25.8., Arte, 20.15 Uhr: "Am Anfang war das Wir: Wir Beten"
In den ersten beiden Teilen dieser Doku-Reihe über die Ursprünge der Zivilisation ging es um das Bauen und das Kämpfen. Um jedoch zu blühen und Bestand zu haben, braucht eine Zivilisation einen Gründungsmythos, also ein Fundament gemeinsamer Glaubensvorstellungen: eine Religion. Auch das alte Ägypten verdankte seine Stabilität und seinen Zusammenhalt der Religion. Wenn viele Menschen an das Gleiche glauben, nehmen sie sich eher als ein Volk wahr. Das trifft auf die frühen Zivilisationen ebenso wie auf die heutigen zu. Religion und Zivilisation waren schon immer eng miteinander verbunden. Diese Annahme führt an einen ganz besonderen Ort in der Wüste Ägyptens zurück: Nabta Playa. Die Stätte wird oft als das ägyptische Stonehenge bezeichnet und kann als Prototyp der ersten Kirche angesehen werden.
Die Kultstätte, die Hirten hier vor etwa 7.000 Jahren aus Steinkreisen und Megalithen errichteten, ist eine der frühesten religiösen Stätten der Welt. Sie diente den Menschen, die einen animistischen Glauben hatten, zur Bestimmung der Sommersonnenwende. Wenn die Sommerregen einsetzten, wurde das Nabta-Playa-Becken zu einem See, dann kamen die Hirten und weideten ihre Herden an seinen Ufern. Schamanen wurden die ersten Priester und Mittler zwischen den Göttern und den Menschen im Diesseits. Als die Viehzüchter später sesshaft wurden und sich in Dörfern und Städten ansiedelten, bedienten sich die neuen Herrscher, die ersten Pharaonen, der Religion, um ihre Vormachtstellung zu legitimieren. Die Pharaonen stellten sich zunächst als die Repräsentanten ihrer Gottheiten dar; später schrieben sie sich selbst göttliche Macht zu und traten als Gottkönige auf.
Der nächste Schritt war die Errichtung von Bauwerken, die der Götter würdig gewesen wären: Die Macht der Pharaonen wuchs, und so wollten sie Gräber, die ewig Bestand hatten: die Pyramiden. Der Baumeister, der zum Pionier einer neuen, religiösen Architektur wurde, die eines Gottkönigs würdig war, hieß Imhotep. Er hatte die Idee, in den Himmel zu bauen. Die Stufenpyramide von Sakkara verkörperte ebenso wie die Cheops-Pyramide von Giseh religiöse, aber auch weltliche Zwecke: Sie sollten den Zusammenhalt des Volkes stärken, die Zugehörigkeit zu einer moralischen Gemeinschaft, die den Staat bildet. Die Pyramiden sind ein leuchtendes Beispiel für soziale Kooperation zwischen den Ägyptern. Alle arbeiteten am Bau der Pyramiden mit, weil sie etwas Großes für ihren Gott schaffen wollten. Die Religion war - und ist auch heute oft noch - der soziale Zement, der es einer Zivilisation überhaupt erst ermöglicht zu entstehen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
26.8., ARD, 17.30 Uhr: "Echtes Leben: Mein Organ hat eine Seele"
Leo Veenendaal ist sich bewusst, dass er sein Glück seinem Vater zu verdanken hat, denn der hat ihm eine seiner Nieren gespendet. Der junge Mann ist krank. Als er 16 war, haben seine Nieren einfach aufgehört zu arbeiten. Sein Körper wurde nicht mehr entgiftet. Von da an musste er dreimal die Woche zur Dialyse und wartete auf ein Spenderorgan. Dass er selbst nach neun Jahren Wartezeit immer noch keine Niere bekommen sollte, hätte er nicht gedacht. So hat sich Leo dazu durchgerungen, das Angebot des Vaters anzunehmen. Bei Nierentransplantationen sind Lebendspenden möglich. Meggy Wolsfeld dagegen musste darauf hoffen, dass jemand mit einem passenden Organ stirbt. Sie brauchte dringend eine Lunge. Ein seltener Gen-Defekt führte dazu, dass ihre eigene Lunge immer schlechter wurde.
Gerade noch rechtzeitig bekam sie das lebensrettende Spenderorgan. Heute ist Meggy 57. Es geht ihr gut. Seit fast vier Jahren lebt sie nun mit der Lunge eines Fremden. Das macht sie dankbar und traurig zugleich. Immer wieder müsse sie an ihren Spender denken, sagt sie: "Ich habe sogar das Gefühl, dass die Seele von dem Menschen bei mir ist."
