17.2., Arte, 23.45 Uhr: "Philosophie: Wer ist schon unschuldig?"
"Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein", rief Jesus Christus bei der Steinigung einer Ehebrecherin. Der Gedanke, dass niemand unschuldig ist, ist paradoxerweise sehr angenehm: Er beruhigt das Gewissen und erinnert daran, dass jeder einmal etwas Böses tut. Ist die Unschuld also für immer verloren? Ist sie ein Relikt aus jenem goldenen Zeitalter, als der Mensch noch tugendhaft und ahnungslos - tugendhaft, weil ahnungslos - in völliger Unschuld lebte? Kann man den Biss in die verbotene Frucht rückgängig machen? Ja, meint Emmanuel Caldier, in Frankreich besser bekannt als alias Manu le Gitan. Er berichtet, wie man das "Schuldstigma" loswird, das jedem ehemaligen Häftling automatisch anhängt. Außerdem kommt Anne Lécu in der Sendung zu Wort. Sie ist Dominikanerin, Philosophin und Ärztin in einer Haftanstalt bei Paris. 2010 schrieb sie in ihrer Doktorarbeit in Philosophie über die Arbeit von Gefängnisärzten. Sie ist Autorin mehrerer Bücher zu den Themen Unschuld, Schmach, Leben und Tod.
17.2., Tagesschau24, 21.17 Uhr: "Die Widerständigen: ‚also machen wir das weiter...’"
In dem Dokumentarfilm schildern die letzten lebenden Zeitzeugen der Widerstandsbewegung "Die Weiße Rose", wie sie nach dem Tod der Geschwister Scholl unter Einsatz ihres Lebens weiterhin Widerstand gegen das Hitler-Regime geleistet haben. Es ist anrührend und erschütternd zugleich zu hören, wie die studentischen Widerstandskämpfer aus dem Kreis der Weißen Rose aufgrund ihrer innersten Überzeugung gegen die unmenschlich brutale Nazi-Diktatur aufbegehrten. Vor Katrin Seybolds Kamera kommen sie ausführlich zu Wort: Traute Lafrenz-Page, die Freundin von Hans Scholl, Birgit Weiß-Huber, die Tochter von Kurt Huber, Marie-Louise Schulze-Jahn, Gerda Freise, Ilse Ledin, Jürgen Wittenstein, Karin Friedrich und viele andere. Ihre Erinnerungen vergegenwärtigen eine Welt, in der die Menschenrechte außer Kraft gesetzt und die Menschlichkeit verloren gegangen war. Immer wieder, bis heute, stehen sich Moral und Gerechtigkeitsliebe auf der einen Seite, Niedertracht und systematische Brutalität auf der anderen Seite gegenüber. Der Dokumentarfilm ist ein Manifest des Widerstandes und der Zivilcourage für den Erhalt von Freiheit und Demokratie. Der Film zeigt exemplarisch, welche Kraft, welcher Mut und welches Engagement möglich und nötig sind, um unsere freiheitlichen, demokratischen Werte zu erhalten. Jungen Menschen kann er ein Schlüssel zu der Erkenntnis sein, dass unsere freiheitlichen Werte keine Selbstverständlichkeit sind, sondern immer wieder der Erneuerung und Bestätigung bedürfen. Zuvor, um 20.15 Uhr, zeigt Tagesschau24 anlässlich des 75. Jahrestages der Verhaftung von Hans und Sophie Scholl das Porträt "Sophie Scholl – Allen Gewalten zum Trotz" (siehe 21.2., BR, 22.45 Uhr).
