14.10., ZDF, 17.35 Uhr: "plan b: Arme Rentner, reiche Rentner"
Immer mehr Deutsche fürchten sich vor der Armut im Alter. Doch dagegen könnte die Politik etwas tun. In Holland und Österreich geht es den Rentnern besser. Was machen diese Länder anders? In Österreich zahlen auch die Beamten und Selbstständigen in die Rentenversicherung ein. Im Schnitt hat jeder Rentner dort 500 Euro mehr als in Deutschland. Auch in Holland liegt die Grundrente für alle weit über 1000 Euro im Monat. Von solchen Renten kann Werner Huhnstein aus Gelsenkirchen nur träumen. Seit einem Jahr befindet er sich im Ruhestand, doch genießen kann er den nicht. Mit 545 Euro Regelrente und einer Hinterbliebenenrente von 187 Euro zusätzlich kommt er kaum über die Runden. So jobbt der ehemalige Fernfahrer noch nebenbei als Sargträger, spart an allen Ecken und Enden. Huhnstein ist keine Ausnahme. Immer mehr deutsche Senioren verarmen. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung könnte bald jeder fünfte deutsche Rentner von Altersarmut bedroht sein. Hauptsächlich betroffen: Menschen, die zeitweise wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder der Erziehung ihrer Kinder nicht in die Rentenversicherung einzahlen konnten - aber auch Niedrigverdiener, die viele Jahrzehnte gearbeitet haben. Thilo Thielke zeigt mit seiner Reportage, dass es auch anders gehen kann. Nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, in dem Dörfchen Alphen aan de Maas, lebt die Rentnerin Mariet van der Broeck. Insgesamt hat sie heute mehr Geld zur Verfügung als früher. Während sie als Krankenpflegerin zuletzt auf 950 Euro Monatsverdienst kam, erhält sie heute insgesamt fast 1500 Euro monatlich. Der Grund: das niederländische Rentensystem, Cappuccino-Modell genannt. Als Basis erhält jeder, der mindestens 50 Jahre lang in Holland gelebt hat, eine Grundrente von 1098 Euro, dazu kommen Betriebsrenten und eine private Altersvorsorge. Auch in Österreich kennen die Senioren die Probleme ihrer deutschen Nachbarn nicht. So kann die ehemalige Hilfsarbeiterin Renate Kauscheder von ihrer Rente gut leben und sogar zweimal im Jahr in Urlaub fahren. 1009 Euro bekommt sie - und das 14 mal im Jahr. Wie kann das gehen? Österreicher zahlen mehr in die Versicherung ein, der Arbeitnehmeranteil ist größer. Und: In Österreich muss sich jeder an der Finanzierung der Renten beteiligen, in Deutschland gibt es viele Ausnahmen. Holland und Österreich beweisen: Es gibt einen Weg aus der Armutsfalle für Rentner, einen Weg, von dem Deutschland lernen kann.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
15.10., Arte, 22.45 Uhr: "Empört Euch! Engagiert Euch! - Stéphane Hessel"
Im Oktober 2010 erscheint Stéphane Hessels Pamphlet "Empört Euch!" und wird zum gänzlich unerwarteten Welterfolg. Fast zwei Millionen verkaufte Exemplare. In viele Sprachen übersetzt, trifft es den Nerv der Zeit. Besonders bei jungen Menschen und nicht nur in Europa, sondern gerade auch in der arabischen Welt. Mit 93 Jahren wird Stéphane Hessel etwas, was er, der aus einem literarischen Elternhaus kommt, nie werden wollte: ein berühmter Schriftsteller.
