Es ist kein Zufall, dass die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) die Brücke zum Symbol gewählt hat. Nicht nur verbinden mehrere Brücken die Ufer der serbischen Donaustadt Novi Sad, wo in der kommenden Woche Vertreter von rund 85 Kirchen aus ganz Europa zusammenkommen. Das Motiv ist Programm, wenn von Donnerstag (31. Mai) an mit der Vollversammlung der Europäischen Kirchen eines der größten ökumenischen Treffen auf dem Kontinent stattfindet. Bisher sind die Verbindungen zwischen den Kirchen alles andere als selbsttragend.
"Ökumenisch zu sein, ist nicht in Mode", sagt der Generalsekretär der KEK, Heikki Huttunen. Kirchen in Europa kümmerten sich heute verstärkt um ihre eigenen Belange, betrieben "Nabelschau" und schärften ihr Profil gegenüber anderen, erklärt er. Die Delegationsleiterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Novi Sad, Petra Bosse-Huber, hält es ebenfalls "für nicht mehr selbstverständlich", auch andere kirchliche Standpunkte als nur die eigenen wahrzunehmen.
Homosexualität und Migration als Streitthemen
Über die traditionellen Streitthemen zwischen den Kirchen hinaus, wozu vor allem das Verständnis der Institution Kirche zählt, scheiden sich die Geister etwa an den Themen Homosexualität und Migration. Die Gräben tun sich hier weniger zwischen den christlichen Konfessionen als vielmehr zwischen den geografischen Regionen auf, die in der Konferenz Europäischer Kirchen vertreten sind. Die KEK vereint alle großen christlichen Konfessionsfamilien mit Ausnahme der Katholiken, in ihr sind Protestanten, Anglikaner, Orthodoxe und Altkatholiken vertreten. Die Kirchen agieren auch flächenmäßig zwischen Island und Armenien, zwischen Portugal und der Türkei.
Schon im Vorfeld des Treffens wurden die unterschiedlichen Auffassungen deutlich. Bei einer Konsultation der KEK zur Zukunft Europas seit Juni 2016 verwiesen Norwegens Protestanten bei Fragen der Migration auf den universellen Gültigkeitsanspruch der Menschenrechte, während Tschechiens Schlesische Evangelische Kirche etwa vor "grenzenloser Mildtätigkeit" gegenüber Migranten und sexuellen Minderheiten warnte. Allerdings sind die Positionen nicht überall verhärtet, meistens waren die Wortmeldungen in der Konsultation differenziert. Die ungarischen Kirchen etwa legitimierten zwar einerseits den Grenzzaun gegen illegale Migranten, wiesen aber zugleich auf die Fremdenfeindlichkeit im Land hin.
Gastfreundschaft, Gerechtigkeit und Zeugnisgeben
Dafür, dass sich Gräben nicht vertiefen, werben sowohl die KEK wie auch die EKD. Die Vollversammlung könne helfen, sich wieder stärker um "das gemeinsame christliche Zeugnis zu kümmern", hofft KEK-Generalsekretär Huttunen, selbst finnisch-orthodox. Kommunikation sei das Schwierigste und zugleich Wichtigste, meint EKD-Auslandsbischöfin Bosse-Huber: "mich verständlich machen, den anderen verstehen und nicht gleich meine Klischees als Verständnishilfe über alles zu legen".
Gelegenheit zur Kommunikation ist in Novi Sad eine Woche lang gegeben. Zum Thema Europa tauscht sich Bosse-Huber auf einem Podium mit dem Ehrenoberhaupt der anglikanischen Weltkirche, Justin Welby, sowie mit Metropolit Emmanuel von Frankreich als Vertreter der orthodoxen Kirche aus. Diskussionen sind auch zu Gastfreundschaft, Gerechtigkeit und Zeugnisgeben geplant.
Dass unter den großen allgemeinen Diskussionen "die Arbeit vor Ort" nicht vernachlässigt wird, darauf hofft Heather Roy von Eurodiaconia, einer der konfessionellen KEK-Partnerorganisationen. Zu konkreten Themen wie Klimawandel oder Sozialpolitik finden in Novi Sad Workshops statt.
Neben der inhaltlichen Arbeit befassen sich die Delegierten auch mit der Wahl eines neuen Vorstands. Dem Rotationsprinzip gemäß soll auf den derzeitigen anglikanischen Präsidenten, Bischof Christopher Hill, ein Protestant folgen. Zudem müssen sich die Delegierten noch einmal mit der KEK-Verfassung befassen. Die letzte Vollversammlung 2013 in Budapest hatte Strukturen vereinfacht und zudem den Sitz von Genf nach Brüssel verlegt. Nun muss das Statut noch weiter an die Gesetze des Landes angepasst werden, in dem die KEK neuerdings ansässig ist - hier sind noch Brücken zum belgischen Recht zu schlagen.