16.6., Arte, 23.30 Uhr: "Streetphilosophy: Der Wille in mir"
Tag für Tag trifft der Mensch hunderte Entscheidungen. Aber welche Motive haben wir dabei, und wie kommen sie zustande? In dieser Folge von "Streetphilosophy" stellt sich Jonas Bosslet die Frage, wie frei wir in unseren Entscheidungen sind. Sind wir unseres Glückes Schmied? Oder ist von Geburt an klar, was aus uns wird, weil unsere Gene, unsere Eltern, unser Umfeld die Weichen gestellt haben? Jonas trifft Noah Becker bei einer Jamsession seiner Band Bakery. Noah hat ein Luxusproblem: Sein Vater, Tennislegende Boris Becker, ist reich und berühmt. Als Promisohn stehen Noah viele Türen offen, die anderen verschlossen bleiben. Was aber, wenn man keine Lust auf den ganzen Zirkus hat? Bei den Kreuzberger Schülern Knut und Anna ist es genau umgekehrt. Sie haben keinen so einfachen Start ins Leben und besuchen eine Brennpunktschule. Jonas holt Anna und Knut mittags vom Unterricht ab und zieht mit ihnen um die Häuser. Überall hört und liest man, dass diese Jugendlichen keine Perspektiven haben, dass nichts aus ihnen werden kann. Anna und Knut behaupten aber das Gegenteil: Du kannst alles schaffen, wenn du nur willst! Einen eisernen Willen haben auch Profisportler. Deshalb trifft sich Jonas mit dem Philosophen Sebastian zu einem Spiel der Basketballer von Alba Berlin. Bei einer Zigarette auf dem Balkon der Arena sprechen die beiden darüber, was Willensfreiheit bedeutet. Nach dem Spiel ist Jonas mit Alba-Profi Akeem Vargas in der Umkleidekabine verabredet. Er gilt als Musterprofi, der unermüdlich auf Ziele hinarbeitet und genau weiß, was er will. Aber immer wissen zu müssen, was man will und warum, kann furchtbar anstrengend sein. Was, wenn man den Wunsch hat, seinen freien Willen abzugeben - oder mehr noch: sich dem Willen eines anderen Menschen zu unterwerfen? Darüber spricht Jonas mit Lady Mercedes und Lady Marlon in ihrem Dominastudio in Berlin-Spandau. Ein Besuch bei ihnen hat für viele Männer etwas Therapeutisches, sagen sie.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
17.6., ZDF, 9.30 Uhr: "Evangelischer Gottesdienst: Wir haben hier keine bleibende Stadt"
Moskau, die 15-Millionen-Metropole Russlands, ist eine Stadt zwischen Tradition und Moderne. Mitglieder der evangelischen Gemeinde berichten von ihrem Leben in Moskau.
"Das Leben hier verändert sich rasend schnell, und die Menschen müssen mit, wenn sie nicht auf der Strecke bleiben wollen", erzählt Aljona Hofmann, die Pfarrerin der deutschsprachigen Gemeinde in Moskau. Leben wie im Zeitraffer, das gilt auch für ihre Gemeinde. Die meisten hier sind nur für drei bis vier Jahre in Russland, bis ihr beruflicher Weg sie wieder woandershin führt. Was gibt Halt im Wandel der Zeit? Das ist das Thema dieses Gottesdienstes unter dem Motto "Wir haben hier keine bleibende Stadt". Für die Musik sorgen Musiker der Gemeinde und ein deutsch-russischer Chor des Goethe-Instituts Moskau. Die Live-Übertragung war eigentlich für den 3. Juni geplant, konnte aber aus technischen Gründen nicht live aus Moskau gesendet werden. Das ZDF holt den Gottesdienst daher nun als Aufzeichnung nach.
