Das wird im Verlauf der Handlung eher zu- als abnehmen, was für einen Fernsehfilm durchaus mutig ist. Selbst wenn die Protagonistin von Christiane Paul und somit einer potenziellen Sympathieträgerin verkörpert wird: Diese Maja ist mindestens überspannt, wenn nicht gar paranoid.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Autor Bernd Lange ("Sturm", "Requiem") und Regisseur Matti Geschonneck, der grundsätzlich für ungewöhnliche Filme gut ist, orientieren sich mit ihrer Geschichte an einem klassischen Thriller-Thema: Eine Hauptfigur, meistens weiblich, fühlt sich zunehmend verfolgt. Da die Handlung konsequent aus ihrer Sicht erzählt wird, bleibt die Frage offen, ob sie sich das alles bloß einbildet. Lange und Geschonneck gehen sogar noch einen Schritt weiter: Erst gehen Ende wird deutlich, dass man achtzig Minuten lang keineswegs Zeuge eines Beziehungsdramas war. "Der Verdacht" ist ein über weite Strecken bis zur Unkenntlichkeit verpackter Krimi.
Allerdings legt schon der Einstieg nahe, dass die Geschichte nicht bloß von der schleichenden Trennung eines Ehepaars erzählt, zumal Majas Mann Hanno (Hans-Jochen Wagner) auf gewaltsame Weise ums Leben gekommen ist. Sein Unfalltod ist Auftakt zu einer Rückblendenkonstruktion, in der sich mehrere Zeitebenen abwechseln. Maja schildert der skeptischen Botschaftsmitarbeiterin (Ina Weisse) die Erlebnisse der letzten Wochen. Gemeinsam mit Hanno hat sie Projekte für alternative Energiegewinnung entworfen. Im Auftrag der Regierung Namibias sind beide nach Windhoek gekommen. Während eines Streifzug durch die Stadt wird Maja beinahe ermordet. Als sich die Zwischenfälle häufen, verdächtigt sie einen Konkurrenten (Pierre Besson), der das Paar mit einem billigeren Angebot unterbieten will. Die Ungewissheit und Majas zunehmend merkwürdiges Verhalten führen dazu, dass sich das Ehepaar immer stärker entzweit. Schließlich gibt es nur noch einen Menschen, dem Maja in Namibia vertraut, eine hübsche junge Ärztin (Mina Tander), die in derselben Hotelanlage Urlaub macht.
Zunächst bezieht die Geschichte ihren Reiz aus der völligen Ungewissheit, worauf Lange und Geschonneck hinauswollen. Die von Martin Langer betont unwirtlich ins Bild gesetzte Landschaft Namibias trägt dabei noch zu Majas desorientiertem Zustand bei: Allein in einem völlig fremden Land fühlt sie sich erst recht von allen guten Geistern verlassen. Trotzdem erreicht der Film bei weitem nicht die Intensität und Dichte der jüngsten Werke Geschonnecks (etwa "Duell in der Nacht" mit Iris Berben und Jürgen Vogel oder der Thriller "Entführt!"); und auf die Frage nach dem Motiv des Täters, für einen Krimi immerhin nicht ganz unwichtig, bleibt Lange die Antwort schuldig.