17.2., Tagesschau24, 22.40 Uhr: "Meine Flucht 1945"
Vor siebzig Jahren war Norddeutschland das Ziel für Tausende von Flüchtlingen. Christel Bethke, ihr Bruder Hans und ihre Mutter flüchteten Anfang 1945 bei Temperaturen von fast minus 25 Grad vor den heranrückenden russischen Truppen. Bereits nach wenigen Kilometern wurde die Familie getrennt. Während die damals 14-jährige Christel und ihre Mutter von einem Lastwagen mitgenommen wurden, versuchte ihr 16-jähriger Bruder mit dem Fahrrad durchzukommen. Den Treffpunkt, das nächste Dorf, erreichte er nie. Erst sehr viel später erfuhr Christel Bethke, dass Hans von russischen Soldaten erschossen wurde. Kati Grünig und Manfred Uhlig dokumentieren viele ergreifende Fluchtgeschichten dieser Art. Ihr Film erzählt von traumatischen Erlebnissen, über die die Betroffenen oft jahrzehntelang nicht oder nur wenig sprachen. Wie war das damals, als allein nach Schleswig-Holstein über eine Million Flüchtlinge strömten und damit die Bevölkerungszahl des Landes nahezu verdoppelten? Wie lebte es sich in Barackenlagern und Wellblechhütten? Wie wurden die Fremden zwischen Flensburg und Osnabrück aufgenommen? Welches waren die Probleme bei der Versorgung, der Unterbringung? Wie konnte es in den Hungerjahren der Nachkriegszeit überhaupt gelingen, Millionen von Menschen zu integrieren? Auch wenn den Flüchtlingen mancherorts mit Ablehnung begegnet wurde, ihre Arbeitskraft wurde doch bald gebraucht. In der Schule und in Vereinen lernte man sich kennen. Es wurde geheiratet, Kinder wurden geboren. Aus Fremden wurden Neubürger. Christel Bethke fand im niedersächsischen Oldenburg eine neue Heimat und ein kleines Glück: Sie heiratete, bekam zwei Kinder. Doch noch immer verfolgen sie Alpträume. Vor allem ein Gedanke beschäftigt sie: Was wohl aus ihrem Bruder Hans geworden wäre, wenn er die Flucht überlebt hätte.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
18.2., ARD, 17.30 Uhr: "Echtes Leben: Reste für die Armen?"
Wenige haben viel, viele haben wenig. Das hat aktuell eine weltweite Studie erneut bestätigt. Auch Deutschland gehört zu den Ländern, in denen Einkommen und Geld ungleich verteilt sind. Die Folge: Armut hat viele Gesichter. Besonders ältere Menschen und Kinder sind über Jahre auf staatliche Zuschüsse angewiesen. Doch die reichen oft nicht aus. Die Tafeln werden in Deutschland als die größte soziale Bewegung der Neunzigerjahre bezeichnet. Ins Leben gerufen wurde sie vor 25 Jahren in Berlin. Die Berliner Tafel beliefert soziale Einrichtungen mit gespendeten Lebensmitteln und in 45 Ausgabestellen gibt es einmal wöchentlich Lebensmittel für bedürftige Menschen. Doch es gibt immer wieder Kritik, dass das ehrenamtliche Engagement der über 900 Tafeln in Deutschland den Staat aus der Pflicht nimmt und die Supermärkte Entsorgungskosten sparen. Müsste nicht die Politik viel mehr für arme Menschen tun, anstatt einer privaten Initiative? Was bedeutet es tatsächlich, in Deutschland arm zu sein? Der Film von Simone Brannahl und Philipp Rückriem begleitet Menschen, die jeden Euro zweimal umdrehen und die Helferinnen und Helfer der Berliner Tafel; allen voran Sabine Werth, die vor 25 Jahren die erste Tafel gründete und bis heute leitet.
18.2., ZDF, 9.30 Uhr: "Evangelischer Gottesdienst: Zeig dich!"
Der Gottesdienst aus Hofheim eröffnet die bundesweite Fastenaktion der evangelischen Kirche, die in diesem Jahr unter dem Motto steht: "Zeig dich! Sieben Wochen ohne Kneifen". Die Fastenaktion berührt aktuelle Fragestellungen: Warum schweigen viele zu Hassbotschaften oder neigen zu menschenverachtenden Redensarten? In dem von mit Pfarrer Reinhardt Schellenberg und Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler geleiteten Gottesdienst kommen Menschen mit ihren Erfahrungen zu Wort. Sie erzählen, was passiert, wenn man Farbe bekennt. Für die Musik sorgt der Kammerchor "VoxThomana" unter der Leitung von Markus Stein. Die Orgel spielt Katharina Bereiter.
