Die Geschichte der knapp sechsstündigen Miniserie basiert auf einer Idee von Produzentin Lisa Blumenberg und spielt in der Welt der Hochfinanz. Trotz der faszinierenden Möglichkeiten dieses Sujets haben sich ARD und ZDF in der Vergangenheit nur selten an entsprechende Stoffe getraut, zumal Hollywood-Produktionen wie "Wall Street" (1987) von Oliver Stone oder "The Wolf of Wall Street" (2013) von Martin Scorsese unerreichbar scheinen. "Dead Man Working" (2016) vom Hessischen Rundfunk zum Beispiel war eine kühl gefilmte und emotionslose Abrechnung mit der ungezügelten Gier des Finanzwesens, hat bei aller sichtbaren Ambition aber auch ein etwas unbefriedigendes Gefühl hinterlassen. Natürlich ist die komplizierte Welt des Bankwesens ziemlich weit weg vom Alltag der Zuschauer. Womöglich beginnt "Bad Banks" auch deshalb mit ganz normalen Menschen, die nach einer Bankenpleite vergeblich versuchen, ihre Konten leer zu räumen, während der Finanzminister im Fernsehen beteuert: "Ihr Geld ist sicher".
Heldin der Serie ist eine junge Frau: Paula Beer, für ihre Rollen in "Poll" und "Frantz" für diverse Nachwuchspreise nominiert (und mehrfach ausgezeichnet), spielt eine Investmentbankerin, die als Sündenbock für die Fehler eines Kollegen büßen muss, eine neue Chance bekommt, für die größte deutsche Bank ein milliardenschweres Projekt an Land zieht und die Finanzwelt schließlich in eine ähnliche Krise stürzt wie vor einigen Jahren die Pleite der US-Bank Lehman Brothers. Mit Unterstützung durch Jana Burbach und Jan Galli erzählt Chefautor Oliver Kienle die Geschichte als Heldinnenreise einer Frau, deren Höhenflüge ständig von abgrundtiefen Abstürzen bedroht sind. Buch und Regie garnieren diesen grimmigen Gegenentwurf zu "Alice im Wunderland" zwar mit Koks und Sex, aber den eigentlichen Reiz von "Bad Banks" macht die Wandlung der anfangs in gewisser Weise bodenständigen Hauptfigur Jana Liekam aus: Sie lernt schnell, auch die miesen Tricks; und sie weiß alsbald, den vermeintlichen Nachteil, eine Frau zu sein, in einen Vorteil umzumünzen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Die Wahl der Hauptdarstellerin war nicht nur deshalb vortrefflich, weil Paula Beer eine gute Schauspielerin ist. Jana ist keine umwerfend attraktive Powerfrau, sondern ein fragiles Wesen; dass die Kamera (Frank Lamm) ihren neuen Boss, Gabriel Fenger, stets aus einer leichten Untersicht zeigt, hängt nicht nur damit zusammen, dass der Mann einen Kopf größer ist. Barry Atsma war die zweite gute Besetzungsidee: Der Holländer hat schon in einigen deutschen TV-Produktionen mitgewirkt, zuletzt und allen voran in der Charlotte-Link-Verfilmung "Die letzte Spur", aber in "Bad Banks" ist er als charismatischer Quarterback der hungrigen jungen Investmentabteilung nicht minder preiswürdig als Paula Beer. Ähnlich eindrucksvoll ist Désirée Nosbusch als Grande Dame der Hochfinanz, deren gewinnendes Auftreten erfolgreich kaschiert, dass sie aus dem gleichen Holz geschnitzt ist wie die Männer der Branche. Aufregendste Frau des Films ist allerdings Mai Duong Kieu, die zuletzt in der Degeto-Komödie "Mein Schwiegervater, der Stinkstiefel" beeindruckte, als Janas Mitstreiterin in Fengers Team. Ganz enorm ist auch die Präsenz von Albrecht Schuch, der unter Schwochows Regie schon im "NSU"-Film (als Uwe Mundlos) herausragend war; er spielt den Dritten im Bunde eines Trios, das die Welt an den Rand einer neuen Finanzkrise führt. Für die menschliche Komponente des Films sorgt im Alleingang Jörg Schüttauf als schwerkranker Leipziger Oberbürgermeister Schultheiß, der mit dem Projekt "Leipzig 2025" vor seinem Tod noch seinen Lebenstraum verwirklichen will. Für Fenger ist das alles nur ein Spiel; für Schultheiß ist es viel mehr. Mindestens so imposant wie die darstellerischen Leistungen – unbedingt zu erwähnen ist auch Tobias Moretti als undurchsichtiger Chefbuchhalter der Bank, der Fenger gleich zweimal in eine fiese Falle lockt – sind die Drehbücher; regelmäßig gewinnen scheinbar überflüssige Nebenstränge unerwartet an Bedeutung. Gleichfalls preisverdächtig ist die Umsetzung: Der optische Aufwand ist nicht nur wegen der internationalen Schauplätze enorm; auch die Bildgestaltung ist vorzüglich. Lamms Kamera ist viel in Bewegung, ohne dabei in Hektik zu verfallen. ZDF Neo wiederholt die Serie heute und an den beiden nächsten Donnerstagen in Doppelfolgen.