20.1., Arte, 23.20: "Philosophie: Zynismus"
Ist derjenige zynisch, der das System anprangert, oder derjenige, der vorgibt, daran zu glauben? In der Antike war der Kyniker ein Bettelphilosoph, der aus seiner Verachtung für gesellschaftliche Konventionen keinen Hehl machte und unverfroren seiner geistigen Freiheit frönte. Heute ist der Zyniker ein Egoist, der Regeln zum eigenen Vorteil nutzt und sich hinter dem Schutzschild der Legalität über die Moral hinwegsetzt. Wer von beiden ist zynischer, das heißt subversiver? Die Sendung beleuchtet unter anderem Zynismus in der Politik. Ist Machtstreben zwangsläufig zynisch? Sind Kommunikation, Parolen und Strategie die "machiavellische Essenz der Politik", wie es Raymond Aron ausdrückte, oder deren Verirrung? Zu Gast ist Jean-François Balaudé. Der Professor für Philosophie ist Spezialist für Philosophie der Antike und Präsident der Universität Paris-Nanterre sowie Präsident der Wissenschaftsallianz Athéna.
21.1., ZDF, 9.30 Uhr: "Evangelischer Gottesdienst"
Der Gottesdienst aus der Christuskirche in Bad Vilbel mit Pfarrer Dr. Klaus Neumeier stellt sich der Frage: Wie kann man Vertrauen wagen - angesichts von Korruption und Skandalen?
Vertrauen ist ein hohes Gut und zugleich Grundlage unseres Zusammenlebens. Menschen aus der Gemeinde stellen sich der Frage: Wie kann Vertrauen wachsen, trotz vieler Missstände? Musikalisch wird der Gottesdienst von der Jesus House Band begleitet.
22.1., ARD, 22.45 Uhr: "Die Story im Ersten: Hitlers letzte Mordgehilfen?"
Es ist ihre letzte Chance, NS-Verbrecher hinter Gitter zu bringen: Bei der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg und bei der Staatsanwaltschaft Dortmund laufen die Ermittlungen gegen die letzten lebenden Nazi-Verbrecher auf Hochtouren. Nur noch wenige, die in den KZ Aufseher waren, sind heute noch am Leben und können vor Gericht gebracht werden. Angeschoben wurde der Endspurt der Ermittler durch einen historischen Wendepunkt in der deutschen Rechtsprechung: In den Verfahren gegen Iwan Demjanjuk und Oskar Gröning (2011 und 2016) wurden zum ersten Mal in der jüngeren Rechtsgeschichte SS-Wachmänner verurteilt, obwohl sie selbst nicht gemordet hatten. Durch ihren Wachdienst waren sie jedoch Teil des Vernichtungssystems und hatten somit das massenhafte Töten von KZ-Häftlingen ermöglicht. Deshalb nehmen sich jetzt die Ermittler ein Konzentrationslager nach dem anderen vor.
Und tatsächlich machen sie immer noch KZ-Wachmänner ausfindig, nach denen vor der neuen Rechtsprechung schlicht nicht gesucht wurde. Über all die Jahrzehnte lebten diese unbehelligt in Deutschland - bis jetzt. Im Mittelpunkt des Films von Christian H. Schulz und Jana Lange stehen die Ermittler: Staatsanwälte und Kriminalbeamte erzählen ganz persönlich, wie sie vorgehen und was sie motiviert, heute in Archiven und an historischen Tatorten auf Tätersuche zu gehen. Sie nehmen die Autoren mit auf ihre Spurensuche und geben ihnen Einblick in die kriminalistischen Methoden, mit denen die Täter der Beteiligung am hundertfachen Mord überführt werden sollen. Die Filmemacher begleiten die Staatsanwälte und Kriminalbeamte bei ihren aktuellen Ermittlungen gegen zwei ehemalige SS-Wachmänner des Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig und auf ihrer Suche nach weiteren Tätern.
Gerade weil die Taten mehr als siebzig Jahren zurückliegen, ist das für die Ermittler ein ständiger Wettlauf gegen die Zeit - die verbleibende Lebenszeit der mutmaßlichen Täter. Doch es geht auch um die Überlebenden des Holocaust und die Angehörigen der Ermordeten. In Israel begleitet der Film einen deutschen Rechtsanwalt, der für die anstehenden Stutthof-Verfahren in sehr persönlichen Gesprächen Überlebende des KZ als Nebenkläger gewinnt. Ihre Sicht ist wichtig und auch die des deutschen Anwalts: Jahrelang hat er selbst als Staatsanwalt in der Zentralen Stelle in Ludwigsburg gearbeitet und dabei auch die Schwächen und Fehler der bisherigen deutschen NS-Strafverfolgung kennengelernt.