17.6., ZDF, 22.30 Uhr: "Russlands Geheimnisse"
In Ergänzung zur Berichterstattung rund um die Fußball-WM hat sich Matthias Fornoff für diesen Film auf die Suche nach den unbekannten Seiten des Gastgeberlandes gemacht. Wer Russland hört, denkt an Wodka, Oligarchen und Korruption sowie die viel zitierte russische Seele. Über kaum ein Land gibt es so viele Stereotype und Mythen. Fornoff zeigt auf seiner Reise ein ganz anderes und oft verblüffendes Bild des Landes. Wer weiß schon, dass in Russland drei Mal mehr Frauen in Spitzenpositionen der Wirtschaft tätig sind als in Deutschland? Dass hier auch nach Ende des Kalten Krieges noch immer über vierzig geheime Städte existieren? Oder dass in Suprjagino, nahe der weißrussischen Grenze, russische Cowboys gewaltige Rinderherden hüten? Seine Entdeckungsreise führt Fornoff zum Volk der Mari nördlich der Wolga, das eine geheimnisvolle Naturreligion praktiziert. Er besucht die Hauptstadt Moskau, bis heute Schaltzentrale der Macht - aber neuerdings auch Hauptstadt der Hipster. Und er kommt ins Gespräch mit der Bevölkerung, die tief gespalten ist in Anhänger und Gegner von Präsident Putin. Russland, so heißt es, sei seit jeher ein Land der Extreme: zwischen technologischem Aufbruch und politischem Stillstand, Glanz und Elend, Größenwahn und Minderwertigkeitsgefühl. Die Dokumentation zeigt ein Land im Wandel, voller Gegensätze und Überraschungen.
17.6., RBB, 22.50 Uhr: "Griff nach der Freiheit"
Die Franzosen feiern den Sturm auf die Bastille; die ganze Welt weiß, wovon die Rede ist. Die USA feiern ihren Independence Day. Die Deutschen feiern den 3. Oktober als Nationalfeiertag. Viele wissen nicht, was er zu bedeuten hat. Dabei gab es einen Tag, an dem auch in Deutschland Gefängnisse gestürmt wurden. Gefängnisse, in denen Unschuldige als politische Gefangene einsaßen. 65 Jahre ist der Aufstand in der DDR her. Der Film zeigt, dass der 17. Juni ohne die Ereignisse in den Tagen und Wochen davor nicht denkbar gewesen wäre. Und er erzählt, was der "17. Juni" für den Osten und den Westen bedeutete. Damals stand das DDR-Regime für einen Moment nah am Abgrund. Sogar die Wiedervereinigung schien denkbar. Dann stellten sowjetische Panzer "Ruhe und Ordnung" wieder her. In der Bundesrepublik wurde der "17. Juni" fortan als "Tag der deutschen Einheit" gefeiert, in der DDR wurde er totgeschwiegen. Und 1990 wurde er nicht etwa zum Nationalfeiertag für das wiedervereinigte Deutschland erhoben, sondern abgeschafft. 65 Jahre nach dem Ereignis ist immer noch nicht entschieden, wie wir uns zu diesem einzigartigen Tag in der deutschen Nachkriegsgeschichte stellen. War es ein Arbeiteraufstand, weil er ja hauptsächlich von Arbeitern getragen wurde? War es ein Volksaufstand, weil er in Windeseile alle Bevölkerungsschichten ergriff und in Städten wie Dörfern gleichermaßen entbrannte? War es gar eine weitere gescheiterte deutsche Revolution? Der Film erzählt die Geschichte des Aufstands, der blutig niedergeschlagen wurde und in dessen Folge über fünfzig Menschen starben. Er reflektiert gleichzeitig über seine Bedeutung für Deutschland heute. Es gibt immer noch Neues zu entdecken. Ist es eigentlich richtig, dass der Aufstand am 16. Juni bei den Bauarbeitern der Stalinallee ausbrach? Oder fing es nicht bereits am 12. Juni an, als in der Stadt Brandenburg politische Gefangene befreit wurden? Der "17. Juni" ist nie ganz aus dem Zwielicht herausgetreten, in das ihn geschickte Propaganda stellte.