Norman Striegel hat Meggy und Leo über vier Jahre hinweg immer wieder begleitet. Sein Fiml dokumentiert die zähe Wartezeit, die kraftraubende Transplantation und schließlich das Leben mit dem neuen Organ. Manche Veränderungen sind aber auch schmerzhaft: Eine Beziehung geht in die Brüche; und die Betroffenen leben mit der Angst, dass das Spenderorgan jederzeit abgestoßen werden kann.
26.8., ZDF, 9.30 Uhr: "Evangelischer Gottesdienst: Stoff-Wechsel der Liebe"
Welche Braut trägt das schönste Kleid? Wer verschickt die originellste Einladung? Heiraten ist heute häufig auch Wettbewerb und setzt Brautpaare unter immensen Druck. Pfarrer Lars Löwensen und Pfarrer Markus Löwe lenken in dem Gottesdienst aus der Alexanderkirche in Wildeshausen den Blick auf den eigentichen Grund einer Trauung zurück, die Liebe. Ein Patentrezept dafür gibt es zwar nicht, aber Worte der Bibel und die Erfahrungen zweier Ehepaare wie auch einer geschiedenen Frau regen in diesem Fernsehgottesdienst dazu an, eigene Liebesgeschichten noch einmal neu im Horizont des christlichen Glaubens zu betrachten - mit bekannten Chorstücken vom "schönsten Tag des Lebens" wie dem Brautchor aus Wagners Lohengrin. Dagmar Grössler-Romann spielt Cajón und Vibrafon, Helmut Reuter Kontrabass und Anton Bovensmann die Orgel, Ralf Grössler am Flügel hat die musikalische Gesamtleitung.
26.8., ARD alpha, 21.50 Uhr: "Auf ein Wort... Gefühle"
Wie kommt das Böse in die Welt? Was ist Wahrheit? Kann der Mensch die Wahrheit erkennen? Ist Gott allmächtig? Fragen, die sich jedermann stellt. In "Auf ein Wort" diskutiert Michel Friedman mit renommierten Geisteswissenschaftlern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens über Grundsatzfragen unserer Zeit.
Der Moderator und Philosoph begibt sich mit seinen Gästen auf eine Gedankenreise, erkundet die Dialektik scheinbar eindeutiger Begriffe. Zum Thema Gefühle spricht er mit Sabine Döring, Professorin für Philosophie an der Universität Tübingen. Sie forscht zur Theorie der Ethik mit einem Schwerpunkt auf der Philosophie der Gefühle.
26.8., ARD alpha, 22.35 Uhr: "Streetphilosophy: Optimiere dich!"
In dieser Ausgabe von "Streetphilosophy" sucht Jonas Bosslet nach der maximalen Optimierung: sich vegan ernähren, Karriere machen, den Körper tunen. Um das Optimale aus Körper und Geist herauszuholen, muss man sich disziplinieren, mitunter quälen. Wo führt es Jonas hin, wenn er versucht, sich und seine Fähigkeiten zu perfektionieren? Wird er zufriedener? Oder geht es in Wirklichkeit eigentlich nur darum, schön und erfolgreich zu sein, um gesellschaftliche Anerkennung zu bekommen? Er startet in einem Süßwarenladen in Berlin-Wedding.
Der Laden gehört Ali Lacin. Ali fehlen von Geburt an beide Beine, dennoch optimiert er sich maximal: Er hat die Fähigkeiten seines Körpers durch Karbonprothesen erweitert und damit perfektioniert. Ali ist Sprinter, einer der besten Deutschlands, und trainiert gerade für die Paralympics in Rio. Jonas begleitet ihn zum Olympiastützpunkt, wo er sich auf den großen Tag vorbereitet.
Bei seiner nächsten Station trifft Jonas die Jungphilosophin Johanna Seifert: Er will herausfinden, ob Selbstoptimierung und Perfektionismus aus Sicht der Philosophie Sinn ergeben oder nicht. Tags drauf trifft er auf seinen absoluten Konterpart: Kai Whittaker. Der ist genauso alt wie Jonas und so etwas wie der Prototyp des perfekten Menschen in unserer Gesellschaft: Er ist jung, geht vor der Arbeit ins Fitnessstudio und danach als Mitglied der CDU in den Bundestag. Dabei gibt er das perfekte Bild eines Politikers ab. Am Abend macht Jonas dann das größtmögliche Kontrastprogramm: Er zieht mit der zwei Meter großen Dragqueen Jurassica Parka durch die Nacht. Jurassica legt in einem Schwulenclub in Berlin-Neukölln auf. Sie sprechen dort darüber, welche Rolle ein perfekter Körper für die Identität spielt und wie sich eine Dragqueen optimiert.