22.1., ARD, 23.30 Uhr: "Geschichte im Ersten: Der Mossad, die Nazis und die Raketen"
Die Rakete steigt steil in die Höhe über der Wüste. Ägyptens Präsident Gamal Abdel Nasser ist zufrieden. Deutsche Experten sichern ihm einen ungeheuren Propaganda-Erfolg und Prestige-Gewinn. Diese Waffen, so verkündet Nasser, könnten bis nach Israel fliegen. Nur zwei Tage später, am 23. Juli 1962, werden der Weltöffentlichkeit in Kairo weitere Raketen auf einer Parade präsentiert. In Jerusalem schrillen die Alarmglocken. Der ehrgeizige israelische Geheimdienstchef Isser Harel, gerade noch für seinen Erfolg bei der Jagd nach Adolf Eichmann gefeiert, richtet seinen gesamten Dienst auf die neue Aufgabe aus: Die Abwehr der drohenden Vernichtung des jüdischen Volkes.
Während in der Knesset noch über das Ausmaß der Bedrohung gestritten wird, sind Mossad-Agenten bereits aktiv. In der Raketenfabrik Kairo-Heluan explodieren Pakete, die Sekretärin des deutschen Chef-Ingenieurs, Professor Wolfgang Pilz, wird durch eine Briefbombe schwer verletzt. Dann verschwindet in München der Chef der Material-Zulieferer-Firma für das ägyptische Raketenprojekt, Dr. Heinz Krug, spurlos. Bis heute hat die Staatsanwaltschaft dessen Akte nicht geschlossen. Erst jetzt erhellen neue Dokumente und Aussagen hoher ehemaliger Mossad-Mitarbeiter sein Schicksal.
Bei der Verfolgung seines Zieles, die deutschen Raketen aus Kairo unschädlich zu machen, scheint Geheimdienst-Chef Harel fast jedes Mittel recht. Er lässt sogar in Madrid den ehemaligen SS-Offizier Otto Skorzeny anwerben; einen Alt-Nazi, der 1943 durch seine Beteiligung an der Mussolini-Entführung auf dem Gran Sasso zu Ruhm gelangt war. Er liefert, wie Ex-Mossad-Offiziere berichten, über einen einstigen SS-Untergebenen entscheidende Informationen zu dem Raketen-Projekt am Nil.
Alarmiert durch die Mossad-Aktionen, versucht der israelische Vize-Verteidigungsminister Shimon Peres gemeinsam mit seinem deutschen Amtskollegen Franz-Josef Strauß die Situation zu entschärfen. Auf Israels Straßen demonstrieren derweil aufgebrachte Bürger gegen "einen zweiten deutschen Holocaust", skandieren "Strauß raus und Peres auch!". Und der Poker geht weiter. Außenministerin Golda Meir nutzt die Gunst der Stunde, treibt den auf Aussöhnung mit Deutschland hin arbeitenden Ministerpräsidenten Ben Gurion vor sich her. Der nimmt schließlich, entnervt von vielen Affären, seinen Hut. Eine tragische Entwicklung, wie Shimon Peres in der Rückschau bedauert. Denn Nassers Raketen hatten weder Steuerung noch Sprengköpfe, hätten also für Israel nie zur Gefahr werden können. "Es war alles ein Bluff", sagt Peres heute in einem Interview. Ronen Bergman und Kersten Schüssler präsentieren in ihrer Dokumentation neue Augenzeugen, Fakten und Beweise.
