"Ich habe für die Rolle extra zugenommen"

Der Schauspieler Maximilian Brückner
Foto: Tobias Hase / dpa
"Ich habe für die Rolle extra zugenommen"
Maximilian Brückner über seine Rolle als Martin Luther im ZDF, wie er als Katholik zur Reformation steht und was Luther nach 500 Jahren noch immer aktuell macht.

Deutschland feiert die Reformation: Vor 500 Jahren veröffentlichte Martin Luther seine 95 Thesen - es war der Beginn einer neuen Epoche. Das fast dreistündige Historienepos "Zwischen Himmel und Hölle" (Montag, 30.10., 20.15 Uhr, ZDF) beleuchtet am Vorabend des Jubiläums die Anfänge der Reformation: Maximilian Brückner spielt den Theologen Martin Luther, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts gegen den Ablasshandel wettert. Seine Ideen verbreiten sich rasch, doch der Streit über den künftigen Kurs entzweit die junge Reformbewegung. Der Prediger Thomas Müntzer (Jan Krauter) wird sogar vom Freund zum erbitterten Feind Luthers. Maximilian Brückner kam 1979 in München zur Welt und spielte nach der Schauspielausbildung zunächst am Münchner Volkstheater. Seinen Durchbruch hatte er 2006 als Saarbrücker "Tatort"-Kommissar, den er bis 2012 spielte. Zuletzt war Brückner in den ambitionierten Serien "Pregau" und "Hindafing" zu sehen. Der 38-jährige Bayer, der in seiner Freizeit Tuba spielt, ist verheiratet und hat ein Kind. Das Paar lebt mit mehreren Geschwistern und Brückners Eltern auf einem historischen Hofgut im Chiemgau, wo die Familie auch ein Trachtengeschäft betreibt.  

Herr Brückner, Sie verkörpern Martin Luther in dem Film "Zwischen Himmel und Hölle", der zum Reformationsjubiläum im ZDF läuft. Welcher Konfession gehören Sie selber an?

Maximilian Brückner: Ich bin katholisch. Als ich zum Casting gegangen bin, habe ich fast nicht geglaubt, dass ein bayerischer Katholik ernsthaft für die Rolle in Frage kommt. Aber es hat geklappt und ich bin sehr froh darüber.

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Welche Rolle spielt Religion in Ihrem Leben?

Brückner: Ich glaube an etwas - ob das unbedingt der christlichen Norm entspricht, ist eine andere Sache. Ich bin mit manchen Dingen in der Kirche gar nicht einverstanden. Was ich an Religion mag ist der hohe Stellenwert von Gemeinschaft und Nächstenliebe. Und ich gehe gerne in Kirchen, weil sie zu den wenigen Orten zählen, wo man sich zurückziehen kann, wo man sein Handy auslässt und still sein darf.

Luther hat die Bibel ins Deutsche übersetzt. Wann haben Sie zum letzten Mal in der Bibel gelesen?

Brückner: Bei den Dreharbeiten zum Film. Mir ist dabei klar geworden, wie poetisch Luther die Bibel übersetzt hat, nehmen Sie nur die Stelle "Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort." Das finde ich einfach wunderschön. Mir war auch nicht klar, welchen starken Einfluss Luther auf die deutsche Sprache hat. "Perlen vor die Säue" ist nur eines von vielen bekannten Zitaten. Seine Bibelübersetzung war das erste Buch, das massenhaft gedruckt und verbreitet wurde, und deshalb hat er die Alltagssprache so beeinflusst.   

Was hat Sie daran gereizt, Martin Luther zu verkörpern?

Brückner: Das Wichtigste ist natürlich das Drehbuch, denn es hilft einem nichts, wenn man eine wunderbare historische Figur spielt und das Buch ist schlecht. Und hier hat es mich total überzeugt, wie die Wandlung Luthers geschildert wurde - die Wandlung vom Mönch, der sagt, dass es mit dem Ablasshandel so nicht weitergehen kann, zu einem berühmten Politiker, der sich mit den Obrigkeiten arrangiert und plötzlich mit dem Kurfürsten und dem Erzbischof am Tisch sitzt. Das fand ich spannend. Es hat mich auch deshalb interessiert, weil ich als Schauspieler aus Erfahrung weiß, was es heißt, im Rampenlicht zu stehen - es verändert einen Menschen, wenn er auf einmal extrem bekannt wird.

