Europäische Justiz urteilt zu Kündigung von katholischem Chefarzt

Kündigung von katholischem Chefarzt
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Der EuGH urteilt heute (Dienstag) zum Fall eines katholischen Chefarztes, dem eine Düsseldorfer Klinik wegen seiner zweiten Ehe gekündigt hatte. (Symbolbild)
Europäische Justiz urteilt zu Kündigung von katholischem Chefarzt
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilt heute (Dienstag) zum Fall eines katholischen Chefarztes, dem eine Düsseldorfer Klinik wegen seiner zweiten Ehe gekündigt hatte. Es handelt sich um ein Grundsatzurteil zum kirchlichen Arbeitsrecht, das nach Expertensicht sogar das Verhältnis von Kirche und Staat in Deutschland generell berühren könnte.

Der Mediziner ist seit mehr als 18 Jahren Chefarzt der Inneren Medizin einer Düsseldorfer Klinik, die dem Erzbistum Köln untersteht. 2005 ließ er sich von seiner ihm katholisch angetrauten Frau scheiden und heiratete 2008 standesamtlich seine neue Partnerin. Daraufhin kündigte ihm das Krankenhaus, weil er seine aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Loyalitätspflichten erheblich verletzt habe. Denn die Wiederverheiratung bedeute nach katholischem Kirchenrecht eine ungültige Ehe.

Arzt in drei Instanzen zunächst erfolgreich

Vor Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht (BAG) war der Mediziner mit seiner Kündigungsschutzklage erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht hob das BAG-Urteil jedoch auf. Die Karlsruher Richter sahen vor allem die grundgesetzlich garantierte Selbstbestimmung der Kirchen zu wenig gewürdigt. Das BAG wandte sich daraufhin an den EuGH.

Der EuGH soll ein EU-Gesetz zur Gleichbehandlung im Beruf auslegen. Es sieht Ausnahmen zugunsten der Kirchen vor - fraglich ist, wie weit diese reichen. Insbesondere ist zu klären, ob kirchliche Arbeitgeber verschiedene Maßstäbe für loyales Verhalten anlegen dürfen, je nachdem ob ein leitender Mitarbeiter ihrer Kirche angehört oder nicht. Denn die Düsseldorfer Klinik forderte laut BAG nur von Katholiken, keine kirchenrechtlich ungültige Ehe einzugehen.

Gewerkschaft spricht von Diskriminierung

Der Arzt, der immer noch auf derselben Stelle arbeitet, will keine Stellungnahme abgeben. "Er möchte sich weiterhin ausschließlich seinen Patienten und medizinischen Pflichten widmen", sagte sein Anwalt Norbert H. Müller dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch das Erzbistum Köln wollte sich nicht äußern. Dafür will die Deutsche Bischofskonferenz voraussichtlich am Dienstagnachmittag Stellung nehmen.

Die Gewerkschaft ver.di hofft auf einen Richterspruch zugunsten des Arztes. "Der Sonderstatus der Kirchen ist ein Relikt vergangener Zeiten", erklärte Gewerkschaftssekretär Mario Gembus. "Insbesondere der Freibrief für Diskriminierungen aufgrund von Religionszugehörigkeit oder Lebenswandel ist völlig antiquiert." Eine Wiederheirat habe schließlich keinen Einfluss auf das Arbeitsverhältnis, argumentiert ver.di. Davon abgesehen wende die Kirche ihre eigenen Regeln willkürlich an.


Auf der einen Seite hat die katholische Kirche ihre Regeln zur Loyalität seit der Kündigung des Arztes bereits geändert. Auf der anderen Seite könnte das Urteil weit über das Arbeitsrecht hinausweisen. Der Tübinger Juraprofessor Hermann Reichold etwa befürchtet, dass die europäische Justiz das vom Grundgesetz geschützte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen zwar punktuell, aber doch weitreichend in seinen Grundlagen erschüttern könnte - was letztlich sogar zu einem Konflikt zwischen EuGH und Bundesverfassungsgericht führen könne.