22.1., 3sat, 23.55 Uhr: "37 Grad: Geheimsache Tiertransporte"
Seit 1991 hat Manfred Karremann oft im ZDF über das Schicksal der Tiere auf Langstreckentransporten berichtet. Die EU hat mehrfach mit verbesserten Vorschriften zum Tierschutz auf die Sendungen reagiert. Doch dies bietet zu wenig Schutz. Nach wie vor werden Millionen Tiere jedes Jahr durch Europa transportiert, bis nach Nordafrika. Rinder und Schafe sind oft tage- oder wochenlang eingepfercht auf Lastwagen und Schiffen unterwegs. Die entsprechenden Bilder sind zum Teil schwer auszuhalten: Ein Rind liegt im Lastwagen am Boden, seine Leidensgenossen treten es unwillkürlich. Nach gut zwanzig Minuten ist das Tier tot. Eine Szene, so gedreht Ende August 2017 an der EU-Außengrenze zur Türkei. Dieser Vorfall ist keine Ausnahme, im Gegenteil. Der Export von Rindern und Schafen aus der EU boomt wieder. Hauptempfänger für lebende Tiere ist neben der Türkei der Nahe Osten. Schon kleine Kälber werden über 3.000 Kilometer weit transportiert.
Nach Tagen oder Wochen am Ziel angekommen, erwartet viele Tiere aus Europa in der Türkei oder im Nahen Osten ein Ende mit unsäglichen Schrecken. Auch Tierschützer schlagen erneut Alarm: Niemand schere sich mehr um die Gesetze, sobald die Tiere die EU verlassen. Sie berichten von verdursteten Rindern am türkischen Grenzübergang. Von einer unsäglichen Quälerei auf alten Viehfrachtern und nach der Ankunft im Nahen Osten und Nordafrika. Erst kürzlich wurden deshalb eine Million Protestunterschriften an die EU-Kommission in Brüssel übergeben. Der Hintergrund: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass das Wohl der Tiere bis zum letzten Zielort sichergestellt sein muss. Doch niemand kontrolliert die Transporte, wenn sie einmal die EU verlassen haben. Schon kurz hinter den EU-Außengrenzen traf Manfred Karremann bei seiner Recherche, die ihn von deutschen Bauernhöfen über Bulgarien und die Türkei bis in den Libanon geführt hat, auf verdurstete Rinder, ebenso auf Zuchtkühe, die auf den Lastwagen gebären und sterben.
23.1., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Dich schickt der Himmel!"
Zwei Familien, zwei Notlagen: Bei der einen fällt die Mutter von drei kleinen Kindern wochenlang aus, bei der anderen der Bauer eines Hofes. Beide Familien bekommen nun Hilfe von Profis. Familienpflegerin und Betriebshelfer: zwei Berufe, die man in Deutschland kaum kennt. Sie springen ein, wenn Not am Mann ist, packen mit an, um Familien und Bauernhöfe am Laufen zu halten und deren Existenz zu sichern. "37 Grad" stellt zwei Fälle vor, in denen die Betroffenen ihre Helfer wie vom Himmel geschickt empfinden: Eine Mutter ist durch einen schmerzhaften Nabelbruch komplett außer Gefecht gesetzt. Dabei brauchen ihre drei kleinen Kinder noch intensive Betreuung; ihr Mann muss arbeiten. Zum Glück gibt es Katrin, eine von der Krankenkasse finanzierte Hilfe auf Zeit.
Sie kümmert sich ab sofort um die Kinder. Auch sie ist dreifache Mutter und seit zwanzig Jahren als Familienpflegerin im Einsatz. In den kommenden Wochen wird sie versuchen, Claudia im Haushalt und im Alltag der Familie zu ersetzen. Das alles kann nur gelingen, wenn sie das Vertrauen der Kinder gewinnt. Besonders schwierig ist das mit dem zweijährigen Tom. Der versteht nicht, warum ihn seine Mutter nicht mehr auf den Arm nimmt, und will sich von der fremden Frau nicht anfassen lassen. Um die nackte Existenz geht es bei Bauer Werner und seiner Familie aus dem Hochschwarzwald.
Eine Sehne in seiner Schulter ist gerissen, er fällt mindestens sechs Wochen für die Arbeit auf seinem Bio-Milchviehbetrieb aus. Seit den Achtzigerjahren stemmt er das ganz allein, nur ab und an mit Unterstützung seiner fünf erwachsenen Kinder oder seiner Frau, die sich sonst um die Feriengäste und den Haushalt kümmert. Die Kinder können ihn wegen ihrer eigenen beruflichen Verpflichtungen nicht ersetzen. Weil die Kühe aber morgens und abends gemolken, das Futter für den Winter eingeholt und die Weidezäune neu gesetzt werden müssen, packt in den nächsten sechs Wochen Betriebshelfer Luca mit an. Mit seiner dreijährigen Ausbildung zum Landwirt kann der 20-Jährige theoretisch alle anfallenden Arbeiten auf einem Bauernhof stemmen. Nach seiner Operation schaut der Bauer seinem deutlich jüngeren Ersatzmann allerdings permanent über die Schulter, was dem die Arbeit nicht gerade erleichtert. Der Film ist eine Hommage an diese hilfreichen Dienstleister, von deren Existenz kaum jemand etwas weiß.