18.2., ZDF, 18.00 Uhr: "Deutschland, deine Ämter"
"Kunden" nennen die Mitarbeiter des Jobcenters Kerpen die Menschen, die jeden Tag vor ihnen sitzen. "Arbeitslose" sagt hier keiner. Wer Leistungen vom Staat erhält, hat die Verpflichtung, sich um eine Arbeitsstelle zu kümmern. Der Weg ins Jobcenter gehört dazu. Wenn die Einrichtung morgens ihre Pforten öffnet, gewährt sie Zugang in ein Amt, in dem jeden Tag Geschichten geschrieben werden: Geschichten voller Emotionen, Geschichten zwischen Erwartung und Enttäuschung, wie sie unter-schiedlicher nicht sein könnten. Und zu jeder von ihnen gehört ein Sachbearbeiter. Diana S. zum Beispiel arbeitet seit neun Jahren am Empfang, der ersten Anlaufstelle für täglich etwa 160 Menschen mit Sorgen, Ängsten und Notfällen. Da ist beispielsweise die Kundin, bei der am nächsten Tag vom Energieversorger der Strom abgeklemmt werden soll. Diana schickt sie direkt weiter in die zweite Etage. Hier, in der Leistungsabteilung, sitzt Maki C. Sie nimmt sich der Sache an, spricht in kürzester Zeit mit der Kundin, ihrer Chefin und dem Stromanbieter. Ein Fall, der sie nicht so schnell loslassen wird. Eine weitere Aufgabe des Jobcenters: der Außendienst. Georg S. und Hediye E. bilden das sogenannte Bedarfsfeststellungsteam. Sie fahren raus und überprüfen, ob Anträge von Kunden korrekt gestellt wurden. In der Vermittlungsabteilung leitet Markus B. das Team "Integration Plus". Sie haben hier den Bewerbertag ins Leben gerufen. Das Jobcenter bringt im eigenen Gebäude Arbeitgeber und Arbeitssuchende zusammen. Die Reportage "Die Berater vom Jobcenter" wird innerhalb der Reihe "Deutschland, Deine Ämter" ausgestrahlt und erlaubt seltene Einblicke in den oft konfliktreichen Alltag bei verschiedenen staatlichen Behörden.
19.2., 3sat, 0.00 Uhr: "37 Grad: Im Kaufrausch"
Ob Kleidung, Schuhe oder Möbel: Kaufsüchtige fühlen sich den Verlockungen der Warenwelt schutzlos ausgeliefert. Es ist wie ein Zwang: Sie müssen kaufen. Viel mehr, als sie benötigen. Immer wieder. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung sind nach Studien Kaufsucht-gefährdet. Filmautorin Ann-Kristin Danzenbächer will mit ihrer Dokumentation für eine Sucht sensibilisieren, die zwar noch nicht als eigenständige Erkrankung anerkannt ist, in Zeiten permanenter Warenverfügbarkeit aber wohl weiter an Bedeutung gewinnen wird. Sie stellt drei Schicksale vor. Jürgen (57) hat durch seine Kaufsucht alles verloren. Schon immer hat er sich für schöne Dinge interessiert und gern gekauft. Doch er braucht immer mehr, kauft schicke Kleidung in Massen, ausgefallene Wohnaccessoires und stilvolle Autos. Um seine Sucht zu finanzieren, erfindet er Arztrechnungen für nie stattgefundene Behandlungen. Nun erwartet ihn ein Gerichtsprozess. Katinka (28) kauft, um einen inneren Druck loszuwerden. Wenn es ihr nicht gut geht, dann ziehen sie die Angebote im Internet und in Läden magisch an. Sie kauft meist nicht für sich, sondern immer und immer wieder für ihre Kinder - Spielsachen und Kleidung. Dabei brauchen ihre Kinder die Sachen nicht. Für Katinka ist die Kaufsucht ein Teufelskreis, aus dem sie endlich ausbrechen möchte. Bei Sonja (55) fängt es in einer schwierigen Lebensphase als alleinerziehende junge Frau an. Sich Kataloge anzusehen und schöne Dinge zu bestellen, gibt ihr endlich wieder ein gutes Gefühl. Aber diesen Kick braucht sie schließlich immer wieder. Wie ein Rausch ist Einkaufen für sie. Doch sie schämt sich dafür, auch ihre Beziehung leidet inzwischen extrem unter ihrer Kaufsucht.