27.8., ARD, 22.45 Uhr: "Mekka 1979"
Am 20. November 1979 um 5.30 Uhr Ortszeit stürmten mehrere Hundert schwer bewaffnete Männer die Große Moschee in Mekka und verwandelten die heiligste Stätte des Islam in eine unbezwingbare Festung. Die Rebellen forderten die Abdankung der saudi-arabischen Königsfamilie, die Ausweisung aller "gottlosen" Ausländer und den Wiederaufbau eines radikalislamischen Staats.
Zwei Wochen dauerte die Besetzung, bei der knapp tausend Menschen ums Leben kamen. Die Armee des saudi-arabischen Königshauses bekam den heiligen Ort nur mit der Hilfe der neu aufgebauten französischen Anti-Terror-Einheit der Gendarmerie und dem Einsatz von Gas wieder unter Kontrolle. Heute kann davon ausgegangen werden, dass das lange totgeschwiegene Ereignis wahrscheinlich die Geburtsstunde des islamistischen Terrors war. Regisseur Dirk van den Berg sprach während seiner fünfjährigen Recherchen exklusiv mit Protagonisten und Zeugen des dramatischen Ereignisses, erhielt Zugang zu bis dato unbekannten Privatarchiven aus Militär- und Zivilkreisen und analysierte die Aussagen von arabischen, französischen und amerikanischen Geheimdienstmitarbeitern.
Sein Dokumentarfilm zeigt, wie das Zusammenspiel von historischen, politischen und religiösen Umständen zu dem blutigen Gewaltakt der Islamistengruppe führte, und inwiefern die Besetzung der Großen Moschee ein Kapitel in der saudi-arabischen Geschichte beendete, das mit dem Dollarsegen aus der Ölindustrie so vielversprechend begonnen hatte.
Zudem verdeutlicht er die Folgen: Nach dem blutigen Zwischenfall ließ das saudische Königshaus den wahhabitischen Fundamentalisten weitgehend freie Hand; ihre radikalsten Vertreter wurden weit weggeschickt und predigen seither in Afghanistan und dem Rest der Welt.
27.8., 3sat, 23.40 Uhr: "37 Grad: Die Schicksalswender"
Sozialarbeiter helfen Menschen, die auf der Schattenseite unserer Gesellschaft stehen. Für diese verantwortungsvolle Arbeit werden sie schlecht bezahlt und müssen einige Belastungen aushalten. Daniela Hoyer hat zwei von ihnen begleitet. Beide leben und arbeiten im Ruhrgebiet. Sabine B. jilft, alten Menschen, so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Pablo M. unterstützt in Gelsenkirchen Familien, in denen häufig das Wohl der Kinder gefährdet ist.
Sabine B. ist seit dreißig Jahren Sozialarbeiterin. Die 57-Jährige leitet das Seniorenbüro Süd, eine Außenstelle des Sozialamts Bochum. Weitgehend auf sich allein gestellt, kümmert sie sich in fünf Stadtteilen um alte Menschen, die durch Krankheit, Schicksalsschläge oder das Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte ihr Leben nicht mehr im Griff haben. Oft leben diese Menschen allein und haben keine Angehörigen mehr. Sabine B. unterstützt die Senioren bei der Organisation ambulanter Hilfen wie Pflegedienst, Essen auf Rädern oder gesetzliche Betreuung. Sie erledigt Telefonate oder hilft bei der Suche nach einer barrierefreien Wohnung. Und sie hat immer ein offenes Ohr für die alten Menschen, etwa, wenn sie einen Angehörigen verlieren und allein zurückbleiben.