23.1., Arte, 20.15 Uhr: "Vier Schwestern"
Claude Lanzmanns Lebenswerk "Shoah" gilt als Meilenstein in der filmischen Auseinandersetzung mit dem Genozid an den Juden. Ruth Elias, Ada Lichtman, Paula Biren und Hanna Marton sind vier Frauen jüdischen Glaubens, die die Barbarei des Nationalsozialismus überlebt haben. Claude Lanzmann, der mit den Zeitzeuginnen ursprünglich für "Shoah" lange Gespräche geführt hat, widmet jeder der Frauen nun einen eigenen Dokumentarfilm. Die vier Überlebenden der Schoah erzählen sehr persönlich und beleuchten das dunkelste Kapitel der Geschichte Europas im 20. Jahrhundert. Der erste Film, "Der hippokratische Eid", befasst sich mit Ruth Elias. Sie war 17, als Reichswehr und SS am 15. und 16. März 1939 die Tschechoslowakei besetzten. Drei Jahre lang wurde ihre Familie von Bauern versteckt, bis sie im April 1942 denunziert und nach Theresienstadt deportiert wurde. Im Winter 1943 stellte Ruth fest, dass sie schwanger war. Kurz darauf wurde sie nach Auschwitz deportiert. Im Juni 1944 wurden tausend ausgewählte Frauen zur Beseitigung der Trümmer einer zerbombten Raffinerie nach Hamburg geschickt. Ruth, zu dieser Zeit schon im achten Monat schwanger, gelang es, in diese Gruppe aufgenommen zu werden, was zunächst ihre Rettung war. Doch die junge Frau wurde als Schwangere erkannt und nach Auschwitz zurückverfrachtet. Hier hat sie ihr Kind zur Welt gebracht. KZ-Arzt Josef Mengele ließ ihre Brust bandagieren; das Baby sollte nicht genährt werden. Bevor Mengele ihr Kind töten konnte, tat sie es selbst. Das zweite Porträt, "Der lustige Floh" (21.45 Uhr), gilt Ada Lichtman. Als die deutschen Soldaten in Polen einmarschierten, verschleppten sie jüdische Männer aus der Kleinstadt Wieliczka in der Nähe von Krakau in ein Waldstück und richteten sie dort hin. Ab diesem Tag fragte sich Ada nicht, ob sie überleben, sondern nur noch, wie sie sterben würde. Sie kam ins Vernichtungslager Sobibor, in dem insgesamt 250.000 Juden in Gaskammern ermordet wurden. Ada gelangt es, beim Aufstand am 14. Oktober 1943 zu fliehen. Sie gehört zu den knapp fünfzig Lagerinsassen, die bis Kriegsende überlebten. Die beiden weiteren Filme zeigt Arte am 30. Januar.
23.1., Arte, 22.40 Ihr: "Der Letzte der Ungerechten"
Rom, 1975: Der französische Filmemacher Claude Lanzmann läuft mit Benjamin Murmelstein durch das hell erleuchtete Rom. Er filmt den dritten und letzten Vorsitzenden des Judenrates in Theresienstadt und einzigen sogenannten Judenältesten, der nicht ermordet wurde, und lässt ihn über die dunklen Zeiten in Theresienstadt erzählen. Der Rabbiner war bis zum "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich 1938 in der Kultusgemeinde Wien tätig, dann Mitglied des Judenrates. 1943 wurde er nach Theresienstadt deportiert, 1944 wurde er Judenältester. Als 87-Jähriger kehrt Claude Lanzmann nach Theresienstadt zurück, in das vorgebliche "Vorzeige-Ghetto", mit dem es den Nazis sogar gelang, das Internationale Rote Kreuz zu täuschen. Lanzmann verbindet die Interviewszenen von damals mit neuen Aufnahmen in Theresienstadt. Sein Dokumentarfilm beleuchtet das moralische Dilemma der Judenräte, die gezwungenermaßen zu Werkzeugen der Nationalsozialisten wurden.