18.6., 3sat, 23.50 Uhr: "37 Grad: Mein Haus zieht mit"
Cool, individuell, wildromantisch: Leben auf dem Hausboot, im Camper oder Mini-Haus, das klingt nach Abenteuer und Freiheit. Doch wer lebt dauerhaft in einem so ungewöhnlichen Zuhause?
Doro Plutte begleitet drei Familien, die mobil wohnen. Menschen zwischen verrückten Ideen und großen Träumen. Die fünfköpfige Familie, die in einen Camper zieht. Das junge Paar, das ein Haus auf 25 Quadratmetern baut. Den Alltag einer Familie, die auf dem Wasser lebt. Das so ein Dasein mit gewissen Herausforderungen verbunden ist, zeigt das Beispiel von Jill: Sie ist hochschwanger. Eine Tochter haben sie und ihr Mann Ole schon, Kind Nummer zwei kommt in wenigen Wochen. Jill will das Kind zu Hause zur Welt bringen; "zu Hause" ist in ihrem Fall ein Boot. Seit drei Jahren wohnt das Paar in einem kleinen Hafen südlich von Hamburg. In der Großstadt fand es keine Wohnung. Also kauften sie sich einen heruntergekommenen Kahn und bauten ein Haus darauf. Komplett in Eigenregie. Jetzt wohnt die Familie in einem kleinen, roten Hausboot. Was romantisch klingt, ist besonders für Ole aber oft nur Plackerei. Immer geht etwas kaputt, muss der Steg erneuert oder der Rumpf gekittet werden. Und besonders mit dem zweiten Kind wird es bald eng auf dem Boot. Ob ein gewöhnliches Leben in einer Mietwohnung doch die bessere Lösung wäre?
Familie Weiser gibt ihre Dreizimmerwohnung dagegen aus freien Stücken auf und zieht in einen Camper. Für die Eltern Julia und Erik bedeutet das vor allem ausmisten. In den nächsten Monaten wird das Leben der Weisers auf engstem Raum stattfinden. Schlafen, essen, arbeiten: alles in einem kleinen, gebrauchten Wohnmobil. Julia und Erik machen sich mit ihren beiden Kindern auf den Weg in Richtung Südfrankreich. Noch gehen die Kleinen nicht zur Schule, und als freischaffende Künstler sind die Eltern räumlich flexibel. Warum also nicht einfach losfahren? Ausbrechen aus dem Gewöhnlichen und gemeinsame Zeit mit der Familie verbringen? Wenn da nicht das leidige Geld wäre. Daran mangelt es Weisers permanent. Für drei Monate ist ihr Wohnexperiment gesichert, aber dann muss irgendwoher finanzielle Unterstützung kommen, oder ihre Kunst muss Geld abwerfen.
Drittes Beispiel sind das Paar Brendan und Sina, 25 und 20. Ein Leben lang das Eigenheim abbezahlen und gebunden sein, so wie es ihre Eltern getan haben: Darauf haben sie keine Lust. Aus den USA kennen sie das Konzept der "Tiny Houses": kleine Häuschen auf Anhängern, in denen es auf engstem Raum alles gibt, was es zum Leben braucht. Die Flexibilität und der Gedanke, auch mit wenig zurechtzukommen, begeistert das junge Paar. Sie haben das Haus komplett am Computer geplant und jedes Detail berechnet. Den Anhänger haben sie schon gekauft, jetzt kommt das Baumaterial, und dann soll es losgehen.
Mobil zu leben reizt immer mehr Menschen in Deutschland. Grund dafür ist zum einen der knappe Wohnraum in den Großstädten, zum anderen die Freiheit, die diese Lebensform verspricht: einfach mal den Wohnort wechseln, autark sein, unabhängig, flexibel. Die Dokumentation zeigt, welche Herausforderungen das Leben auf kleinem Raum birgt, und fragt, wie frei es sich wirklich lebt im Camper, Hausboot oder Tiny House.
19.6., Arte, 20.15 Uhr: "Bloß keine Tochter!"
