Der Mann ist Sozialreferent und seine Tat daher ein Fall für die Abteilung Interne Ermittlungen. Prohacek, die den Schmerz des Vaters sehr gut nachvollziehen kann, lässt sich von seinen Mutmaßungen anstecken. Sie beginnt zu recherchieren und findet raus, dass bei dem Test womöglich tatsächlich nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist; offenbar ist Streumunition eingesetzt worden, die in Deutschland verboten ist. Als sich schließlich der Militärische Abschirmdienst (MAD) einmischt und die Ereignisse zur Verschlusssache erklärt, weiß die Kriminalrätin, dass sie auf dem richtigen Weg ist.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Neben der stets fesselnden und ausnahmslos vorzüglich gespielten Handlung imponiert "Verschlusssache" einmal mehr durch den Mut der Verantwortlichen, ein heißes Eisen anzupacken. Ähnlich wie in Daniel Harrichs Thriller "Meister des Todes" (2015) geht es letztlich um illegale deutsche Waffenexporte. Dem Autor Mike Bäuml kommt dabei nicht nur das Verdienst zu, das Beziehungsgeflecht zwischen Bundeswehr (repräsentiert durch Johannes Zirner als Wemmers Vorgesetztem), Rüstungsindustrie (Peter Kremer) und Lobbyisten (Felix Vörtler) glaubwürdig zu entschlüsseln, sein Drehbuch steckt zudem voller zum Teil technisch anspruchsvoller Informationen, die sich aber auf einen einfachen dialektischen Nenner bringen lassen: Es gibt gute Munition und böse Munition. Böse Munition streut und ist völkerrechtlich geächtet, gute, "intelligente" Munition trifft angeblich nur "harte" Ziele, so dass es nicht zu Kollateralschäden kommt. Die entsprechenden Dialoge sind nie jedoch langatmig oder überfordernd. Dass sich die Geschichte nicht in technischen Details verliert, hängt nicht zuletzt mit dem emotionalen Anteil zusammen: Ohne je gefühlig zu werden, stellt der Film die Betroffenheit des Vaters in den Vordergrund. Tiefe bekommt diese Figur, weil Wemmer den Wehrdienst "selbstverständlich verweigert" hat und mit seinem Sohn über Kreuz lag, als der sich verpflichtet hat. Endgültig schmutzig wird die Sache, als ein Oberst (Gerhard Wittmann) behauptet, der junge Mann habe Antidepressiva genommen, und somit andeutet, es könne sich um einen Suizidversuch gehandelt haben, was natürlich Folgen für die Versicherung hätte; deshalb solle es doch besser beim Testunfall bleiben. Die Haltung des Films zeigt sich nicht zuletzt in einem Dialog zwischen Prohaceks Mitarbeiter Langner (Rudolf Krause) und dem Vorgesetzten. Als Reiter sagt, er wisse nicht mal, was der MAD genau mache, wirft Langner trocken ein: "Waterboarding".