TV-Tipp: "Im Wald - Ein Taunuskrimi" (ZDF)

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TV-Tipp: "Im Wald - Ein Taunuskrimi" (ZDF)
2.1., ZDF, 20.15 Uhr
Die Verfilmungen der "Taunuskrimis" von Nele Neuhaus wurden erst dann richtig gut, als sich das ZDF entschlossen hat, die Romane als jeweils zu Jahresbeginn ausgestrahlte Zweiteiler produzieren zu lassen.

"Böser Wolf" (2016) erzählte eine äußerst komplexe Geschichte über organisierten Kindesmissbrauch und war drei Stunden lang spannend. "Die Lebenden und die Toten" (2017) ist ein fesselnder Thriller über einen Scharfschützen, der scheinbar wahllos Menschen erschießt. Beide Male gelang es Marcus O. Rosenmüller, der die Reihe mit der dritten Adaption, "Mordsfreunde" (2014), übernommen hat, 180 Minuten lang zu fesseln; im ersten Zweiteiler optisch anspruchsvoll, mit Zeitlupeneinlagen und kunstvollen Übergängen, im zweiten eher schnörkellos und fast puristisch. Mit der achten Produktion, "Im Wald", ist nun der letzte Roman der "Bodenstein & Kirchhoff"-Reihe verfilmt. Qualitativ sind die drei Stunden jedoch ein Rückschritt. Während die beiden anderen Zweiteiler keine Minute zu lang waren, ist diesmal der zweite Teil voller Redundanzen, als gelte es, auch jene Zuschauer mitzunehmen, die den ersten verpasst haben.

Dabei ist die Handlung wieder von einer Komplexität, die die doppelte Filmlänge rechtfertigt; das Drehbuch stammt erneut von Anna Tebbe, die mit Ausnahme von "Die Lebenden…" die Vorlagen zu allen Rosenmüller-Taunuskrimis geliefert hat. Der große Reiz ihrer Geschichte, die ausdrücklich nur "auf Motiven" des Romans basiert, liegt nicht zuletzt in der persönlichen Betroffenheit von Oliver von Bodenstein (Tim Bergmann). Nach der spektakulär gefilmten Ermordung eines Mannes – ein Wohnwagen explodiert – wird der Leiter der Kripo Hofheim mit den Gespenstern seiner Kindheit in dem Taunusdorf Waldhain konfrontiert: Das Verbrechen ist bloß der Auftakt zu einer Mordserie, die offenbar mit einem Ereignis in Bodensteins Kindheit zu tun hat; damals ist sein bester Freund Artur, ein Kind russlanddeutscher Einwanderer, spurlos verschwunden. Die Polizei hat viel zu spät und dann auch nur halbherzig nach dem Jungen gesucht; die Aussiedler waren ganz offenbar nicht willkommen im Dorf. Arturs Mutter hat die Einwohner deshalb mit einem Fluch belegt, der nun, 35 Jahre später, Wirkung zu zeigen scheint. Bodenstein ahnt diesen Zusammenhang zwar, aber belegen kann er ihn nicht; Pia Sander (Felicitas Woll) hält ihn ohnehin für befangen, schließlich führen sämtliche Nachforschungen zu Menschen, die der Kollege sein Leben lang kennt.

Erwartungsgemäß erzählen Tebbe und Rosenmüller die Geschichte auf zwei Ebenen: hier die Gegenwart, dort die Vergangenheit, die der Regisseur in jenen verwaschenen Farben zeigt, wie sie typischerweise für Rückblenden in die Siebzigerjahre verwendet werden; im Roman tragen sich die zurückliegenden Ereignisse tatsächlich bereits 1972 zu. Clever ist auch die Idee, die Spuren damals wie heute zum gleichen Verdächtigen führen zu lassen. In Wirklichkeit ist der einstige Fußballtrainer Leonard Keller (Hannes Wegener) jedoch die tragische Figur der Geschichte. Als er gleich zu Beginn in einer Rückblende das erste Mal auftaucht, setzt ihm seine Freundin Patrizia (Stephanie Japp) ein Bolzenschussgerät an den Kopf. Er hat den angeblichen Suizidversuch zwar überlebt, ist fortan jedoch schwer behindert; 35 Jahre später will ihm der wahre Mörder erneut seine Taten in die Schuhe schieben.

An der Handlung liegt es nicht, dass "Im Wald" dennoch nicht überzeugt; das Problem ist das Personal. Abgesehen vom festen Ensemble gibt es eineinhalb Dutzend Mitwirkende, entsprechend viele Namen schwirren durch die Gespräche der Ermittler; es ist daher gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten. Aus Sicht von Krimi-Fans etwas enttäuschend ist auch die Tatsache, dass Zuschauer dem Mörder früh auf die Schliche kommen können: Von den vielen durch bekannte Schauspieler (unter anderem Andrea Sawatzki, Martin Feifel, Birge Schade) verkörperten Einheimischen, die zunächst nur kurz auftauchen, gehört ein einziger im zweiten Teil nicht zum Kreis der Verdächtigen; und der muss beim vernebelten Finale auf einem Friedhof derart keifen und kreischen, dass es eher unfreiwillig komisch als verzweifelt wirkt. Es sind ohnehin nicht alle prominenten Episodendarsteller wirklich überzeugend.

Sehenswert ist allerdings die Bildgestaltung (Kamera: Marcus Kanter) mit den immer wieder nur für winzige Momente eingestreuten optischen Bruchstücken (Schnitt: Claudia Klook), und die elektronische Musik (Florian Tessloff) tut alles, um "Im Wald" mit der nötigen Thriller-Atmosphäre zu versehen. Die Umsetzung ist anders als etwa beim stellenweise sehr grausigen Zweiteiler "Böser Wolf" dennoch vergleichsweise moderat ausgefallen, selbst wenn an einer Stelle das Blut Richtung Kamera spritzt und in der ersten Friedhofsszene zum Ende des ersten Teils die Nebel wie in einem zweitklassigen Horrorfilm wallen. Den Abschluss des Films bildet ein Dialog zwischen den beiden Hauptfiguren, in dem es um die gemeinsame Zukunft geht. Bodenstein will sich eine Auszeit nehmen, Sander wäre seine naheliegende Nachfolgerin. Ihre Frage, ob’s das war mit ihrer Zusammenarbeit, beantwortet er mit einem entschiedenen "Sicher nicht". Neuhaus schreibt derzeit den nächsten Krimi, der 2018 herauskommen soll, aber selbst Produzentin Annette Reeker weiß noch nicht, ob, wie und vor allem wann es mit dem Duo aus dem Taunus weitergeht.