Fast 200 Millionen Frauen "fehlen" in Asien; die Folge gezielter Abtreibung von Mädchen und zweifelhafter internationaler Bevölkerungspolitik. In China finden Millionen Männer im heiratsfähigen Alter keine Frau mehr; genau wie in Indien und Südkorea. Auf Flugblättern und Plakaten preisen Mütter auf der verzweifelten Suche nach einer Schwiegertochter ihre Söhne an. Antje Christ und Dorothe Dörholt gehen in ihrem Film der Frage nach, wie es so weit kommen konnte und wer dafür verantwortlich ist. Neben anderen Faktoren ist es auch die traditionelle Präferenz von Söhnen, die vielerorts zur selektiven Abtreibung von Mädchen geführt hat. Trotzdem ist Frauenmangel kein nationales, selbst verschuldetes Phänomen einzelner Länder, sondern Folge gezielter Bevölkerungspolitik von Industrienationen nach dem Zweiten Weltkrieg und ihrer Angst vor einer Bevölkerungsexplosion; Entwicklungsgelder und der Einsatz medizinischer Geräte spielen damals wie heute eine erhebliche Rolle. Anhand von persönlichen Schicksalen aus Südkorea, China, Indien und Vietnam gehen die Autorinnen den Gründen und Folgen des von Menschen gemachten Ungleichgewichts der Geschlechter nach. Ihr Film wirft aber auch einen Blick in die Zukunft: Entführung, Verkauf und Missbrauch von Mädchen und jungen Frauen nehmen zu. Das Phänomen des Frauenmangels und des Männerüberschusses destabilisiert immer mehr Gesellschaften weltweit. Ein investigativer Dokumentarfilm über Verflechtungen aus Politik, Wirtschaft und Medizin, die Frauen - früher wie heute - zum Spielball staatlicher und krimineller Interessensgruppen werden lässt.
19.6., Arte, 21.45 Uhr: "Sklavinnen des IS"
Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit im Nordirak. 2014 werden viele junge jesidische Frauen von den Terroristen des "Islamischen Staates" versklavt. David Evans stellt zwei von ihnen vor. Shirin und Lewiza sind vom "IS" verschleppt, verkauft und über Monate vergewaltigt worden. Schließlich gelang ihnen die Flucht nach Deutschland. Sie wurden in ein Rettungsprogramm aufgenommen, das Baden-Württemberg unter Leitung des Traumatologen Jan Ilhan Kizilhan 2015 ins Leben gerufen hatte. Er ist überzeugt, dass die seelischen Verletzungen der jungen Frauen nur geheilt werden können, wenn ihnen auch juristisch Gerechtigkeit widerfährt. Deshalb bringt er Shirin und Lewiza mit dem renommierten britischen Juristen Philippe Sands zusammen, einem Experten für Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Suche führt über einem Zeitraum von drei Jahren vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bis hin zur höchsten Klageinstanz der Bundesrepublik, dem Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Hinter dem persönlichen Genesungsweg der beiden traumatisierten jungen Frauen steht eine universelle Frage: Wie sollen demokratische Staaten mit den unmenschlichen Verbrechen des "IS" umgehen? Der Autor fragt: Hat Europa den politischen Willen, die Drahtzieher des Islamischen Staates vor Gericht zu stellen? Wird sich der "IS" jemals für die Verbrechen, die er im Nordirak und Syrien begangen hat, vor Gericht verantworten müssen? Seiner Ansicht nach verrät Europa mit seiner Haltung einen Teil seines rechtsstaatlichen Erbes, dessen Fundament im Nachkriegsdeutschland mit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen gelegt wurde. Kizilhan ist auch Gast der anschließenden Gesprächsrunde.
19.6., Arte, 22.55 Uhr: "Operation Europa"
Migration, Konflikte, Terrorismus, Cyberkrieg und Kriegstreiberei vor den Türen Europas bilden eine Gemengelage, die nach einer historischen Trendwende in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik verlangen. Eine Herkulesaufgabe für die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Annalisa Piras hat die junge italienische Politikerin bei ihrem Kampf um ein sicheres Europa anderthalb Jahre lang mit der Kamera begleitet. Ihre Herausforderungen sind vielfältig. Die westliche Wertegemeinschaft wankt, die strategischen Rahmenbedingungen ändern sich.