19.2., BR, 22.00 Uhr: "Lebenslinien"
Yvonne hatte allen Grund, das Vertrauen in die Menschen und die Welt zu verlieren. Ein Freund treibt sie in die Privatinsolvenz, ihre Mutter wird ermordet und ein Sohn stirbt noch vor der Geburt. Trotz alledem kann Yvonne heute wieder vertrauen und mit ihrer Erfahrung Menschen in schweren Krisen helfen. Yvonne war ein ungewolltes Kind und wuchs die ersten Jahre überwiegend bei einer Tante auf. Von ihr bekam sie Zuneigung und Liebe, die ihr die Kraft geben, alle Widrigkeiten des Lebens zu ertragen. Mit Anfang zwanzig glaubte Yvonne, den Mann ihres Lebens gefunden zu haben. Er wollte sich als mobiler Automechaniker selbstständig machen. Von der Bank ließ sich Yvonne zu einer Bürgschaft für ihren Verlobten überreden. Doch als sie die Hochzeit absagte, tauchte der ehemalige Verlobte ab und ließ sie mit einem Berg Schulden zurück. Kurz darauf wurde ihre Mutter ermordet. Zunächst geriet Yvonne in den Fokus der Ermittler. Bald jedoch stellte sich heraus, dass der Vater den Mord in Auftrag gegeben hat. Für Yvonne brach eine Welt zusammen. Außerdem erbte sie weitere Schulden und musste Privatinsolvenz anmelden. Nach schrecklichen dreieinhalb Jahren schaffte sie es, finanziell wieder auf die Beine zu kommen. Heute ist Yvonne Psychotherapeutin, lebt glücklich mit Mann und Kind in der Nähe von Passau und hilft Menschen in schweren Lebenskrisen.
20.2., 3sat, 22.25 Uhr: "Hitlers Angst und Görings Lederhose - Flüsterwitze im Nationalsozialismus"
Gerade in totalitären Systemen schaffen sich die Unterdrückten und Verfolgten Ventile und heitere Kompensationen für die repressive Tristesse des (Kriegs-)Alltags. Im Nationalsozialismus nannte man das "Flüsterwitze", erzählt mit vorgehaltener Hand, leise und auch nicht jedermann. Denunzianten saßen überall. Kabarettist Alfred Dorfer erzählt und interpretiert Flüsterwitze aus der Nazizeit. Bald nach dem Einmarsch Hitlers in Österreich waren viele Witze über die "Piefke" und "Preußen" im Umlauf, über ihre angebliche Gründlichkeit und ihre arrogante Besserwisserei. Im Anschluss folgt "Was ist schöner: Sex oder Sozialismus?" über Flüsterwitze im Kommunismus. Ähnlich wie im Nationalsozialismus war auch im System des Kommunismus alles von der kommunistischen Führung bestimmt. Jede kleinste Kritik an allen Bereichen des Lebens war daher eine Kritik am Kommunismus selbst, jeder Witz darüber eine Subversion, jeder Scherz ein Sakrileg. Der Film analysiert erneut mit Hilfe Dorfers die zersetzenden Kräfte Witz und Humor in der Geschichte des Realsozialismus.