24.1., WDR, 22.10 Uhr: "Kranke Pflege"
In Deutschland herrscht Pflegenotstand. In Krankenhäusern leiden Patienten, weil sie nicht ausreichend versorgt werden. Sie werden vernachlässigt, weil allein 70.000 Fachkräfte in der Krankenpflege fehlen. Der Pflege-Azubi Alexander Jorde schlug in der ARD-Wahlarena Alarm. Und katapultierte mit seinem Auftritt das Thema direkt in den Wahlkampf. Er konfrontierte Bundeskanzlerin Merkel mit einem harten Vorwurf: Die Würde des Menschen, die eigentlich unantastbar sein soll, sieht er in deutschen Krankenhäusern und Altenheimen nicht gewahrt: "Das ist ein Zustand, der nicht haltbar ist. Es gibt Menschen, die liegen stundenlang in ihren Ausscheidungen, das sind Menschen, die haben dieses Land aufgebaut nach dem Weltkrieg." Für diesen Auftritt wurde er vom Publikum und im Netz gefeiert. Der 21-Jährige stand auf einmal in der Öffentlichkeit, bekam zahlreiche Zuschriften von überlasteten Kollegen und wurde für eine ganze Branche zum Helden.
Wie schlimm ist der Zustand in deutschen Krankenhäusern? Zusammen mit Autorin Nicole Rosenbach begibt sich Jorde auf eine Reise in den Deutschen Klinikalltag. Sie treffen mutige Pflegekräfte, die ihnen aus ihrer teilweise erschütternden Arbeitswelt erzählen. Die Folgen des Pflegenotstands sind nicht nur unzufriedene Patienten, sondern auch Todesfälle. Die aber dringen nicht an die Öffentlichkeit, denn sie würden vertuscht, berichtet ein Pfleger einer Intensivstation.
Wie sieht es an Privatkliniken aus? Hier werden jährlich Millionen Gewinne gemacht. Trotzdem ist die Personaldecke besonders dünn. In Norwegen gibt es Krankenhäuser, die die Pflege vorbildlich geregelt haben. Der Film zeigt, was Deutschland von den Norwegern lernen kann.
24.1., BR, 19.00 Uhr: "Stationen"
Fluchen, Hupen, Drohen: Jeder, der zu Fuß, auf dem Fahrrad oder im Auto unterwegs ist, kennt solche Situationen, in denen man in Bedrängnis gerät und manchmal aus der Fassung. Sie sind auf unseren Straßen alltäglich. Haben wir den Respekt voreinander verloren, obwohl Respekt in der Familie, in der Schule, im Sport und in der Gesellschaft ein hoher Wert und sogar ein Erziehungsziel ist? Was ist eigentlich Respekt? Wie entsteht er? Wie kann ich mir Respekt verschaffen? Was tue ich, wenn ich nicht respektiert werde, und wie kann ich mit Menschen respektvoll umgehen, die andere Ansichten haben als ich? Und: Was hat Respekt mit Religion zu tun? Das "Stationen"-Team macht sich auf die Suche nach dem Kitt, der die Gesellschaft zusammenhalten könnte.
24.1., BR, 22.45 Uhr: "Sie spielten um ihr Leben"
"Das Cello hat mein Leben gerettet", sagt Anita Lasker-Wallfisch. Sie spielte in dem Mädchenorchester, das die Nazis im KZ-Auschwitz betrieben. Das Orchester, das von Alma Rosé, der Nichte Gustav Mahlers, geleitet wurde, bewahrte die Cellistin vor der Gaskammer.