Zugleich zeigen das Brexit-Referendum und der Wahlsieg Donald Trumps, dass die Wähler zunehmend für nationalistische und populistische Lösungen empfänglich sind. Mogherini wurde 2015 mit der Ausarbeitung einer "Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU" beauftragt, an deren Umsetzung sie nun mit hohem Tempo arbeitet. Die Globale Strategie ist der breiten Öffentlichkeit kaum vertraut. Noch geringer ist die Zahl derer, die sie wirklich verstehen.
Der in zweijähriger europaweiter Zusammenarbeit entstandene Dokumentarfilm führt an unterschiedliche Schauplätzen und zeigt wenig bekannte Initiativen, darunter die "Operation Sophia", bei der erstmals eine EU-Flotte im südlichen Mittelmeer zur Zerschlagung von Schleusernetzwerken und Lebensrettung zum Einsatz kommt, und die zivile Aufbaumission "EUCAP Sahel" in der nigrischen Schleuserhauptstadt Agadez. Der Film veranschaulicht die komplexen Zusammenhänge zwischen Sicherheit, Migration und Wirtschaftsentwicklung und die Hintergründe, welche die EU zum Umdenken veranlassen. Dazu gehören Gemeinschaftseinsätze im Rahmen der im Lissaboner Vertrag vorgesehenen Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (Pesco) sowie die engere Zusammenarbeit mit der Nato.
19.6., Arte, 0.00 Uhr: "Der Freiheitskampf der Kurdinnen"
Januar 2015: Die syrische Stadt Kobane wird von kurdischen Aufständischen aus der Gewalt der "IS"-Terrormilizen befreit. Die Bilder der jungen Kämpferinnen, die mit Kalaschnikow und Flagge an der Seite der kurdischen Kämpfer den IS-Kräften entschlossen gegenüberstehen, gehen um die Welt. Der Mut dieser Kämpferinnen gibt Tausenden Frauen in der Region neue Hoffnung. "Frauen! Leben! Freiheit!" skandieren die Frauen in Paris und Kobane, im türkischen Kurdistan und im irakischen Sindschar, an dessen Befreiung aus der Hand des "IS" sie ebenfalls beteiligt waren. Mit dem Schnellfeuergewehr in der einen Hand und der kurdischen Fahne in der anderen posieren junge Kämpferinnen lachend vor ihren Jeeps. Sie sind in diesem Teil der Welt die Hoffnung der anderen Frauen, die nicht nur von den Dschihadisten gequält, sondern auch von einer frauenfeindlichen, patriarchalisch geprägten Gesellschaft unterdrückt werden. Diese junge Generation tritt das Erbe der vor rund vierzig Jahren in der Türkei gegründeten "Partei der freien Frauen" an, die heute im Kandil-Gebirge im Norden des Iraks verankert ist. Sakine Cansiz, die Gründerin und Ikone der Bewegung, wurde im Januar 2013 in der Rue La Fayette in Paris ermordet. Heute versammelt die nach wie vor der kurdischen Arbeiterpartei PKK nahestehende radikale Frauenbewegung ihre Anhängerinnen: Hunderte Frauen aus Frankreich, Deutschland und Schweden verstärken die Reihen der syrischen, irakischen und türkischen Kämpferinnen in den Dörfern Kurdistans. Während sich junge Europäerinnen dem sogenannten Islamischen Staat und seinem barbarischen Kalifat anschließen, haben sich diese Frauen das ehrgeizige Ziel gesteckt, der Geschichte des Nahen Ostens eine andere Richtung zu geben und mit der Waffe in der Hand eine demokratische Gesellschaft zu erkämpfen, in der Männer und Frauen die gleichen Rechte haben.