20.2., Arte, 20.15 Uhr: "Hinter dem Altar"
Bevor Papst Franziskus sein Amt antrat, war die katholische Kirche von zahlreichen Pädophilieskandalen in den eigenen Reihen erschüttert worden. Mit dem neuen Papst verbanden viele Gläubige und Opfer die Hoffnung, dass er mit dem Unwesen aufräumen und Transparenz herstellen würde. "Null Toleranz" hatte bereits das Versprechen von Papst Benedikt XVI. diesbezüglich gelautet. Der britische Journalist und Historiker John Dickie zieht nach vier Jahren jedoch eine eher ernüchternde Bilanz; er fragt nach den Gründen für die schleppende Umsetzung der angekündigten Null-Toleranz-Politik in Sachen Pädophilie. Die Skandale um Kindesmissbrauch gehören zu den schwärzesten Kapiteln der Heiligen Römischen Kirche. Alleine in den vergangenen zehn Jahren wurden zahlreiche Fälle öffentlich. Eine Diözese in den USA musste wegen hoher Entschädigungszahlungen Insolvenz anmelden. Papst Franziskus schien die härtere Gangart gegen das Verbrechen, die bereits Papst Benedikt eingeläutet hatte, konsequent durchsetzen zu wollen. Dickie belegt, dass die Krise längst nicht bewältigt ist: Immer noch verbleiben Täter im kirchlichen Amt, Missbrauchsfälle werden trotz des Versprechens auf Transparenz als Geheimsache behandelt, Bischöfe sind nicht verpflichtet, die sexuellen Vergehen ihrer Priester der Polizei zu melden. Einige finden sogar in religiösen Einrichtungen in Entwicklungsländern Schutz vor juristischer Verfolgung, wo sie darüber hinaus wieder Zugang zu Kindern haben. "Hinter dem Altar" ergründet, was den Bewältigungsprozess, den Papst Franziskus versprochen hat, behindert. Der Film reist von Italien und Frankreich in die USA und ins Heimatland des Papstes, nach Argentinien. Er schaut zurück auf die Amtszeiten der letzten Päpste, trifft Experten und fragt, ob Kindesmissbrauch nicht tiefer im System der Kirche verwurzelt ist, als zu befürchten war. Er lässt aber vor allem Überlebende zu Wort kommen, die häufig erst nach Jahrzehnten überhaupt in der Lage waren, über das zu sprechen, was ihnen als Kind angetan wurde und ihr weiteres Leben tiefgreifend geprägt hat.
20.2., Arte, 21.50 Uhr: "Kinderhandel"
Die Ware Kind wird weltweit hoch gehandelt, auch in Europa: Minderjährige Mädchen und Jungen werden sexuell ausgebeutet oder zum Betteln und Stehlen gezwungen. Sie kommen aus Osteuropa, Afrika, aber auch aus Deutschland und Frankreich. Die Dokumentation begibt sich auf die Spuren von Menschenhändlern und denen, die ihre Machenschaften zu verhindern suchen. Kernstück sind die Begegnungen mit Opfern, die eindrücklich schildern, was ihnen angetan wurde und wie sie schon in jungen Jahren eine Welt von Gewalt und seelischer Zerstörung kennenlernen mussten.
Einfühlsam nähern sich Sylvia Nagel und Sonya Winterberg ihren Protagonisten, die sie in Deutschland, Frankreich und der Ukraine getroffen haben. Doch woher kommt der Bedarf an Kindern? Was steckt hinter den Geschäften, und warum scheint Kinderhandel ein Tabuthema in Gesellschaft und Politik zu sein? "Kinderhandel hat kein Gesicht in Deutschland", erklärt Heike Rudat vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Auf französischer Seite beobachtet dies auch die stellvertretende Bürgermeisterin von Paris, Hélène Bidard, mit Sorge: "Trotz seiner Brisanz spielt der Handel mit Minderjährigen in der Politik keine Rolle." Bevorzugter Marktplatz für die "Ware Kind" ist das Internet, besonders das Darknet, das seinen Nutzern Anonymität gewährt. Was geschieht dort tatsächlich? Und wie gehen Ermittler im Netz gegen Kinderhandel vor? Die Dokumentation zeigt, wie das knallharte Geschäft mit dem Kinderhandel funktioniert und wer dahinter steckt.
20.2., Arte, 22.50 Uhr: "Tunesien - Stimmen der Revolution"
Im Januar 2011 nahmen die Tunesier ihr Schicksal selbst in die Hand und stürzten in nicht einmal vier Wochen ein über fünfzig Jahre währendes diktatorisches Regime. Sie erhielten eine neue Verfassung, freie Wahlen, und in der Verfassung wurden Instrumente der Übergangsjustiz verankert, mit deren Hilfe Opfer die Möglichkeit haben, erlittene Menschenrechtsverletzungen anzuzeigen.
