"Wer die schleichende Ausrottung dieser Völker verhindern will, muss die UN-Konvention ILO Nummer 169 ratifizieren", erklärte der Hauptgeschäftsführer des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Pater Michael Heinz, am Mittwoch in Berlin bei Übergabe eines Menschenrechtsberichts über das Amazonasgebiet an die Bundesregierung. Die Lateinamerika-Beauftragte des Entwicklungsministeriums, Christiane Bögemann-Hagedorn, nahm den Bericht entgegen.
Die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sei das einzige verbindliche internationale Abkommen zum Schutz indigener Völker und garantiere, dass diese Völker angehört werden müssen, wenn auf ihrem Gebiet Rohstoffe ausgebeutet werden. Allerdings würden die Bestimmungen vor Ort umgangen, "auch weil international viel beachtete Länder wie Deutschland das Abkommen bis heute nicht ratifiziert haben", kritisierte Heinz.
Hemmungslose Ausbeutung von Rohstoffen
In dem Bericht beklagt das Amazonas-Netzwerk Repam, zu dem auch Adveniat und Misereor gehören, eine hemmungslose Ausbeutung von Rohstoffen wie Gold, Kuper und Öl in Amazonien durch internationale Konzerne. Zudem würden für staatliche Staudamm- und Infrastrukturprojekte riesige Gebiete abgeholzt.
"Die Menschenrechte der indigenen Völker und der Campesinos werden systematisch verletzt", erklärte der brasilianische Kardinal Claudio Hummes. Der Reichtum ihrer Böden wird von den multinationalen Firmen zur Gewinnmaximierung rücksichtslos ausgebeutet." Hummes verwies dabei auf die Vorbereitung der Amazonassynode, die der Vatikan für Oktober 2019 in Rom plant.
Umsetzung von UN-Prinzipien dürfe nicht auf Freiwilligkeit beruhen
Misereor-Geschäftsführer Pirmin Spiegel wandte sich an in Deutschland ansässige Unternehmen, die Rohstoffe aus dem Amazonasgebiet beziehen und verarbeiten. Er forderte die Firmen auf, "ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten zu erfüllen und darauf zu achten, dass internationale Vereinbarungen, wie die UN-Prinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte eingehalten werden". Dies dürfe nicht auf Freiwilligkeit beruhen, sondern müsse gesetzlich verankert werden.
Der Bericht listet 13 konkrete Fälle von Menschenrechtsverletzungen gegen indigene Völker auf. Dazu gehören der Abbau von Rohstoffen auf dem Gebiet der Ureinwohner sowie illegale Landbesetzungen, Gewalt gegen und die fehlende Anerkennung von Territorien der Ureinwohner beispielsweise durch die brasilianische Regierung.
Das rund 7,5 Millionen Quadratkilometer große Amazonas-Gebiet ist die Heimat von etwa 33 Millionen Menschen, 380 indigenen Völkern und 140 Gemeinschaften in selbst gewählter Isolation. Allein in Brasilien, dem größte Amazonas-Anrainer, wurden 2016 rund 8.000 Quadratmeter Regenwald abgeholzt. Insgesamt zieht sich der Amazonas durch neun Länder: Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru, Brasilien, Surinam, Guyana, Französisch-Guayana und Bolivien.