er sie aus der Schusslinie und schickt sie auf eine kleine Nordsee-Hallig, damit sie dort Material für ein Porträt des Ornithologen sammeln kann. Allerdings entpuppt sich Kluth als Zeitgenosse, für den das Adjektiv verschroben offenbar erfunden worden ist. Von der aufgedonnerten und in Fragen des praktischen Lebens völlig unfähigen Schreiberin hält er überhaupt nichts; bis sie ihm von der Sache mit dem Windpark erzählt. Als die notorisch neugierige Fanny rausfindet, dass es sich bei Kluth um einen legendären Umweltschützer handelt, der nach einer handfesten Auseinandersetzung mit dem Chef des Energiekonzerns untertauchen musste, hat sie ihn in der Hand; und plötzlich stellen die beiden fest, dass sie sich aller Unterschiede zum Trotz ziemlich sympathisch finden.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Superlative klingen immer ein bisschen verdächtig, aber in diesem Fall sind sie ausnahmslos angebracht. Hermine Huntgeburths Inszenierung hat genau das richtige Tempo, Martin Langers Bildgestaltung ist perfekt, der Schnitt (Eva Schnare) trägt seinen Teil dazu bei, den lakonischen Humor des Films noch zu vertiefen. All’ das aber basiert auf einem hervorragenden Drehbuch. Schon die Konfrontation der Großstadtpflanze mit den Küstenbewohnern ist ein Genuss, und weil Engelke eine großartige Slapstick-Darstellerin ist, wirken selbst handfeste Spielpointen wie jene, als die mit ihren roten Stiefelchen auf der Hallig herrlich deplatzierte Fanny von einem renitenten Schafbock in den Matsch geschubst wird, nicht klamottig. Noch größer ist das Kunststück, hinter der zwanghaften Jugendlichkeit der Fünfzigerin eine gewisse Bitterkeit mitschwingen zu lassen. Dass Fanny ihre uneingestandene Einsamkeit mit einer spitzen Zunge kaschiert, passt prima ins Bild und verhilft Engelke zu Filmsätzen von geradezu liebevoller Bosheit. Hübner mag mit seinem sparsamen Spiel die etwas undankbarere Rolle haben, aber er bereitet der Kollegin eine Bühne, wie sich das eine Schauspielerin nur wünschen kann. Und weil das Thema Umwelt in der Geschichte mehr als bloß eine Öko-Ecke besetzt, zeichnet sich "Einmal Hallig und zurück" sogar durch eine gewisse Relevanz aus.