Zu ihren Schutzbefohlenen gehört auch Frau K., die an einer schnell fortschreitenden Frühdemenz erkrankt ist. Wenn Sabine B. sie nicht daran erinnert, vergisst Frau K. sogar zu essen. Die 66-Jährige wiegt nur noch 39 Kilogramm. Die Sozialarbeiterin muss entscheiden, ob es noch zu verantworten ist, Frau K. allein wohnen zu lassen. Auch Pablo M. kennt solche Fälle, die ihn manchmal bis in den Schlaf verfolgen. Der 35-Jährige ist sozialpädagogischer Familienhelfer bei der Diakonie in Gelsenkirchen. Er hilft jungen Familien, in ihrem Leben wieder einen Anker zu finden. Häufig betreut er alleinerziehende Mütter und Väter, bei denen das Wohl der Kinder gefährdet ist. Pablo M. arbeitet im Auftrag des Jugendamts und spricht Empfehlungen dazu aus, ob Kinder eventuell aus den Familien herausgenommen werden sollten. Das ist viel Verantwortung für den Sozialarbeiter. Mit Geduld und Einfühlungsvermögen versucht er, zu den Menschen durchzudringen.
Als Vermittler zwischen Amt und Familie erfüllt er eine wichtige Kontrollfunktion. Auf ihrem jeweiligen Gebiet übernehmen die beiden Sozialarbeiter viel Verantwortung. Hautnah erleben sie Fälle von Einsamkeit, Überforderung und Verwahrlosung, aber immer wieder auch Momente stillen Glücks, wenn ihre Hilfe Früchte trägt.
28.8., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Die Berührerin"
In der Werbung, in Filmen, in unserem Alltag ist Sex omnipräsent. Sexualität von Menschen mit Behinderungen ist allerdings ein Tabuthema, erst recht, wenn die Behinderung geistiger Natur ist. Selbstverständlich haben auch Menschen, die sich verbal womöglich nicht ausdrücken können, deren Selbstbestimmung aufgrund ihrer körperlichen Einschränkung im täglichen Leben oft gegen null geht, sexuelle Bedürfnisse, aber darüber will kaum jemand sprechen. Julia Knopp und Max Damm stellen eine Frau vor, bei der das schon von Berufs wegen anders: Edith Arnold besucht diese Menschen und wird intim mit ihnen; gegen Bezahlung.
"Sexualbegleitung" ist die sachliche Bezeichnung für einen durchaus romantischen Vorgang: Edith betritt einen Raum, sie macht leise Musik an und dimmt das Licht. Im Krankenbett liegt Tim. Der junge Mann kann nicht sprechen, aber seine Vorfreude ist zu spüren. Die Frau spricht leise zu ihm, während sie sich über ihn beugt. Nach einiger Zeit berührt sie ihn. Es geht um Aufmerksamkeit, um körperliche Nähe. Die Details bleiben ein Geheimnis zwischen Edith und Tim.
Der Film porträtiert die 29-jährige Edith und stellt immer wieder die Frage, ob ihre Arbeit einen Zugewinn an Selbstbestimmung für Menschen mit geistiger Behinderung darstellt. Die Sexualbegleiterin selbst plädiert für mehr Differenziertheit bei diesem Thema; sie sieht sich nicht als Heilige, aber auch nicht als Prostituierte. Aber warum hat sich die Hamburgerin für diesen ungewöhnlichen Beruf entschieden? Der Film versucht, ihr Handeln sowie ihre Motivation zu ergründen, und hinterfragt ihr Tun kritisch. Wo genau liegt die Abgrenzung zur Prostitution? Immerhin nimmt Edith Geld für sexuelle Leistungen. Eine Stunde kostet 150 Euro.
Wie funktioniert die Kommunikation mit ihren Kunden, und woran erkennen Edith Arnold, die Eltern oder das Pflegeumfeld, dass jemand mit einer geistigen Behinderung den Wunsch nach Nähe und Sexualität verspürt? Die Mutter des schwerbehinderten Tim hat sich für Sexualbegleitung entschieden. Sie hat das sexuelle Bedürfnis ihres Sohnes früh bemerkt und wollte ihm in dieser Notsituation helfen. Der Besuch einer "Professionellen" kam nicht in Frage; die Lösung heißt seit vier Jahren Edith Arnold.
Der Film ist ein ebenso mutiger wie respektabler Versuch von "37 Grad", sich mit diesem durchaus umstrittenen und kaum bekannten Thema auseinanderzusetzen.