20.6., Arte, 23.15 Uhr: "We Come as Friends”
Afrika gilt als Wiege der Menschheit. Nach Versklavung, Kolonialisierung und Unabhängigkeitsbewegungen scheint der Sudan, eines der größten Länder Afrikas, immer noch von den Folgen der Globalisierung und des Neokolonialismus beherrscht. Hubert Sauper zeigt in seinem Dokumentarfilm, wie die Interessen Chinas und der Vereinigten Staaten bezüglich der sudanesischen Boden- und Naturschätze kollidieren und sich dabei hinter vorgeschobenen interkulturellen Freundschaften zu verstecken versuchen. Er nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise in eines der größten Länder Afrikas. Der Sudan gehört zu einem der politisch unübersichtlichsten Gebiete der Welt. Nach der sudanesischen Unabhängigkeitserklärung im Jahr 2011 ist das Land in zwei verfeindete Nationen gespalten. Der Südsudan hat sich zwar aus arabischer Bevormundung gelöst, aber muss erst lernen als unabhängiger Staat zu funktionieren. Ein selbst gebautes Kleinflugzeug ermöglicht dem Zuschauer einen Blick aus der Vogelperspektive: Wald, Müllhalden, auf das Nötigste beschränkte Dörfer und gigantische Raffinerien Seite an Seite. Die Menschen unterliegen Not und Ausbeutung. Unter dem Vorwand der Entwicklungshilfe verschmutzen Chinesen und Amerikaner die Natur, die Menschen werden enteignet. Propaganda und Paternalismus gleichkommend missionieren texanische Evangelikale das Land, versteckt hinter Projekten humanitärer Hilfe. Sauper lässt sudanesische und internationale Entscheidungsträger, Politiker und Profiteure zu Wort kommen, er verleiht aber auch den Einheimischen eine Stimme. Der Film liefert kein endgültiges Urteil, vielmehr regt er zum Nachdenken über ein komplexes und problematisches Thema an: den Neokolonialismus. Trotz möglicher Kritik an Vereinfachungen und Ungenauigkeiten hinterlässt der Film einen bleibenden Eindruck. Die eingefangen Bilder und Worte sprechen für sich. Sauper arbeitet das Wesentliche heraus: das große Fressen der Raubtiere. Um es mit der Stimme eines Einheimischen zu sagen: "Selbst der Mond gehört dem weißen Mann."
20.6., BR, 19.00 Uhr: "Stationen: Sonne, Mond und Steine - Die Natur als Quelle der Inspiration"
"Religion ist im weitesten und tiefsten Sinne das, was uns unbedingt angeht." Nach diesem Grundsatz von Paul Tillich werden in der Sendung Fragen nach dem Glauben und dem Leben gestellt. "Stationen" fragt, wie Menschen denken und glauben und ermöglicht den Zuschauern, Religion (mit) zu erleben und ihre eigene Orientierung in einer komplizierten Welt zu finden. Diesmal geht es um die Natur mit ihrem Reichtum an Formen und Farben. Sie ist ein aufschlussreicher Spiegel und inspiriert seit jeher nicht nur Dichter, Denker und Künstler. Die Weite des Himmels, Berge und Täler, Bäume und Blumen, Seen und Steine lassen Menschen aller Religionen staunen und oft ehrfürchtig werden. Gleichzeitig wächst mit einer solchen Haltung aber auch die Verantwortung, Sorge für diese Schöpfung zu tragen, den Lebensraum zu achten und zu bewahren. In seiner Enzyklika "Laudato Si" thematisiert diesen Umstand auch Papst Franziskus und fordert auf, nachzudenken, wie man mit dieser "unentgeltlichen Gabe" respektvoller umgehen kann. In der Sendung werden Menschen vorgestellt, die das Gras und Bäume wachsen hören, Felsbrocken und Kieselsteine zum Klingen bringen, die Natur als facettenreichen Material- und Ideenkosmos zur Lösung von persönlichen Fragen verstehen.