Hessel, der als Nachkomme jener Dreiecksbeziehung zur Welt kommt, die später François Truffaut zu seinem Klassiker "Jules und Jim" inspirieren soll, wandert mit sieben Jahren mit der Mutter von Berlin nach Paris aus, ist Résistance-Kämpfer, Buchenwald-Überlebender und UNO-Diplomat und bis dato vor allem in Insiderkreisen bekannt. Mit seinem Pamphlet wird er 2010 plötzlich zur Ikone der Protest- und Jugendbewegung in ganz Europa und Nordafrika und zum Kronzeugen der Occupy-Bewegung an der Wall Street. Auch sieben Jahre später ist Stéphane Hessel noch immer in aller Munde. Im Juli 2017, kurz vor dem G20-Gipfel in Hamburg, trägt ein einzigartiges Autoren- und Künstlerensemble den vollständigen Text von "Empört Euch!" vor. Unter ihnen Barack Obamas Schwester Auma Obama, der Journalist Günter Wallraff, Liedermacher Konstantin Wecker und Schauspieler Mathieu Carrière. Es geht um nichts weniger als die Rebellion gegen die Ungerechtigkeit in der Gesellschaft, um Menschenrechte und die Zerstörung der Umwelt. Der Dokumentarfilm sucht nach Antworten auf die Frage, wie jemand im hohen Alter zum Held der Jugend wird. Ein Geheimnis seiner Anziehung ist seine Wahrhaftigkeit und sein Optimismus, sein Charme und seine Persönlichkeit.
16.10., ARD, 22.45 Uhr: "Die Story im Ersten: Der Europa Check"
Europa hat Millionen Feinde. Nicht nur unter Rechtspopulisten. "Brüssel" ist zum Synonym geworden für undemokratische, arrogante, bürgerferne und teure Entscheidungen. Das erfolgreiche Europa wird totgeschwiegen. Woher kommt das schlechte Image und was ist überhaupt dran? Matthias Ebert und Joanna Jäschke haben sich mit Europagegnern und Europafreunden auf die Suche nach der Wahrheit gemacht. Dabei trafen sie unter anderem Manfred Müller. Er betreibt einen Internetversand und publiziert in seiner Freizeit EU-kritische Beiträge. Er kritisiert, dass die EU-Staaten ihre Grenzen nicht mehr schützten und Europa zu schwerfällig sei. Sein Gegenentwurf ist Hansjörg Schmitt, Mitbegründer der Bewegung "Pulse of Europe", die Zehntausende zu Pro-Europa-Demonstrationen auf die Straßen bringt. Auch er will die EU reformieren, aber dafür muss sie zunächst mal erhalten bleiben. Und es gibt genug Erfolge, die für Europa sprechen. Über 130 Milliarden Euro hat die EU allein 2017 zur Förderung von großen und kleinen Unternehmen ausgegeben, für Jugend-Werkstätten in Sachsen oder die größte Unfallklinik der EU in Birmingham. Überallhin fließt Geld aus Brüssel - und trotzdem schrumpfte die Zustimmung zur EU. Nur noch 33 % der Menschen in Sachsen finden sie irgendwie sinnvoll. Chloé und Lucas in Mainz sehen das ganz anders. Sie sind zwei von circa einer Million "Erasmus-Babys". Ihre Eltern haben sich in Leipzig über das Austauschprogramm für Studenten kennen gelernt; genauso wie Millionen andere in den letzten dreißig Jahren. Aber der Film weist auch auf die Kardinalfehler hin. Da ist beispielsweise das Demokratiedefizit, denn nur das Parlament wird demokratisch gewählt. So wächst der Einfluss der Lobbyisten. Das macht die EU wirtschaftsnah und verbraucherfern. Und dann die Doppelmoral: Flüchtlinge zum Problem erklären, aber gleichzeitig Fluchtursachen verstärken. Das Autorenduo zeigt auf, wie es weiter gehen könnte mit Europa. Nach dem Vorbild Irlands könnte eine Bürgerversammlung Vorgaben für Berufspolitiker ausarbeiten, grundsätzliche Entscheidungen öffentlich diskutieren: Soll die EU eine eigene Armee bekommen? Sollen alle EU-Länder die gleichen Steuern erheben, um Steuerdumping zu verhindern? Wie soll die EU auf die Flüchtlingskrise reagieren? Oder auf Austrittsbewegungen? In Wales lag die Zustimmung zum Brexit landesweit am höchsten. Dabei profitierte kaum eine Region Europas so stark von den EU-Strukturfonds. Diese Hilfen fallen zukünftig spürbar weg, bei vielen herrscht Katerstimmung. Was bedeutet es für die EU, wenn sich andere Länder dem Brexit anschließen? Ex-Außenminister Joschka Fischer soll die Frage aller Fragen beantworten: Ist Europa noch zu retten?