28.8., Arte, 23.30 Uhr: "Global Family"
Der Dokumentarfilm erzählt von einer Familie aus Somalia, die aufgrund des brutalen Bürgerkriegs in ihrer Heimat auf der ganzen Welt verteilt lebt. Imra, mit über achtzig Jahren die Älteste des Clans, muss ihr Exil in Äthiopien verlassen. Die Familie muss schnell eine Lösung finden. Doch wo soll Imra hin? Dorthin, wo die anderen Familienmitglieder längst ihren eigenen Träumen von Heimat und Zukunft nachgehen? Imras ältester Sohn Shash, legendärer Ex-Kapitän der somalischen Fußball-Nationalmannschaft und dort so berühmt wie hierzulande Franz Beckenbauer, ist in Bonn-Tannenbusch ein Flüchtling unter vielen. Mit seiner Tochter Yasmin versucht er, die greise Mutter nach Deutschland zu holen, um einen Teil der Familie wieder zu vereinen. Doch es gibt große Hindernisse innerhalb und außerhalb der Familie. So entwickelt sich ein transnationales Familiendrama.
"Global Family" ist eine Art moderner Heimatfilm, der sich mit den existenziellen Fragen eines Lebens und Überlebens in der Heimatlosigkeit beschäftigt. Die porträtierte Familie, zerrissen in der weltweiten Diaspora, kann exemplarisch stehen für das Schicksal unzähliger Flüchtlingsfamilien. Es ist ein brandaktueller Film, auch vor dem Hintergrund der Diskussion in Deutschland über den Familiennachzug von Flüchtlingen.
29.8., Arte, 23.55 Uhr: "Junction 48"
Kareem ist ein junger palästinensischer Musiker, der in Lod lebt, einer Vorstadt von Tel Aviv. Wie seine Freunde hat auch er einen israelischen Pass, als Angehörige der arabischen Minderheit gehören Schikanen von Behörden und der jüdischen Bevölkerung jedoch zu ihrem Alltag. Mit seinen Freunden vertreibt er sich die Zeit auf der Straße, hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und träumt von einer Karriere als Rap-Musiker. Nachdem sein Vater bei einem schweren Autounfall ums Leben gekommen ist, bei dem auch seine Mutter schwer verletzt wurde, findet Kareem bei seiner Freundin, der Sängerin Manar, Halt.
Mit ihr teilt Kareem nicht nur die Leidenschaft und Faszination für die Welt des Hip-Hop, sie treten auch gemeinsam auf. Als es bei einem ihrer Konzerte dann zu einem Angriff jüdischer rassistischer Rapper kommt, beschließen Kareem und Manar, mit ihrer Musik ein Zeichen gegen die permanente Diskriminierung zu setzen. Damit geraten sie jedoch zwischen die Fronten - und zwar nicht nur zwischen die der palästinensischen und israelischen Gesellschaftsgruppen, sondern auch in den Konflikt zwischen den eigenen Träumen von Unabhängigkeit und den konservativen Positionen in ihrer "Community". Der preisgekrönte Film basiert auf den Erlebnissen von Tamar Nafar, Gründungsmitglied der Arabischen Hiphop-Band DAM; Nafar war auch Koautor des Drehbuchs.
29.8., WDR, 22.10 Uhr: "Judenhass in Europa"
Die Angst geht wieder um in Europa. Regelmäßig fürchten sich jüdische Menschen vor Angriffen auf offener Straße, ihre Kinder berichten von Mobbing in der Schule. Friedhöfe werden geschändet, bei Aufmärschen Hassparolen skandiert. Wir sind den Ursachen für diese neue Welle des Antisemitismus nachgegangen, in Deutschland sowie in den Nachbarländern Polen und Frankreich. In Polen sind Andreas Morell und Johanna Hasse vor allem einem Judenhass begegnet, der sich hinter einem wiedererwachten Nationalismus versteckt. Das Autorenpaar hat sich vor allem für die Frage interessiert, warum es auch und gerade in solchen Gesellschaften Antisemitismus gibt, in denen kaum noch Juden leben. Warum sind manche Vorurteile anscheinend nicht zu beseitigen?
Frankreich ist das einzige europäische Land, in dem es in den vergangenen Jahren jüdische Opfer von Gewalttaten gab. Hier ist die Welle der Auswanderungen von Juden nach Israel besonders groß. Das Problem des Antisemitismus wird vor allem auf muslimischer Seite verortet. Darüber haben Morell und Hasse mit Betroffenen gesprochen: mit Historikern und Philosophen wie Georges Bensoussan und Elisabeth Badinter, aber auch mit dem Rabbiner Michel Serfaty, der seit vielen Jahren versucht, zwischen den Religionen zu vermitteln. Am Schluss ist das Autorenpaar mit den Erfahrungen seiner Reise nach Deutschland zurückgekehrt, wo man gleichsam eine Schnittmenge der Phänomene findet. Hier haben sie sich mit Lösungen beschäftigt: mit Menschen, die Antisemitismus nicht für ein unveränderbares Problem halten, sondern für eine gesellschaftliche Herausforderung, der man sich stellen muss. Sie sehen ihren Film daher vor allem als Bestandsaufnahme und als Porträt von Menschen zwischen Verzweiflung und Hoffnung, zwischen Aufgeben und Widerstand.