Auch Frank Grunwald, dessen Bruder von Mengele getötet wurde, entging durch Musik dem Tod. Er war noch ein Kind und spielte Akkordeon in Auschwitz. Einen engen Freund fand er damals in Hellmuth Sprycer, der Pfeifer bei den "Ghettoswingers" in Theresienstadt war, bevor er, um seinen Großeltern zu helfen, heimlich auf den Zug nach Birkenau aufsprang, wo er wieder als Pfeifer auftrat, um etwa eine Decke für seine Großeltern zu erhalten. In Theresienstadt kämpfte auch Greta Klingsberg durch ihre Musik ums Überleben. Sie sang in dem Kindermusical "Brundibar" die Hauptrolle. Das sind nur vier der Schicksale, die die Komponistin, Dozentin und Filmemacherin Nurit Jugend in ihrem Debütfilm vorstellt. In Interviews und kunstvoll animierten Bleistiftskizzen porträtiert sie die düstere Vergangenheit von acht Musikerinnen und Musikern, die die Vernichtungslager musizierend überlebt haben. Außerdem erzählt sie, wie der Lebensweg der Musikerinnen und Musiker, die nach dem Krieg in unterschiedlichste Teile der Welt zogen, weiterging, wie sie Jahrzehnte nach dem Holocaust immer noch ihre Lebenskraft aus der Musik ziehen - und wie sich nach sechzig Jahren zwei der Überlebenden zum ersten Mal wieder begegnen. Die Regisseurin sagt über ihren Film, sie wolle auf diese Weise "die Verfolgten in ehrenwerter Erinnerung halten und ihr Erbe anerkennen. Ich möchte die Botschaft senden, dass Musik die universelle Sprache der ganzen Menschheit ist und eine der kraftvollsten Ressourcen, die wir besitzen. Sie kann im Grauen Erleichterung schaffen und hat die Macht, die Selbstheilungskräfte, die der Mensch in sich hat, zu aktivieren. Und sie kann Menschen, egal welcher Religion vereinen und zu gegenseitiger Toleranz und Akzeptanz anstiften."
24.1., RBB, 23.00 Uhr: "Hannah Arendt"
Filme über Figuren der Vergangenheit sind nur dann wirklich von Belang, wenn diese Persönlichkeiten einen Bezug zur Gegenwart haben. Hannah Arendt war eine der größten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts, und Margarethe von Trottas filmisches Denkmal ist von bemerkenswerter handwerklicher Qualität; aber das war nicht anders zu erwarten. Herausragend wird die Hommage an die Philosophin jedoch, weil Arendts Haltung noch heute so vorbildlich und aktuell ist wie vor fünfzig Jahren, zu jener Zeit also, die der Film behandelt. Zunächst aber geht einem Hannah Arendt mit ihrer bedingungslosen Kompromisslosigkeit ziemlich auf die Nerven, und das war womöglich die brillanteste von vielen guten Ideen, die Trotta und Pamela Katz beim Verfassen des gemeinsamen Drehbuchs hatten: Wenn die Publizistin schließlich zwischen die Fronten gerät, ist man nicht deshalb auf ihrer Seite, weil man sie sympathisch findet, sondern weil sie Recht hat. Das Porträt konzentriert sich auf die erste Hälfte der Sechzigerjahre. Die Handlung beginnt mit der Entführung Adolf Eichmanns durch israelische Agenten. Arendt bietet sich dem Magazin The New Yorker als Berichterstatterin des Prozesses an und überrascht die Öffentlichkeit mit einer Artikelserie, die Eichmann nicht etwa als Monster beschreibt, sondern anhand seiner Person die seither vielzitierte "Banalität des Bösen" analysiert. Margarethe von Trotta ist bekannt für die ausgezeichnete Führung ihrer Darsteller, und mit Barbara Sukowa versteht sie sich vermutlich längst ohne Worte; "Hannah Arendt" ist nach unter anderem "Die bleierne Zeit" und "Rosa Luxemburg" bereits ihr sechster gemeinsamer Film. Und doch ist es ihnen gelungen, die Intensität nochmals zu steigern: Sukowa, so scheint es, verkörpert die Philosophin nicht, sie ist Hannah Arendt. Besser lässt sich eine schauspielerische Leistung kaum würdigen.