16.10., ARD, 23.30 Uhr: "Geschichte im Ersten: Widerstand unter Hitler"
"De gode Tysker", der gute Deutsche, wird er in Dänemark noch heute genannt, oder auch der "Schindler von Kopenhagen": Georg Ferdinand Duckwitz rettete fast 7.000 dänische Juden vor der Deportation durch die deutsche Wehrmacht. Diese Tat eines Mitglieds der deutschen Besatzungsmacht während der Zeit des Nationalsozialismus ist in Europa beispiellos. Für diese Verdienste wurde der Diplomat in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als "Gerechter unter den Völkern" geehrt. Reinhard Jokschs Film widmet sich dieser außergewöhnlichen Rettung und dem Leben von Duckwitz mit seinen Brüchen. Duckwitz hat sich vom rechtsnationalen Korpsstudenten hin zum Demokraten und Europäer gewandelt. Er trug sowohl das Schreckliche wie auch das Gute des letzten Jahrhunderts ins sich. Seine Biografie ist die Lebensgeschichte eines Mannes, der heute im Auswärtigen Amt als Vorbild gilt: weil er sich gegen den Zeitgeist und erst recht gegen die Verbrechen der Nazis stellte, weil sein moralischer Kompass nicht nur weiterhin funktionierte, sondern Richtschnur seines Handelns wurde. Als junger Mann war er von den Ideen Hitlers begeistert, ab 1933 war er im Außenpolitischen Amt der NSDAP tätig. Alles deutete auf eine Bilderbuchkarriere hin, die kaum erwarten ließ, dass er einmal tausenden Juden das Leben retten würde. Doch anders als viele andere hochrangige Nazis zweifelte er bald am System und der Ideologie der Nationalsozialisten. Bereits 1935 wendete er sich von der Partei ab, ohne jedoch auszutreten. Er galt als Abtrünniger und wurde 1939 als Schifffahrtssachverständiger der deutschen Besatzer nach Kopenhagen entsandt, wo er den Mut hatte, die dänischen Behörden vor der drohenden Deportation ihrer Mitbürger zu warnen. Damit riskierte er zwar sein eigenes Leben, rettete aber Tausenden dänischer Juden das Leben, denn als die deutschen Besatzer im Oktober 1943 in Kopenhagen eine Razzia durchführten, hatten die meisten Juden die Stadt bereits verlassen.
16.10., 3sat, 23.55 Uhr: "37 Grad: Feierabend, Bauer!"
Ein Hightech-Bauernhof und ein Biohof stehen vor einem Generationswechsel. Wie kommen Altbauern und Nachfolger in der Übergangsphase miteinander zurecht? Heißt es plötzlich Alt gegen Neu? Der Hightech-Hof war früher ein traditioneller Bauernhof. Jetzt gibt es einen Computerraum neben dem Stall, Melkroboter, Bildschirme zur Kontrolle. Für den Altbauern ist das eine fremde Welt. Tobias, sein Sohn, wollte das alles so. Zu einem hohen Preis. Seitdem der 26-Jährige sich nach dem Agrarstudium entschlossen hat, auf dem Hof der Eltern einzusteigen, ist dort vieles im Umbruch. Ein moderner neuer Stall wurde gebaut, für sehr viel Geld. Seine Eltern drückt nun ein gewaltiger Schuldenberg. Im Neubau stehen jetzt siebzig Milchkühe, doppelt so viele wie im alten Stall. Mehr Platz, Licht, Luft, Milch - und weniger Arbeit. Letzteres ist zumindest die Hoffnung von Tobias und seiner Freundin. Die beiden haben sich bewusst für die Landwirtschaft, auch für Milchviehhaltung, entschieden; aber sie wollen auch Zeit für sich. Auf einem anderen Hof verläuft der Generationswechsel reibungsloser. Hier war der ergraute Christoph bis vor Kurzem der Chef. Er hat den traditionsreichen Biobetrieb bei Stuttgart über dreißig Jahre lang durch alle Höhen und Tiefen gesteuert. Jetzt hat ein junger Mann die externe Hofnachfolge angetreten. Nach einem Jahr Probezeit übernimmt der 29-Jährige Lukas mehr und mehr Verantwortung. Für die Gärtnerei, den Obstbau, die zehn Milchkühe. Für die Direktvermarktung der Bioprodukte an viele Stammkunden und Gesellschafter, die den Hof auch durch praktische Mitarbeit rund ums Jahr unterstützen. Christoph ist als leidenschaftlicher Verfechter des biodynamischen Landbaus zwar viel zu Beratungen und Vorträgen unterwegs, aber auf dem Hof mischt er sich immer noch gern ein; das Loslassen fällt ihm schwerer als erwartet. Ulrike Baur hat den Generationswechsel auf den beiden ganz unterschiedlichen Höfen über mehr als ein halbes Jahr begleitet.