29.8., BR, 19.00 Uhr: "Stationen: Papa heißt jetzt Verena"
Länger als dreißig Jahre lebte Verena im falschen Körper. Im Allgäu geboren und als Junge aufgewachsen, war sie ein eher schüchternes Kind. Sie spürte, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Nach außen führte sie in der Rolle und im Körper eines Mannes ein normales Leben, heiratete, renovierte ein Haus, zeugte Kinder. Doch innerlich war sie zerrissen, suchte die richtige Identität, bis immer klarer wurde: Sie steckt im falschen Körper, sie ist transsexuell; kein Mann, sondern eine Frau.
Weihnachten 2014 erlebte sie die schlimmste Woche ihres Lebens: Outing bei den Eltern, im Job, die Ehefrau wollte die Trennung. Einerseits die Erleichterung, endlich zu wissen, was "falsch" war, andererseits die Angst vor dem radikalen Neuanfang. Elisabeth Möst schildert in ihrem Film den harten Weg, den Verena nun gehen musste: mit psychologischen Gutachten, Arztbesuchen, Behördengängen, Scheidung und Mobbing bis hin zur geschlechtsangleichenden Operation im vergangenen Dezember. Ein neues Leben mit zahllosen Hürden.
30.8., 3sat, 20.15 Uhr: "Therapie unter Tannen"
Der Wald ist für uns längst nicht mehr nur Nutzfläche, sondern auch Ort der Rekreation. Immer mehr Ärzte und Wissenschaftler erkennen: Der Wald kann uns heilen. Deutschland hält EU-weit den grünen Rekord mit über elf Millionen Hektar Waldfläche. Doch unsere enge Beziehung zum Wald haben wir verloren und vergessen, wie er unsere Gesundheit positiv beeinflusst. Kann der Wald vielleicht sogar bei schweren Leiden helfen? Diese Frage wurde erstmals an der Nippon Medical School in Tokio wissenschaftlich untersucht. In Japan pflegen die Menschen traditionell ein enges Verhältnis zum Wald. Waldluft gilt dort als natürlicher Heiltrank.
In mehreren groß angelegten Studien fand der Mediziner Qing Li heraus, dass die Kraft der Bäume sogar wirksam vor Krebs schützen kann. Er untersuchte sogenannte Terpene in der Waldluft und deren Wirkung auf den menschlichen Organismus. Lis Forschungsergebnisse machen den Waldspaziergang zu mehr als einer Freizeitbeschäftigung: Schon ein Tag im Wald steigert die Zahl unserer natürlichen Killerzellen um fast 40 Prozent. Immer mehr Möglichkeiten bieten sich uns im Forst: Unternehmen schicken ihre Angestellten zum Survivaltraining und Suchtkranke suchen die Therapie unter Tannen.
Manche fangen sogar noch viel früher an: Forscher der Technischen Universität München untersuchen, welchen Einfluss das naturnahe Lernen sogenannter "Wald-Klassen" auf die Konzentration, den Stress und die Aktivität der Kinder hat. Ist das Heilmittel Wald bloß ein Trend oder tatsächlich ein geeigneter Therapeut? Experten empfehlen den bloßen Aufenthalt im Wald bei Bluthochdruck, Depressionen und hohem Stresshormonspiegel. Zahlreiche positive Effekte hat der grüne Erholungspark auf Körper und Geist. Im österreichischen Reichenau hilft ein Team aus Ärzten, Psychologen und Outdoor-Spezialisten des "Therapiesalons im Wald" suchtkranken und depressiven Menschen durch Wald-Aktivitäten eigene heilende Fähigkeiten zu aktivieren.
30.8., WDR, 22.10 Uhr: "Menschen hautnah: Ich bin Sophia!"
Sophia ist gerade zehn Jahre alt geworden. Sie sieht aus wie ein Mädchen und fühlt sich als Mädchen. Geboren wurde Sophia aber als Junge. Mit gerade mal vier Jahren beschloss sie, kein Junge mehr zu sein. Sie will nur noch Röcke und Kleider tragen und lässt sich die Haare lang wachsen. Am Anfang dachten ihre Eltern, es sei vielleicht nur eine Phase. Doch Sophia ist sich sicher: "Ich bin als Junge auf die Welt gekommen, aber ich war immer schon ein Mädchen. Schon seit ich ganz klein bin!". Sie reagiert aggressiv, wenn sie mit ihrem alten Namen angesprochen wird.
