TV-Tipp: "13 Uhr mittags" (ARD)

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TV-Tipp: "13 Uhr mittags" (ARD)
30.5., ARD, 20.15 Uhr
Natürlich ist der Titel tautologisch, denn um 13 Uhr ist es selbstverständlich immer Mittag, aber vor allem ist er eine Anspielung auf den Western-Klassiker "High Noon", der im Deutschen "12 Uhr mittags" heißt. Schon das Schriftbild des Vorspanns ist im entsprechenden Stil gehalten, auch die ausgezeichnete Musik von Daniel Hoffknecht greift immer wieder Western-Elemente auf, und beim Showdown kurz vor Schluss gibt es die berühmten Einstellungen aus dem Italo-Western: die Kombattanten durch die Beine ihres Feindes gefilmt, die Augenpartien in extremer Nahaufnahme, die Schießerei in Zeitlupe. Trotzdem ist "13 Uhr mittags" keine Parodie.

Die Handlung erinnert an diverse Geschichten von Holger Karsten Schmidt; die Parallelen etwa zu seinen Harz-Krimis "Harter Brocken" sind zum Teil offenkundig. Als Autor wird jedoch ein Klaus Burck geführt. Schaut man sich ein bisschen im Schmidt-Universum um, stößt man alsbald auf eine von Hinnerk Schönemann verkörperte Figur gleichen Namens in dem Thriller "Mörderische Erpressung". Das Pseudonym hat Schmidt bereits bei dem Zweiteiler "Spuren der Rache" gewählt.

Welche Differenzen auch immer der Anlass für die Wahl des Künstlernamens gewesen sein mögen: Wer die Gründe nicht kennt und daher nicht weiß, was für ein Film dem mehrfachen Grimme-Preisträger Schmidt ("Mord in Eberswalde", "Das weiße Kaninchen") vorschwebte, wird durch "13 Uhr mittags" perfekt unterhalten. Die Geschichte ist fast die gleiche wie in "High Noon": Vor einigen Jahren hat eine Falschaussage des norddeutschen Dorfpolizisten Gabriel (Jörg Schüttauf) dazu geführt, dass Bankräuber Held (Thomas Arnold) für sechs Jahre hinter Gittern musste. Der Mann hatte die Bank des Dorfes zwar tatsächlich um 800.000 Euro erleichtert, aber Gabriel hat ihn erst gesehen, als Held kurz drauf seinen ebenfalls an dem Überfall beteiligten Bruder vermisste. Der war dem Dorfsheriff direkt in die Arme gelaufen und auf der Polizeistation gestorben, weil Gabriel seinen Herzschmerz für Theater hielt. Nun kehrt Held mit drei Kumpanen in die niedersächsische Provinz nach Hedly (in "12 Uhr mittags" heißt der Ort Hadleyville) zurück, um die Beute zu holen und Rache zu nehmen. Gabriel hat zwar beizeiten den Dienst quittiert, um sich aus dem Staub zu machen, aber weil sein Nachfolger noch nicht eingetroffen ist, muss er ausharren. Immerhin ist er nicht allein: Eine umwerfend gut aussehende LKA-Kollegin (Rosalie Thomass) erweist sich als knallharte Polizistin, ist ihm aber aufgrund unvorhergesehener Ereignisse keine große Hilfe. Gleiches gilt für den Dorfnazi, der zwar bis an die Zähne bewaffnet ist, dem jedoch im entscheidenden Moment die Nerven versagen. Einzige Mitstreiterin im Kampf gegen das Böse ist daher Julia (Katharina Behrens), die Tochter des Bestatters, als Schützenkönigin im Umgang mit der Flinte immerhin nicht ganz unerfahren.

Wie so viele Filme Schmidts der letzten Jahre, von den Krimis mit Schönemann bis zu "Harter Brocken", lebt auch "13 Uhr mittags" vom immer wieder verblüffenden Kontrast zwischen Thrill und Comedy. Während die Drehbücher sonst meist kongenial von Regisseuren wie Markus Imboden und Stephan Wagner umgesetzt werden, waren diesmal zwei Frauen am Werk. Die vergleichsweise jungen Zwillingsschwestern Monika (Kamera) und Martina Plura (Regie) haben für den NDR bereits das sehenswerte "Nordlicht"-Debüt "Vorstadtrocker" gedreht und stellen mit ihrer zweiten Arbeit erneut ihr Talent unter Beweis, selbst wenn Imboden (der in der Tat ursprünglich für diesen Film geplant war) manche Szene vermutlich noch stärker zugespitzt hätte; von der Klasse des sehr artverwandten makabren Thrillers "Mörder auf Amrum" (Grimme-Preis für Schmidt und Imboden) ist "13 Uhr mittags" dann doch ein gutes Stück entfernt. Die Geschichte ist jedoch äußerst unterhaltsam, zumal Schmidt sie – auch das eine Parallele zu "High Noon" – fast in Echtzeit erzählt. Die Handlung beginnt um 12 Uhr, als Gabriel am Bahnhof vergeblich auf seinen Nachfolger wartet; um 13 Uhr treffen Held und seine Kumpane ein. Neu gegenüber dem Original ist Gabriels Hund Herr Anton, dem sein Herrchen, wie sich später rausstellt, zu besonderem Dank verpflichtet ist. Abgesehen davon liebt er ihn über alles, und das ist neben den platten Reifen seines Wohnmobils ein weiterer Grund, warum er nicht einfach abhauen kann: Herr Anton muss kurzfristig operiert werden.

Sehenswert ist der mit fast schon aufreizender Gelassenheit inszenierte Film nicht zuletzt auch wegen der Schauspieler. Rosalie Thomass, die sich viel zu früh aus der Handlung verabschieden muss, ist deutlich größer als Jörg Schüttauf und Thomas Arnold, was die Kamera gern betont, weil die LKA-Kommissarin nicht nur bildlich, sondern auch buchstäblich auf die beiden Männer herabschaut. Die wiederum sind ausgezeichnete Gegenspieler: Schüttauf macht schon allein körpersprachlich klar, dass der Sheriff alles andere als ein Held ist. Der Mann, der diesen Namen trägt, ist dafür ein Schurke, der viel vom Genetiv hält und mit seinen Kumpanen philosophische Gespräche über Identität und Herkunft führt. Zur Sorgfalt der Inszenierung gehören unter anderem die Schweißperlen auf Schüttaufs Stirn, als sich Gabriel nach einem Streifschuss von der Tierärztin behandeln lässt. Es gibt ohnehin diverse kleine Details, die große Freude machen, zumal die beiden Schwestern die Entdeckung den Zuschauern überlassen.