21.6., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Leben gegen die Zeit"
Auf den ersten Blick wirken sie wie eine ganz normale Familie. Doch nichts ist normal bei den Petrowskis: Die Söhne Tjorben (12) und Finn (15) haben eine tödliche Muskelkrankheit. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Erkrankten liegt bei 35 Jahren. Wie nahe der Tod sein kann, haben sie früh gelernt, ihr kleiner Bruder Kjell starb 2013. Schwester Linnéa (13) ist gesund, wie auch Mutter Tanja (38) und Vater Frank (58). Nach außen hin zeigen sich die Petrowskis stark, mit dem schweren Schicksal wollen sie nicht hadern. Tanja hält nicht nur die eigene Familie zusammen, als Trauerbegleiterin hilft sie auch anderen. Damit will sie jene innere Leere füllen, die sie selbst in ihrer schwersten Zeit, nach dem Verlust des kleinen Kjell, erfahren musste. Alexander Ruda schildert in seinem Film, woher Tanja die Kraft nimmt und beantwortet Fragen, die man sich unwillkürlich stellt: Wie überwinden die Eltern die dunklen Momente in der Familie, die Ängste, Zweifel und Wut gegen sich, gegen andere, gegen das Schicksal? Was bedeutet es für die beiden Jungen ein verkürztes Leben vor sich zu haben? Muss man schneller leben? Darf man kostbare Zeit verschwenden, zum Beispiel mit Streit? Oder ist er wichtig, weil Streit und Versöhnung zu einem reichen Leben dazugehören? Und wie geht es der gesunden Schwester mit alldem? Die Geschichte der Familie Petrowski zeigt, wie es trotz extremer Herausforderungen immer wieder gelingt, Mut zu schöpfen und damit auch andere zu inspirieren. Ein Film über die unvermutete Kraft des Lebens.
21.6., SWR, 23.15 Uhr: "Lebwohl Gelbes Meer - Hallo Schwarzwald"
Im tiefsten Schwarzwald trifft die chinesische Altenpflegerin Qing auf Menschen im letzten Lebensabschnitt, auf eine resolute Pflegedienstleiterin und immer wieder auf Käsebrot. Beginnend mit ihren letzten Tagen in China hat Marita Stocker wir die junge Chinesin drei Jahre lang durch ihre Ausbildung begleitet. Als sich die beiden Frauen das erste Mal begegnen, hat Xu Qing, damals 23, ihr Heimatland China noch nie verlassen; sie und brennt darauf, die Welt zu sehen. Das Angebot, eine Ausbildung zur Altenpflegerin in Deutschland zu machen, kommt da gerade recht. Quing packt die Koffer. Doch mit der Ankunft im Schwarzwald kommt die Ernüchterung, der Kulturschock. Während Qing sich noch wundert, warum Deutsche täglich Brot mit kaltem Fleisch essen, erwartet ihr Arbeitgeber schnelle Integration. Heimweh, Sprachprobleme - dafür ist keine Zeit. Nur gut, dass Qing mit drei anderen Chinesinnen Unterkunft, Arbeit und Probleme teilt. Gemeinsames Kochen und chinesische Maultaschen helfen über manche Hürden. Für die Senioren wird das "flinke Chinesamädle" unterdessen zur willkommenen Abwechslung im Heimalltag, vor allem für Frau Wohlfahrt. Sie schreibt Qings Intelligenz dem Konsum von Fischaugen zu. Und der hundertjährige immer gut gelaunte Herr Reiner wird zu ihrem Mentor, oder auch: Ersatz-Großvater. Der Film zeigt, wie Quing zunächst hadert, wie sie erste Wurzeln schlägt und wie sie reift. Deshalb ist die Langzeitdokumentation auch ein Film über das Flüggewerden, über das Wandern zwischen den Welten und das Ankommen im eigenen Leben: mal skurril und komisch, mal melancholisch und herzerwärmend. Es ist aber jenseits der persönlichen Geschichte einer jungen Chinesin auch ein Film über die Gesellschaften, eine alternde Bevölkerung, fehlendes Pflegepersonal, Arbeitsmigration. Der Spagat zwischen den Kulturen, erzählt im Mikrokosmos Altersheim.