In der Klinik für Kinderpsychiatrie am Universitätsklinikum Münster bekommen die Eltern die offizielle Diagnose für Sophias Verhalten: Sophia ist ein Transgender-Kind. Beratungsstellen in Deutschland beobachten einen starken Anstieg von Kindern und Jugendlichen, die den Konflikt, im "falschen Körper" zu sein, erleben. Familien sind mit dieser Situation häufig überfordert. Ein neuer Name, andere Klamotten: Das ist meist nur der Anfang. Denn schon früh müssen Entscheidungen getroffen werden, die ein ganzes Leben bestimmen können. Nur das Beste für sein Kind zu wollen, ist plötzlich alles andere als einfach. Vor einem Jahr hat "Menschen hautnah" zum ersten Mal über Sophia berichtet.
Jetzt steht sie kurz vor der Pubertät und sagt: "Ich wünsche mir, dass ich ganz ein Mädchen bin, dass ich keinen Bart kriege und nicht so eine Stimme bekomme wie ein Mann!" Ihre Eltern unterstützen sie und wollen verhindern, dass sie die Pubertät eines Jungen erleben muss. Dabei könnten Pubertätsblocker helfen. Sie unterdrücken die Produktion von Sexualhormonen und damit das Einsetzen der Pubertät. Sophia gehört zur ersten Generation von transidenten Menschen, die bereits als Kind ihr Geschlecht ändern dürfen. So sind sie nicht mehr dazu gezwungen, im für sie als "falsch" empfundenen Körper aufzuwachsen. Aber können sich die Kinder sicher sein, dass sie dauerhaft im anderen, im gefühlten Geschlecht leben wollen? Können sie wirklich schon eine dauerhafte Aussage über ihre Geschlechtsidentität treffen?
30.8., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: 80 Kilo müssen runter"
In einem kleinen Dorf im Sauerland quält sich Guido Grevener (49) auf dem Bürgersteig einen kleinen Hügel hinauf. Mit jedem Schritt wird er langsamer, er atmet schnell, keucht und schwitzt. Nach 500 Metern bleibt Guido frustriert stehen: "Am Schützenfest muss man hier hoch marschieren, so lange wie die Musik spielt. Wenn ich das nicht schaffe, dann kann ich kein König werden." Einmal Schützenkönig sein, das ist Guidos großer Traum. Doch es gibt ein Problem: Guido wiegt fast 200 Kilo. Deswegen hat er vor über einem Jahr einen Entschluss gefasst: Bis Juli 2018, wenn das Vogelschießen um die Königswürde stattfindet, will er so fit sein, dass er im großen Festumzug durch das Dorf marschieren kann. 80 Kilo müssen runter. Ein ehrgeiziges Ziel, denn der Disponent eines Chemie-Unternehmens liebt Grillabende mit Freunden und Dorffeten mit viel Bier.
Zunächst ist Guido auf einem guten Weg: Er geht regelmäßig zum Sport, achtet auf seine Ernährung und besucht eine Selbsthilfegruppe für Übergewichtige. Die Kilos purzeln. Seine Ehefrau unterstützt ihn, wo sie nur kann. Einige Monate vor dem Schützenfest stürzt Guido in eine Krise. Seine Knie machen Probleme. Er kann keinen Sport mehr machen, fällt zurück in alte Essgewohnheiten und nimmt wieder zu. Seine Ärzte sind besorgt, sein Übergewicht wird immer gefährlicher. Nun geht es nicht mehr nur um die Krone, sondern um sein Leben. Guido hat Angst vor einer Lungenembolie, Angst zu sterben. Und bis zum Schützenfest ist nicht mehr viel Zeit. Wird er es schaffen, bis dahin wieder fit zu sein? Und wird es ohne eine Magenverkleinerung gehen? Diese Operation könnte sein Leben verlängern, aber Guido hat Angst, dass ein kleinerer Magen zu viele Einschränkungen mit sich bringt.
