Modelabel "Bayti hier" wirbt für Toleranz

Gründungsmitglied Mohammad Ali und Praktikantin Malisa in der Nähwerkstatt des Münsteraner Modelabels "Bayti hier".
epd-bild/Angelika Osthues
Gründungsmitglied Mohammad Ali und Praktikantin Malisa in der Nähwerkstatt des Münsteraner Modelabels "Bayti hier".
Modelabel "Bayti hier" wirbt für Toleranz
Projekt aus Münster bietet Flüchtlingen Beschäftigungs- und Integrationsmöglichkeit
Aufruf zu einer neuen Willkommenskultur: Ein junges Modeunternehmen aus Münster will mit einem Mix von deutsch-arabischen Stilen ein friedliches Zeichen für eine offene, tolerante Gesellschaft auf die Straße bringen.

Das T-Shirt ist weiß, hat einen lockeren Schnitt. Doch die orientalisch anmutenden Schmuckborten an den Ärmeln machen es zum Blickfang. Was ebenfalls auffällt, ist ein arabischer Schriftzug auf der Brust. "Gemeinsam vereint", heißt er übersetzt. "Mit unserer Mode wollen wir Harmonie zwischen westlichen und östlichen Kulturen schaffen", sagt Start-Up-Gründer Michael Kortenbrede aus Münster. Menschen, die seine T-Shirts, Sweatshirts, Kappen und Taschen tragen, sieht er als Botschafter für eine offene und tolerante Gesellschaft: "Unser Ziel ist es, fremdenfeindlichen Strömungen entgegenzuwirken."

Ein T-Shirt aus der Kollektion: Das Unternehmen kombiniert westliche Stile mit orientalischen Stoffen, Mustern und Schriftzuegen.

Kortenbrede studiert Betriebswirtschaftslehre. Mode war für ihn früher eigentlich nie ein Thema. Wohl aber für seine Cousine Pia Brillen, die als Lehrerin für Textiles Gestalten arbeitet. Als Reaktion auf die Wahlerfolge der rechtpopulistischen Partei AfD gründeten die Zwei im Frühjahr 2017 das Modelabel "Bayti hier". "Bayti" ist arabisch und bedeutet "Mein Zuhause". Das dazu gestellte "hier" soll geflüchteten Menschen signalisieren, dass sie in Deutschland ein neues Zuhause gefunden haben.

Zugleich bietet das Projekt Flüchtlingen eine Beschäftigungs- und damit Integrationsmöglichkeit. Auf der Suche nach Mitarbeitern hörten sich Kortenbrede und Brillen um und lernten in einem Welcome-Café Ilham Hasan und Mohammad Ali Alnamous kennen. Das junge Paar hatte in Damaskus in einer Näherei gearbeitet und war 2015 über den Libanon nach Deutschland geflüchtet. Heute sind sie 450-Euro-Kräfte bei "Bayti hier". Er sei glücklich über die Chance, sagt Mohammad, der auch Gründungsmitglied des Start-Ups ist.

"Wir hatten damals keinen Business-Plan, dafür aber eine Idee", erinnert sich Kortenbrede. Mit einen Startkapital von gerade einmal 6.000 Euro richtete er mit seiner Cousine einen Onlineshop ein. Sie drehten ein Werbevideo, das sie in den sozialen Medien platzierten. Später bauten sie einen Bauwagen zu einem Verkaufsstand um, mit dem sie zwei Mal pro Woche den Münsteraner Wochenmarkt am Domplatz ansteuern.

Start-Up-Gründer Pia Brillen und Michael Kortenbrede vor dem umgebauten Verkaufswagen.

Eine Crowdfunding-Aktion im November 2017 brachte weitere 9.500 Euro ein. Das ermöglichte ihnen, die Kollektion zu erweitern und die Jobs der syrischen Näher vorerst zu sichern. Unterstützt werden sie außerdem von einem halben Dutzend ehrenamtlicher Mitarbeiter. Seit kurzem ist auch eine Biologin aus Ägypten mit im Boot. Wie Ilham Hasan und Mohammad Alnamous macht sie einen Sprachkurs und kommt nach dem Unterricht in die Nähwerkstatt. Die liegt in einem Gewerbegebiet im Norden Münsters und wurde dem Jungunternehmen von der benachbarten Klebstofffabrik als kostenlose Zwischenmiete überlassen. Allerdings steht bald ein Umzug an, denn der Vertrag läuft Mitte August aus. Ersatz ist aber schon in Sicht.

Der Stil von "Bayti hier" ist sportlich-lässig: Die Kleidungsstücke kommen aus fairem Handel und werden in Münster mit orientalischen Stoffen und Drucken veredelt. "Dabei muss man durchaus aufpassen, dass man nichts falsch macht", erklärt Kortenbrede. So hätten sie für ein T-Shirt eine Borte in einer bestimmten Farbe favorisiert, bis sie erfuhren, dass diese beim IS beliebt sei. "Aber vor solchen Fehlern bewahren uns unsere arabischen Mitarbeiter und der Austausch mit anderen Flüchtlingsorganisationen", erzählt er. Gerade ist ein Großauftrag für Kosmetiktaschen hereingekommen.

"Bayti hier" funktioniere auch als Multiplikator, freut sich Kortenbrede. Ein Kunde etwa habe sich mit seinem arabischen Friseur angefreundet, nachdem der den Schriftzug "gemeinsam vereint" auf seinem T-Shirt sah. Negative Erfahrungen hat der Firmengründer bisher noch keine gemacht. Nur einmal sei er auf dem Wochenmarkt von einem Passanten angegrummelt worden. Er könne sich aber vorstellen, dass das in anderen Städten problematischer sei, sagt der Jungunternehmer. Münster war bei der Bundestagswahl 2017 der einzige Wahlkreis, in dem die AfD nicht über die Fünf-Prozent-Hürde kam.