Zuständig hierfür ist die "Instanz für Wahrheit und Würde". Vor ihr berichten die Opfer, wie sie unter der Diktatur gelitten haben, wie der tunesische Staat über mehr als ein halbes Jahrhundert Leben zerstört, Angst geschürt und jeden zum potenziellen Verdächtigen erklärt hat. Im Verlauf der Gespräche wird deutlich, wie weit die Absurdität des Systems geführt wurde. Die Wahrheitskommission arbeitet das Unrecht auf, das in Tunesien zwischen 1955 und 2013 begangen wurde, also vom Ende der Kolonialzeit bis hin zur ersten Demokratie. Fünf in mobile Büros umgebaute Lastwagen durchqueren das ganze Land, um jedermann - auch den Tätern - in einer öffentlichen Anhörung eine Aussage zu ermöglichen. Die Dokumentation begleitet ein Team der Wahrheitskommission ins südtunesische Dorf Ouled Chrait, aus dem der 1963 unter Bourguiba hingerichtete Putschist Lazare Chraiti stammte. Die Menschen dort leben in ärmsten Verhältnissen.
Rund 65.000 Fälle wurden bisher registriert und müssen teilweise noch aufgeklärt werden. Die Nachforschungen erweisen sich mitunter als gefährlich, da viele Polizisten, die an der Niederschlagung der Aufstände beteiligt waren, noch immer im Amt sind. Die Mitarbeiter der Wahrheitskommission fühlen sich häufig machtlos, da viele der Täter straffrei ausgehen. Die öffentlichen Anhörungen sind in Tunesien zu einer politischen Waffe geworden: Was hier zur Sprache kommt, wird für immer aktenkundig. Doch trotz der Erinnerungsarbeit zur Versöhnung des Landes besteht das Problem von Folter und Willkür in der jungen Demokratie nach wie vor weiter.
21.2., 3sat, 20.15 Uhr: "Zeitenwende - Die Renaissance"
Im 14. Jahrhundert setzt eine wirtschaftliche, wissenschaftliche, technische, gesellschaftliche, religiöse und kulturelle Entwicklung ein, die in der Geschichte einzigartig ist: die Renaissance. Sie schafft einen neuen Typus Mensch, der nicht mehr bereit ist nur zu glauben, sondern den Dingen auf den Grund geht und sich selbst als ein göttliches Wesen begreift. Die zweiteilige Dokumentation begibt sich auf die Suche nach den Ursprüngen der Epoche: Oströmische Gelehrte bringen das verlorene Wissen der Antike in den Westen, lösen Innovationsschübe in allen Fakultäten aus - doch die Renaissance ist mehr als die Wiedergeburt der Antike, denn sie wird die Kenntnisse der Antike überflügeln. Die beiden Dokumentationen analysieren die Kettenreaktion des Fortschritts und ihre Auswirkung auf die Gegenwart. Sie wagen den Brückenschlag von der (Wieder-)Erfindung der Zentralperspektive zu CAD-Systemen, von Leonardos Maschinenmensch zu autonomen Roboterkickern. Bereits in der Renaissance existieren Global Player, Großbanken oder Massenkommunikation. Der Zweiteiler erzählt Geschichte phänomenologisch, erweitert die visuellen Instrumente der Dokumentation durch szenische Zeitreisen zu den Wendepunkten der Geschichte und verbindet Zeitraffung und Zeitdehnung mit einer cineastischen Optik. Man kann sagen, dass unsere moderne Welt ohne das, was die Renaissance erdacht und erfunden hat, unvorstellbar wäre.
21.2., Arte, 0.15 Uhr: "Havarie"
Die Koordinaten 37°28.6'N und 0°3.8'E markieren einen Punkt im Mittelmeer; er ist je nach Perspektive 38 Seemeilen vor der Hafenstadt Cartagena in Spanien oder 100 Seemeilen von der algerischen Hafenstadt Oran entfernt. Von hier aus gesehen, besteht die ganze Welt aus Wasser, Himmel und einem grenzenlosen Horizont. Ein "Meer der Möglichkeiten", aufgeladen mit Hoffnungen, Ängsten und Träumen von Reisenden. Am 14. September 2012 um 14.56 Uhr meldet das Kreuzfahrtschiff "Adventure of the Seas" der spanischen Seenotrettung auf diesen Koordinaten die Sichtung eines manövrierunfähigen Schlauchbootes mit 13 Personen an Bord. Der Funkverkehr zwischen dem Kreuzfahrtschiff, der Zentrale im Hafen von Cartagena, dem Seenotrettungskreuzer "Salvamar Mimosa" und dem Helikopter "Helimer 211" strukturiert den akustischen Raum des Films. Auf der Bildebene zieht sich der filmische Raum zu einer einzigen, ungeschnittenen Sequenz zusammen, die sich über die gesamte Laufzeit des Films wölbt. Es ist ein kurzer YouTube-Clip, der heute wie die Essenz, die Verdichtung der Situation auf dem Mittelmeer erscheint. In Einzelbildern wird das Schlauchboot zur Ikone der täglichen Nachrichtenbilder. Der Zuschauer ist gezwungen hinzusehen. Aus Aufnahmen mit Touristen und Offizieren auf dem Cruise Liner, mit der Besatzung eines Containerschiffes, mit Harraga (nordafrikanischen Migranten, die ihre Pässe verbrennen) und ihren Familien werden die biografischen Fluchtlinien des dokumentarischen Materials in eine filmische Imagination hinein verlängert.