30.8., ARD alpha, 21.00 Uhr: "Mohammad Mustermann"
Der Titel "Mohammad Mustermann" ist eine clevere Provokation: Menschen, die eine schleichende Islamisierung des Landes befürchten, werden sich bestätigt fühlen. Dabei dokumentiert Matthias Deiß in seiner Langzeitreportage, wie quälend lang es dauert, bis sich der Status eines Flüchtlings ändert. Man spricht bei Filmen wie diesen gern von den "Geschichten hinter den Schlagzeilen", und genau darin liegt Deiß’ Verdienst: Zwei Jahre lang hat er drei Männer begleitet, die im März 2015 nach Deutschland gekommen sind. Er beginnt mit einem Happy End: Mohammad Alabdulla schließt am Berliner Flughafen Schönefeld unter vielen Tränen Frau und Kinder in seine Arme. Die Familie war derart lange getrennt, dass er sein jüngstes Kind noch nie gesehen hat.
Anschließend blendet Deiß zurück und stellt das Trio vor, das er 17 Monate zuvor in einem Berliner Erstaufnahmelager kennen gelernt hat. Der Autor verzichtet konsequent darauf, selbst explizit Stellung zu nehmen. Die geschilderten Bedingungen sprechen für sich, und wo das nicht reicht, macht eine ehrenamtliche Flüchtlingshelferin ihrem Unmut Luft. Vor allem die umständliche Bürokratie verhindert, dass die Anträge des Trios reibungslos verarbeitet werden. Da Deiß die Ereignisse konsequent aus Sicht der drei Männer schildert, lassen sich deren Gefühle ausgezeichnet nachvollziehen. Während der Syrer Mohammad (33) recht bald als Flüchtling anerkannt wird, muss sein Freund und Landsmann Nedal (20) eineinhalb Jahre warten, "bis sein Leben in Deutschland endlich beginnen kann", wie es im Kommentar heißt. Das Schicksal des Dritten im Bunde, Abdu (33) aus Libyen, ist allerdings ungleich tragischer: Er ist mit einem Kriegstrauma nach Deutschland gekommen. Weil er nicht angemessen psychiatrisch behandelt wird, verliert er immer wieder die Kontrolle. Es kommt zu mehreren Anzeigen wegen Körperverletzung, er muss das Flüchtlingsheim verlassen und landet auf der Straße. Deiß schildert das alles nüchtern und sachlich. Wenn sein Film ans Mitgefühl appelliert, dann durch die Bilder, nicht durch den Kommentar.
30.8., HR, 23.15 Uhr: "Der Tempelberg in Jerusalem"
Nirgendwo sonst sind Religion, Geschichte und Gegenwart so dramatisch miteinander verflochten wie hier: der Tempelberg in Jerusalem, mythischer Ort der Menschheitsgeschichte, heiliger Ort für Juden, Christen und Muslime. Geliebt und umkämpft, Brennpunkt des Nahost-Konflikts. Der Tempelberg ist der wichtigste Ort des Judentums und zugleich der drittheiligste Ort für Muslime. Erbittert wird darum gestritten, wer welche Ansprüche auf diesen Ort hat. Archäologen könnten zumindest helfen, religiöse Legende von verbürgter Geschichte, historischen Fakten trennen. Sie fürchten, dass Israel aus der biblischen jüdischen Vergangenheit des Ortes politische, religiöse und territoriale Ansprüche für die Gegenwart und die Zukunft ableitet. So wird jeder Stein, jeder Zugang bewacht und kontrolliert.
Das Gelände umfasst nur 14 Hektar, aber es sei der größte unbekannte antike Ort des Landes, meint der israelische Archäologe Ronny Reich. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen die Al-Aqsa-Moschee und die Klagemauer, Reste jüdischer Tempel unter Schichten muslimischer Bebauung. Simone Jung lässt in ihrem Film alle Seiten zu Wort kommen: den Großmufti von Jerusalem und den streng gläubigen orthodoxen Juden Jehuda Glick, den israelischen Archäologen Gaby Barkai und den palästinensischen Nazmi Jubeh. Sie besucht mit ihnen die heiligsten Stätten der Juden und der Muslime. Religiöse, politische und historische Deutungen prallen aufeinander.
Der Berg ist nicht nur ein historisches und archäologisches Rätsel, er ist immer wieder auch ein aktueller politischer Stein des Anstoßes. Aber kommt es wirklich darauf an, wer zuerst da war? Mit dem Blick auf die Geheimnisse des Tempelbergs stellt der Film eine grundlegende historische Frage von höchster aktueller Brisanz, und das nicht nur für den Nahostkonflikt: Gibt es ein Verfallsdatum für Geschichte? Eine analytische Annäherung an einen geheimnisvollen Ort, der die ganze Welt in Atem hält.