Damit das Spenden Zukunft hat

Spenden zur Adventszeit
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Gerade in der spendenstärksten Adventszeit laufen klassische Spendenbriefe, WerbekampagnenTestaments- und Nachlassberatung, Online-Fundraising und Großspenden-Aquise auf Hochturen.
Damit das Spenden Zukunft hat
Das ist lange her, als Konfirmanden noch von Haus zu Haus zogen, um mit kalten Händen und verschnupfter Nase für die so genannte Dritte Welt zu sammeln. Wenn es heute ums Geld geht, überlassen auch kirchliche Hilfsorganisationen nichts mehr dem Zufall. Neue Ideen sind gefragt.

Gerade in der spendenstärksten Adventszeit versorgt ein Heer von professionell ausgebildeten Fundraisern die Bundesdeutschen mit raffiniert ausgeklügelten Spendenbriefen und Werbekampagnen. Hinzu kommen CSR-Management, Testaments- und Nachlassberatung, Online-Fundraising oder Großspenden-Aquise. Mit Erfolg! Für 2017 wird bundesweit ein Spenden-Wachstum von 0,9 Prozent auf bis zu 5,5 Milliarden Euro erwartet. Die schlechte Nachricht: Es sind immer weniger Deutsche, die spenden, vor allem die über 70-Jährigen, die langsam wegsterben. Was also tun? Wie sieht die Spendensammlung der Zukunft aus?

Für Dieter Pool, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei Brot für die Welt in Berlin, ist vor allem die Unverwechselbarkeit das A und O bei der Spendenwerbung. Einfach nur traurige große Kulleraugen vermeintlich armer Kinder zu zeigen, sei heute nicht mehr zeitgemäß. "Ich würde keine Fotografien verwenden, weil diese in der Werbesprache austauschbar sind. Ich weiß dann nicht, war das die Welthungerhilfe? War das Unicef? Oder war das misereor?", erklärt der christliche Marketing-Fachmann.

Dagegen hat das evangelische Hilfswerk in den letzten Jahren seine eigene unverwechselbare Werbelinie entwickelt, die Brot für die Welt-Hintergrundfarbe Orange mit schlichten, aber hintersinnigen Sprüchen: "Wir laufen Marathon zum Spaß. Andere zum Brunnen." Oder: "Würde sollte kein Konjektiv sein!" Statt kühl und technokratisch von Fundraising spricht der Brot für die Welt-Marketingleiter lieber von fun-raising. Werbung für die gute Sache kann eben auch Spaß machen und gleichzeitig zum Nachdenken anregen. Zum Beispiel: "Wenn Menschen 350 Kilometer zum Arzt gehen, muss er gut sein. Oder der einzige!"

Und das ist zu lesen und zu sehen auf Plakaten, Postkarten oder in Briefen. Denn überraschend! Bei aller Vernetzung und Digitalisierung, trotz Facebook oder Twitter, gerade in der spendenstarken Adventszeit möchten die meisten Menschen gerne Gedrucktes in den Händen halten. "Das wichtigste fundraising-Instrument in Deutschland ist immer noch der Spendenbrief, gerade zur Weihnachtszeit, weil man in dem Spendenbrief Geschichten erzählen kann", sagt der Theologe Thomas Kreuzer, Direktor der evangelischen Fundraising Akademie in Frankfurt am Main.

Durch Online-Fundraising komme dagegen gerade einmal rund zwei Prozent des deutschen Spendenaufkommens zusammen. Viel mehr im Trend seien andere Wege, Gutes zu tun. "Was wir momentan sehr stark erleben ist die Verknüpfung von Spende und Konsum. Sie kaufen eine gewisse Wassermarke oder ein Produkt und das Unternehmen gibt einen Teil des Umsatzes an eine gemeinnützige Organisation. Spenden wird zu einem Teil des lifestyles", weiß Kreuzer.

Künftig an die Idee des Teilens heranführen

Hinzu komme ein verstärktes Engagement von Unternehmen, im fundraising-Denglisch corporate social responsibility, CSR genannt. So gebe es immer mehr so genannte "social days", an denen Firmen-Angestellte oder Azubis bei Hilfs-Organisationen mitarbeiten. Der dritte Wachstumsbereich sei das geplante Geben, also Erbschaften und Vermächtnisse. Denn noch nie waren die Deutschen so reich und hatten so große Millionenwerte an die kommende Generation weiterzugeben. Noch machen Privatpersonen den Löwenanteil des deutschen Spendenaufkommens von mehr als fünf Milliarden Euro jährlich aus. Die Spendenden seien dabei zunehmend kritischer, was mit dem eigenen Scherflein passiere.

"Daher publizieren immer mehr Organisationen so genannte Wirkungsberichte, um zu dokumentieren, was mit dem Geld gemacht wird", sagt der Direktor der evangelischen Fundraising Akademie. Immer wichtiger werde die Großspendenwerbung im fünf bis sechsstelligen Bereich. Spendengalas oder Werbung mit Prominenten spielten dagegen eine untergeordnete Rolle, weiß Thomas Kreuzer. Zwar sei die Spendensumme leicht gestiegen, doch die Zahl der Einzel-Spender geht stark zurück. Was Oma und Oma noch machten, ist für die Enkelkinder nicht mehr selbstverständlich. Insofern komme es darauf an, die künftige Generation wieder mehr an die soziale Idee des Teilens heranzuführen. 

"Kinder lieben es, wenn sie etwas machen können. Zum Beispiel in der Aktion 5000 Brote. Konfirmanden gehen in die Backstube und backen Brot. Und dann kommt die Frage, was soll denn das Brot kosten? Dann sagen die zwei Euro Spende. Nachdem sie das Brot gebacken haben, sagen die zehn Euro. Sie haben den Wert von Lebensmitteln, sie haben den Wert von Brot entdeckt", weiß Dieter Pool von Brot für die Welt. Insofern hat damit auch die gute alte Spendenbüchse noch nicht ganz ausgedient. Denn die persönliche Ansprache und das Engagement etwa auf dem Weihnachtsmarkt oder in der Fußgängerzone habe immer noch Gewicht und trage zur Identifikation mit der guten Sache bei, weiß Pool.