Dass auch er immer wieder Kopf und Kragen riskieren muss, ist eine Frage der Sympathie: Carl gehört praktisch zur Familie, Maiwalds Kinder lieben ihn wie einen zweiten Vater; also muss Markus hinterher, wenn Carl tollkühn der Gefahr ins Auge blickt.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Tatsächlich aber ist "Die Draufgänger" eine Mischung aus Krimi und Thriller mit klar verteilten Vorzeichen. Im Grunde gehorcht die Dramaturgie einer klaren ABC-Strategie. A steht für Action: Der offenbar unzurechnungsfähige Ex-Soldat Weber (Fabian Hinrichs) sinnt auf Rache, weil vor Jahren beim Elbhochwasser seine Familie ertrunken ist. Nun ermordet er der Reihe nach all jene, die er für den Tod der Angehörigen verantwortlich macht. B steht für Beziehung: Um den Elan seines Partners etwas zu bremsen, hat der zum Abteilungsleiter beförderte Maiwald eine Polizeipsychologin auf Berger angesetzt. Die beiden sind einander auf Anhieb derart spinnefeind, dass es permanent knistert, wenn sie aufeinander treffen. Nadeshda Brennickes flirrender Schlafzimmerblick passt gewiss nicht zu allen Rollen, die sie annimmt; hier um so mehr.
Für C wie Comedy schließlich sorgen die unbekümmerten Streiche, die Berger und die Kollegen ihrem Chef spielen. Das ist nicht immer niveauvoll (Buch: Frank Speelmans), aber immer witzig umgesetzt (Regie: Florian Kern). Gleich zu Beginn muss sich Maiwald bei einer Geiselnahme bis auf die Socken ausziehen. Das Video vom nackten Hintern des Chefs macht prompt im ganzen LKA die Runde. Das klingt nach Klamauk, passt aber als entspannendes Element trotzdem gut in die Krimi-Dramaturgie, zumal Schüttauf in diesen Szenen an den gütigen Lehrer erinnert, der seinen kleinen Strolchen gar nicht böse sein kann.
Im Grunde ist der gebürtige Chemnitzer, der am Zweiten Weihnachtsfeiertag 2011 fünfzig wird, fast zu jung für so eine Rolle, aber sie hat ihm offenkundig Spaß gemacht. Und vielleicht darf er sie ja noch öfter spielen. Serienpotenzial haben die Figuren allemal, und wenn der Film Erfolg hat, wird es wohl Fortsetzungen geben. Davon abgesehen ist auch die Geschichte prima: Immer, wenn die beiden Dresdener Ermittler glauben, die Pläne des von Hinrichs mit angemessener Arroganz verkörperten größenwahnsinnigen Killers vereitelt zu haben, müssen sie erkennen, dass er ihnen schon wieder einen Schritt voraus ist. So können sie zwar dank eines cleveren Bluffs die Sprengung eines Staudamms verhindern, doch Weber hat noch ein letztes As im Ärmel: Auch Berger, mit dem er noch eine persönliche Rechnung offen hat, soll spüren, wie es ist, seine Familie zu verlieren. Aber der verwitwete Berger hat gar keine Familie; jedenfalls keine eigene.