21.2., WDR, 22.10 Uhr: "Laboraffe Nr. 30.003 - Müssen Tierversuche sein?"
Nummer 30.003 ist ein Javaner-Affe. Einen Namen hat er nicht. 30.003 lebt in einem Käfig im Labor der Uni Münster und dient, wie andere Affen auch, als Versuchstier der Grundlagenforschung. Tierversuche - besonders mit Affen - gelten als grausam und sinnlos. Affen sind die nächsten Verwandten von uns Menschen und gehören zu den intelligentesten Tieren. Zwar sind die gesetzlichen Hürden für Tierversuche mit Affen in Deutschland besonders hoch. Trotzdem werden jährlich über 3.000 Affen für Versuche in Deutschland eingesetzt. Knapp die Hälfte davon wird jedes Jahr für die Forschung getötet. Muss das wirklich sein? Lassen sich Tierversuche tatsächlich nicht durch andere Methoden ersetzen? Affe 30.003 dient der Erforschung der Unfruchtbarkeit; Wissenschaftler Stefan Schlatt sucht im Tierversuch nach Methoden, Männern wieder zur Zeugungsfähigkeit zu verhelfen. Am deutschen Primatenzentrum in Göttingen werden alte Javaner-Äffchen zur Demenzforschung eingesetzt. Ob ihre Versuche erfolgreich sind und einen Nutzen für die Behandlung von Menschen haben, wissen die Wissenschaftler immer erst hinterher. Lassen sich die beim Affen gewonnenen Erkenntnisse überhaupt auf den Menschen übertragen? Rechtfertigt Grundlagenforschung wie diese den Tierversuch und das Leid der Affen? Die Forscher sind überzeugt, richtig zu handeln, solange es keine Alternativen gibt; selbst wenn längst an neuen Methoden geforscht wird, die den Tierversuch eines Tages ersetzen könnten.
In Deutschland werden Laboraffen außerdem eingesetzt, um die Verträglichkeit von Medikamenten zu testen. Das heißt "Giftigkeitsprüfung" und ist gesetzlich vorgeschrieben, bevor Medikamente im klinischen Versuch an Patienten ausprobiert werden. Könnte man darauf überhaupt verzichten? Kritiker wie "Ärzte gegen Tierversuche" fordern das. Die Angst vor militanten Tierschützern ist groß in den Versuchslaboren. Es hat ein Jahr gedauert, bis das Filmteam die Dreherlaubnis bekam und einen Tierversuch mit Affen begleiten durfte. Die Dokumentation gibt seltene Einblicke in den Alltag der Versuchsaffen in deutschen Laboren und untersucht, ob Tierversuche tatsächlich so unersetzlich sind wie behauptet.
21.2., BR, 19.00 Uhr: "Stationen"
Sie gelten als Ikonen des Widerstands, die Mitglieder der "Weißen Rose", die gegen das nationalsozialistische Regime kämpften. Vor 75 Jahren, am 22. Februar 1943, wurden die Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst zum Tode verurteilt und hingerichtet. Für ihren Mitstreiter Willi Graf prüft das Erzbistum München und Freising derzeit ein Seligsprechungsverfahren. Auch heute ist Widerstand geboten, bei Verletzung der Menschenwürde, menschenverachtender Politik und Ungerechtigkeit. Doch wie ist Widerstand überhaupt möglich? Wann beginnt Widerstand? Und welche Rolle spielt die Religion dabei?
