Er ist ein etwas vierschrötiger Polizist, den es von der Mordkommission in die Abteilung zur Bekämpfung des Schmuggels von Kunstgütern verschlagen hat; sie ist Kunsthistorikerin und mit ihrem eher sanftem Gemüt das exakte Gegenstück zu dem aufbrausenden Ermittler. Trotzdem müssen sie sich nach dem Raub eines Gemäldes aus einem Museum und der Ermordung des Diebs irgendwie zusammenraufen, denn den Fall können sie nur gemeinsam lösen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Aufwand und Machart der zwölfteiligen französischen Krimiserie unterscheiden sich zwar nicht sonderlich vom Durchschnitt deutscher Produktionen, aber die Geschichten sind durchaus ungewöhnlich. Die ersten beiden Folgen tragen den Titel "Der Da Vinci Code". Der Inhalt hat allerdings nur am Rande mit dem Bestseller von Dan Brown und der gleichnamigen Verfilmung mit Tom Hanks zu tun: Nach dem Diebstahl entwickelt die im Louvre angestellte Kunsthistorikerin Florence Chassagne (Eléonore Gosset) die gewagte Theorie, hinter dem unscheinbaren Bild eines wenig bekannten Malers könne sich in Wirklichkeit ein gewagtes Werk da Vincis verbergen; der Wert dieses verschollenen Gemäldes wäre unermesslich.
Kommissar Antoine Verlay (Nicolas Gob) kennt immerhin die Mona Lisa, aber ansonsten ist sein künstlerischer Sachverstand recht überschaubar. Dass er sich trotzdem mit verschwundener Kunst befasst, hängt mit seinem Temperament und seiner Scheidung zusammen: Seit ihn seine Frau verlassen hat, ist Antoine nicht mehr der Alte, weshalb er die Mordkommission verlassen musste. Aber auch die sonst so souveräne Florence hat eine Schwäche: Weil sie sich dauernd an ihrem Vater (Philippe Duclos) misst – der alte Herr ist die größte Leonardo-Koryphäe Frankreichs –, leidet sie unter Höhenangst. Ausgerechnet der grobkörnige Verlay scheint ihr jedoch gut zu tun; in seiner Gegenwart treten die Schwindelgefühle nie auf. Etwas gewöhnungsbedürftig sind dagegen die Visionen der Kunsthistorikerin: Von Zeit zu Zeit hat sie Halluzinationen großer alter Meister. Immerhin helfen ihr die Visionen bei der Lösung der Fälle. Weitere Hinweise findet sie versteckt in den Kunstwerken; auch das eine Parallele zu Browns Thriller.
Ausflüge in die kunstgeschichtliche Vergangenheit
Zum Auftakt verteilt die erfahrene Serienregisseurin Charlotte Brändström die Spannung geschickt auf zwei Ebenen: hier die widerwillige Kooperation zwischen Polizist und Expertin, dort die Suche nach dem verschwundenen Gemälde. Gerade die zweite Folge entwickelt dabei auch einen gewissen Nervenkitzel, und das nicht nur, weil sich rausstellt, dass der alte Chassagne irgendwie in den Raub verwickelt ist; dabei führte die Spur zunächst zu einer ebenso vermögenden wie eigenwilligen Kunstsammlerin (Miou-Miou). Und selbstredend muss sich Florence schließlich doch noch ihrer Höhenangst stellen, als sie und Antoine in einem uralten Gemäuer einen geheimen Gang entdecken.
Die Serie hat einige schöne Schauplatze zu bieten; auch die Ausflüge in die kunstgeschichtliche Vergangenheit stellen einen nicht unerheblichen Reiz dar. Für heitere Momente sorgen die Verbalscharmützel zwischen den beiden Hauptfiguren: Für Florence ist Antoine ein "unkultivierter Rabauke, der Botticelli für eine Spaghetti-Marke hält"; er wiederum erklärt seinem Chef, er brauche "keine Leseratte, die ihm seinen Job erklärt." Die flotte elektronische Musik im Stil von Tangerine Dream rundet "The Art of Crime" zu einer sehenswerten Serie ab. Die sechs Fälle werden jeweils in zwei Folgen erzählt, die ZDF-Ableger Neo freitags ab 21.45 Uhr immer hintereinander zeigt.