25.1., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Geheimnisvolle Krankheiten (Teil 3)"
Nach Jahren voller Ungewissheit, Schmerzen und oft Verzweiflung hoffen Patienten in den Unikliniken Marburg und Essen darauf, endlich zu erfahren, woran sie leiden. Dort haben sich Teams aus Chef- und Oberärzten auf unerkannte und seltene Krankheiten spezialisiert. Doch was ist, wenn die Krankheit endlich feststeht, aber eine Heilung nicht möglich ist? Der 69-Jährige Günther zum Beispiel fällt jeden Nachmittag gegen 17 Uhr in eine Art Wachkoma. Dann sieht, hört und fühlt er zwar alles, kann aber noch nicht einmal den kleinen Finger regen. Alle Ärzte sind ratlos. Schließlich bekommt Professor Jürgen Schäfer, Leiter des Zentrums für unerkannte und seltene Erkrankungen (ZusE) in Marburg, diesen seltsamen Fall auf den Tisch. Schäfer und sein Team finden nach Monaten tatsächlich heraus, woran Günther leidet; er hat eine Krankheit, die noch nicht einmal einen Namen hat und nicht heilbar ist. Aber vielleicht gibt es einen Weg, wenigstens die Ohnmachtsanfälle zu bekämpfen. Mit einer schweren Erkrankung muss auch der siebenjährige Friso leben. Schon als er auf die Welt kommt, ist seiner Mutter Inga klar: Da stimmt was nicht. Schließlich wird am Essener Zentrum für seltene Erkrankungen (ESZE) das Prader-Willi-Syndrom diagnostiziert. Die Ärzte sagen eine Lernbehinderung und ungezügelte Wutausbrüche bei Friso voraus. Für seine Mutter bricht die Welt zusammen. Mit Unterstützung des Teams von der Essener Uniklinik versuchen sie und ihr Sohn, die Folgen des schrecklichen Gendefekts zu meistern. Jeden Bissen des Jungen muss Inga kontrollieren, denn seine Erkrankung hat zur Folge, dass Friso kein Sättigungsgefühl hat. Ohne strikte Portionierung würde er alles in sich hineinstopfen. Einladungen zum Kindergeburtstag sind dadurch fast unmöglich. Friso und Günther sind zwei Fälle von vielen, die bei den Ärzten in den Zentren für unerkannte Erkrankungen in Essen und Marburg landen. Die Mediziner dort sind für viele Menschen die letzte Hoffnung. Tausende Patienten, die oft schon jahrelang nach einer Diagnose für ihre Beschwerden suchen, stehen bei den "Medizindetektiven" auf der Warteliste. Doch auch wenn die Diagnose gefunden ist, können Krankheiten oft nicht geheilt, allenfalls Symptome gelindert werden und Schäden, die bereits entstanden sind, bleiben. Dann müssen Patienten Wege finden, wie sie mit der Krankheit leben können.
25.1., SWR, 23.45 Uhr: "Die Wohnung"
Dieses Werk ist ein ziemlich ungewöhnlicher Dokumentarfilm. Das hat nicht zuletzt mit der Entstehung zu tun, denn zunächst wollte der israelische Filmemacher Arnon Goldfinger die Auflösung der Wohnung seiner Großeltern in Tel Aviv eigentlich nur für private Zwecke dokumentieren. Obwohl der Anlass völlig unspektakulär ist, weckt schon die Einführung Interesse, denn Goldfinger und seinen Geschwistern ergeht es wie jedem, der auf diese Weise schon mal ein Kapitel geschlossen hat: Man trifft auf Unmengen von scheinbar wert- und nutzlosem Plunder und fragt sich, warum die Eltern oder Großeltern den ganzen Krempel aufgehoben haben. Im Fall der Tuchlers hatte die Nostalgie jedoch nachvollziehbare Gründe: Das Ehepaar ist 1936 vor den Nationalsozialisten aus Deutschland geflohen, aber im Grunde nie in Israel angekommen; Gerda und Kurt Tuchler haben versucht, in ihren eigenen vier Wänden ein Stück Heimat zu bewahren. Auch dieser Aspekt würde naturgemäß irgendwann seinen Reiz verlieren, doch während sich Goldfinger mit seiner Mutter durch die Hinterlassenschaften arbeitet, entdeckt er nach und nach völlig unbekannte Seiten an seinen Großeltern. Er beginnt, Fragen zu stellen, die seine Mutter nicht beantworten kann, weil sie sich nie für das frühere Leben ihrer Eltern interessiert hat. Goldfingers Neugier ist endgültig geweckt, als er ausgerechnet im Nachlass seiner jüdischen Großeltern ein Exemplar des furchtbaren Nazi-Propagandablattes "Angriff" findet und dort auf eine Reisereportage über Palästina stößt. Der Autor, ein Baron von Mildenstein, war offenbar eng mit den Tuchlers befreundet. Goldfinger findet raus, dass der längst verstorbene Baron eine Tochter im Bergischen Land hat, die sich an das Ehepaar erinnert und den Filmemacher bei sich willkommen heißt; dass ihr Vater ein Nazi gewesen sei, dementiert sie allerdings energisch. Jetzt gibt es für Goldfinger kein Halten mehr: Aus der ursprünglich privaten Dokumentation wird eine israelisch-deutsche Koproduktion, in deren Verlauf Goldfinger mehrmals nach Deutschland reist und eine Frau ihr Vaterbild gründlich revidieren muss.