21.2., BR, 22.45 Uhr: "Sophie Scholl – Allen Gewalten zum Trotz"
Krieg, Terror gegen die eigene Zivilbevölkerung, Euthanasie und Holocaust waren zwar nicht zu übersehen, wohl jedoch zu verdrängen. Aber Sophie Sophie wollte nicht wegsehen und weghören. Gemeinsam mit ihrem Bruder Hans und ihren Freunden von der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" hat den Kampf gegen ein Terrorregime aufgenommen. Am 18. Februar 1943 wurde sie im Alter von 21 Jahren zusammen mit ihrem Bruder verhaftet und vier Tage später hingerichtet. Der Publizist und Buchautor Ulrich Chaussy, der sich seit vielen Jahren mit der "Weißen Rose" befasst, hat im Rahmen seiner historischen Recherche für den Kinofilm "Sophie Scholl – die letzten Tage" (2004) auch Interviews vor laufender Kamera geführt. Er hat neue Zeitzeugen entdeckt und Fotos und Dokumente zusammengetragen, die teilweise noch unveröffentlicht waren. Dieses Material hat er gemeinsam mit Regisseurin Marieke Schroeder zu einem Dokumentarfilm verarbeitet und durch weitere Interviews ergänzt. Sophie Scholl steht im Zentrum dieses Films, der nicht nur ihren familiären Hintergrund ausleuchtet, sondern auch ihr Umfeld und ihr Beziehungsgeflecht. Erfreulicherweise leben noch Zeitzeugen, die sie und ihre Welt kannten, Menschen, die zur "Weißen Rose" gehörten und nur ein Quäntchen mehr Glück hatten als die Ermordeten. Der Film schildert den Konflikt der Geschwister Scholl mit dem Vater, als sie gegen seinen Willen zusammen mit den meisten ihrer Freunde in die Hitlerjugend eintraten. Doch diese jungen Leute haben damals nicht weggesehen oder verdrängt; sie verließen die Hitlerjugend, in der sie ohnehin immer wieder aneckten. Die Geschwister Scholl wurden zum ersten Mal von der Gestapo verhaftet und verhört. Dann folgten die Militär- und Studienjahre und der Entschluss, etwas aktiv gegen das System zu unternehmen, die Flugblätter, die Verhaftung der Geschwister und vieler Freunde. Sophies jüngste Schwester, Elisabeth Hartnagel, ist eine der wichtigsten Zeitzeuginnen. Sie hat noch nie zuvor ein so ausführliches Interview vor laufender Kamera gegeben.
22.2., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Wir und der Keim"
Unabhängig, spontan sein und viel von der Welt sehen, so haben sich Simone und Ines ihr Leben vorgestellt. Seit 25 Jahren sind die beiden ein Paar. Simone ist Hundetrainerin. Diesen Job kann die 43-Jährige aber nicht mehr ausüben: Ihr Leben wird von multiresistenten Keimen (MRSE) bestimmt. Schon mit Ende dreißig hat Simone eine erste Hüftprothese bekommen, kurz drauf folgte die zweite. Seitdem ist sie nicht mehr schmerzfrei. Vier Jahre und einen zermürbenden Ärztemarathon später erhält sie endlich eine Diagnose: Keimbefall an beiden Hüftprothesen. Die bakterielle Entzündung hat bereits die Knochen angegriffen. Die Ärzte sagen, die Keime bekomme man nie mehr vollständig heraus, lediglich reduziert und "stillgelegt". Ohne ihre Lebensgefährtin wäre Simone ein Sozialfall. Die Beziehung des Paares spielt sich lange Zeit nur zwischen Arztpraxis und Krankenhaus ab. Simone muss 24 Operationen über sich ergehen lassen, lebt zwischendurch sogar mit ausgebauten Hüftprothesen und kann nicht gehen. Aber die beiden geben nicht auf. Noch während Simone im Krankenhaus liegt, beginnt Ines mit dem barrierefreien Umbau ihres Hauses. Es gibt immer wieder Rückschläge, aber das Paar lässt sich nicht unterkriegen. Die Autoren Michaela Bruch und Klaus Bergner haben die zwei Frauen über ein halbes Jahr lang begleitet.