"Es geht darum zu zeigen, dass Luther die Kirche nicht im Alleingang reformiert hat"

Was ist in Ihren Augen das zentrale Anliegen des Films?

Brückner: Es geht darum zu zeigen, dass Luther die Kirche nicht im Alleingang reformiert hat. Der Film erzählt die Geschichte von drei jungen Leuten, die die Welt verändern wollten: Martin Luther und seine beiden Mitstreiter Andreas Bodenstein und Thomas Müntzer. Sie waren nicht die ersten, sie kamen bloß zur richtigen Zeit. Luther wäre heute nicht so bekannt oder vielleicht auch hingerichtet worden wie Jan Hus im Jahrhundert zuvor, wenn die Zeit nicht reif gewesen wäre.

Haben Sie versucht, sich Luther optisch anzugleichen?

Brückner: Ich habe ein bisschen zugenommen, er war ja etwas runder und deshalb habe ich eine Zeitlang mehr gegessen als üblich. Dann haben wir meine Haare so frisiert, dass mein Gesicht breiter wirkte. Außerdem wurden die Zähne von uns Schauspielern künstlich verdreckt, was ich super fand. Es ist schlimm, wenn die Darsteller in historischen Filmen ihre blendend weißen Hollywoodzähne in die Kamera halten.

Ihr Luther spricht hochdeutsch. Hatten Sie auch in Erwägung gezogen, in der Rolle den Dialekt aus seiner Heimatregion zu sprechen?  

Brückner: Nein, das stand nicht zur Debatte.

"Die Mönchskutte fand ich superbequem"

Haben Sie Luthers Wirkungsstätten aufgesucht?

Brückner: Nein, die sind ja auch nicht mehr originalgetreu erhalten. Die Wartburg hat mit der damaligen Zeit gar nichts zu tun. Ich war froh, dass wir in Tschechien gedreht haben, da musste man nicht ganze Straßenzüge umbauen, das ist an den entsprechenden Stellen viel authentischer als es die Wartburg heute ist. Man geht dort durch Dörfer und Straßen und fühlt sich wie in dieser Zeit - ich musste nur die Kutte anlegen und es funktionierte sofort.

Sie meinen Luthers berühmte Mönchskutte, die fest zu unserem Bild vom Reformator gehört…

Brückner: Die fand ich übrigens superbequem. Ein bisschen kalt vielleicht, aber mit Unterwäsche ging es. Es ist ein interessantes Kleidungsstück - so eine Kutte ist schnell angezogen und man muss sich nicht lange überlegen, was man wie kombinieren könnte. Sie hält auch Wasser ab, weil sie aus festem Stoff ist, und optisch sieht sie mit der Kapuze wahnsinnig cool aus, finde ich.

"Manche Leute in Europa und anderswo sind bestrebt, die Welt wieder ins Mittelalter zurückzuversetzen. Aber wenn man sich mit Luther und seiner Zeit befasst, weiß man wieder, warum man das nicht will"

Einige Szenen in dem Film wirken relativ heutig - unter anderem fällt der Satz: "Das ist doch irre". Haben die Leute damals wirklich so gesprochen?

Brückner: Was speziell diese Formulierung betrifft weiß ich es nicht. Lustigerweise gibt es aber Wörter, die für uns völlig modern wirken, die haben die Menschen damals aber gesagt. Wir haben in dem Film auf jeden Fall versucht, unser heutiges Deutsch der Sprache von damals anzupassen, ohne dass es zu altbacken wirkt.

Und warum sollte man sich 500 Jahre nach Beginn der Reformation noch für Luther und seine 95 Thesen interessieren?

Brückner: Weil manche Leute in Europa und anderswo bestrebt sind, die Welt wieder ins Mittelalter zurückzuversetzen. Aber wenn man sich mit Luther und seiner Zeit befasst, weiß man wieder, warum man das nicht will. Die Freiheiten, die wir heute genießen und die blutig erkämpft wurden, verdanken wir zum Teil Luther. Dafür sollten wir extrem dankbar sein.