Holger Karsten Schmidt hat diese Geschichte schon mal erzählt. "Mörder auf Amrum" (Grimme-Preis) mit Hinnerk Schönemann ist einer der schwärzesten Krimis, die im Rahmen der langjährigen Zusammenarbeit des Autors mit Regisseur Mark Imboden entstanden sind. Die Unterschiede zwischen dem Inselpolizisten und dem Harzer Dorfpolizisten Frank Koops sind ähnlich groß wie jene zwischen ihren Darstellern; die Rolle des korpulenten Koops ist Aljoscha Stadelmann wie auf den Leib geschrieben. Was die beiden Beamten eint, ist ihr trockener Humor und ihr ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit. Allerdings ist Koops ein miserabler Schütze, was aber egal ist, denn die größten Ganoven im beschaulichen St. Andreasberg sind in der Regel die gelegentlichen Falschparker. Das ändert sich, als aus heiterem Himmel seine Schulfreundin Christiane (Anja Kling) auftaucht. Die LKA-Personenschützerin bringt eine Frau mit, die zwei Tage später gegen den Gangster Petrovic (Josef Ostendorf) aussagen soll. Weil der Verbrecher gleich mehrere Maulwürfe im Landeskriminalamt hat, ist Koops Freundin am nächsten Morgen ebenso tot wie ihr Begleiter und Petrovics Killer. Überlebt hat allein die Zeugin (Alwara Höfels), denn Christiane hat sie vorsorglich ganz woanders untergebracht; das Double, ebenfalls erschossen, war eine junge Polizistin. Die sterbende Freundin bittet Koops, die Sache zu Ende zu bringen, und der sieht sich nun mit einer ganzen Gruppe von Kollegen konfrontiert, die überzeugt sind, leichtes Spiel zu haben.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Schon der erste "Harte Brocken", mit 7,5 Millionen Zuschauern ein echter Überraschungserfolg, zeichnete sich durch eine prima Story, eine namhafte Besetzung, schöne Bilder und nicht zuletzt durch den Hauptdarsteller aus; Stadelmann ist erneut famos. Regie führt nach Stephan Wagner nun Florian Baxmeyer, der seit einigen Jahren alle "Tatort"-Episoden aus Bremen inszeniert, aber an der Qualität hat sich nichts geändert. Die Gastdarsteller sind nicht mehr ganz so prominent, zumal Anja Kling nicht lange mitwirkt, aber dafür ist Anna Fischer mit von der Partie: Mette Vogt, die neue Polizistin des Nachbarorts, macht Koops Freund und Halmapartner, den Postboten Heiner (Moritz Führmann), ganz wuschig. Zum großen Widerpart des Helden wird mehr und mehr der LKA-Mann Benedikt, den der Österreicher Johannes Krisch mit Hingabe als großen Schurken verkörpert. An seiner Seite agiert Stephan Grossmann, und auch das war eine vortreffliche Wahl, weil er als vermeintlich sanfter Riese das perfekte Pendant zum eiskalten Benedikt ist.
Baxmeyer, der der Versuchung widerstanden hat, die Western-Elemente auch in den Inszenierungsstil zu übernehmen, lässt jedoch nie einen Zweifel daran, wer der Star des Films ist. Stadelmann verkörpert den braven Dorfsheriff, der über sich hinauswachsen muss, konsequent als Antihelden, den seine lausigen Schießkünste nur deshalb nicht ständig in die Bredouille bringen, weil er das Manko durch Heimvorteil und Gewitztheit ausgleicht. Dennoch ist der Film nicht nur wegen der Schießerei zu Beginn ein knallharter ernst gemeinter Krimi. Die komischen Effekte entstehen durch die lakonische Erzählweise, die unerwarteten Handlungswendungen sowie die Tatsache, dass die Gangster mit Polizeiausweis ihren zudem verletzten Gegenspieler so fatal unterschätzen. Umso witziger sind die wenigen wirklichen Humoresken, für die vor allem Heiner sorgt. Dass Schmidt Moritz Führmanns Rolle ausgebaut hat, war eine ausgezeichnete Idee, zumal Koops nun gleich zwei Mitstreiter hat, denn selbstredend mischt beim Showdown auf einer Talsperre auch Mette Vogt wieder mit; Koops treffsichere Kollegin ist im dritten Teil, den die ARD an Weihnachten zeigt, ebenfalls dabei. Dass Heiner, offenbar ein großer Fan von Doc Holliday und Wyatt Earp, ausdrücklich auf die Parallelen zur Schießerei am legendären O.K. Corral hinweist, wäre zwar nicht unbedingt nötig gewesen, sorgt aber für ein amüsantes Nebengeplänkel. "Die Kronzeugin" vermittelt ohnehin, dass Schmidt beim Schreiben bestimmt viel Spaß hatte, und fürs Zuschauen gilt das nicht minder; dafür sorgen schon allein Details wie die dank eines simplen optischen Effekts besondere Anmutung des Vorspanns oder Koobs trocken vorgetragene kleine Späße ("Ein Colt für alle Fälle"). Auch die vom Schlagzeug dominierte Musik von Stefan Döring trägt viel dazu bei, dass der Harz-Thriller ein richtig guter Film ist.