17.10., Arte, 23.30 Uhr: "Danke für den Regen"
Der Sturm ist ohrenbetäubend, plötzlich fliegt das Blechdach von der Lehmhütte: Nein, solche Unwetter hat der kenianische Farmer Kisilu Musya zuvor nie erlebt. "Danke für den Regen", sagt er dennoch, aber diesmal mit einem bitteren Ton. Eigentlich ist der Regen in dem Dürregebiet ein Segen. Die ganze Familie, seine Frau Christina und die Kinder warten normalerweise sehnsüchtig darauf. Vom Regen hängt die Ernte ab, von der Ernte das Schulgeld und meist nicht weniger als das nackte Überleben. Doch jetzt wird der ungewöhnlich starke Regen zur zerstörerischen Macht, der die sorgsam gehegten Pflanzen einfach mit sich reißt. Vor fünf Jahren hat Kisilu begonnen, die Auswirkungen des Klimawandels auf das Leben seiner Familie und seines Dorfes zu filmen. Damals will ihn die junge norwegische Dokumentarfilmerin Julia Dahr porträtieren, weil sie fasziniert ist von Kisilus Willen, sein Überleben selbst in die Hand zu nehmen und ganz praktisch etwas gegen die fatalen Folgen zu tun. Er stimmt zu, unter der Bedingung, selbst filmen zu dürfen. Mit seiner Kamera dokumentiert er Überschwemmungen, Dürreperioden und wie die Klimaveränderungen die Männer zwingen, ihre Familien zu verlassen, um anderswo nach Arbeit zu suchen. Er ist überzeugt, dass das Pflanzen von Bäumen in seiner Region das Mikroklima positiv verändern wird. Doch der Weg dorthin ist lang. Als Kisilu zur internationalen Klimakonferenz als Vertreter der Bauern in Dürregebieten nach Paris eingeladen wird, beginnt für ihn eine abenteuerliche, aber auch ernüchternde politische Reise, bei der er eine neue Seite von "Klimagerechtigkeit" entdeckt.
18.10., WDR, 22.10 Uhr: "Vom Kindersoldaten zum Söldner - Weil sie wissen, wie man tötet"
Sie sind jung, sie können kämpfen, schießen und töten. Als Kindersoldaten in Uganda und Sierra Leone haben sie genau das gelernt. Jetzt werden sie von Unternehmen in Europa angestellt, die genau diese Fähigkeiten suchen, weil sie mit dem Krieg Geld verdienen, im Irak, in Afghanistan und in anderen Kriegen dieser Welt. Bockarie Marrah ist einer von ihnen. Er wurde von den Rebellen des Bürgerkriegs in Sierra Leone gekidnappt, seine Eltern vor seinen Augen abgeschlachtet. Dabei hatte er noch Glück, andere Kinder wurden gezwungen, ihre Eltern selbst zu töten. Nach dem Bürgerkrieg wurde Bockarie Marrah in ein Camp gebracht, in dem man versuchte, den Kindersoldaten zu helfen. Mit internationalem Geld wurden Programme entwickelt, die sie lehren sollten, ihre Erlebnisse zu verkraften, nicht mehr zu töten, wieder Gefühle zu haben.
Doch dann kommen Rekruten privater Sicherheitsfirmen und bieten den Kindern und Jugendlichen Jobs als Soldaten, als Wachpersonal und als Servicekräfte an - für einen Hungerlohn. Und weil es in ihren Ländern keine Arbeit gibt, lassen sich die ehemaligen Kindersoldaten wieder anheuern, müssen wieder zu den Waffen greifen. Den Firmen nutzen ehemalige, traumatisierte Kindersoldaten, weil sie billig sind und keine Skrupel haben, zu töten. Früher waren es vor allem amerikanische Sicherheitsunternehmen, die Personal für Kriege rekrutierten. Heute befindet sich eines der größten Unternehmen in London. Aegis ist eine der führenden Militär- und Sicherheitsfirmen der Welt und gehört seit 2015 zum kanadischen GardaWorld-Konzern. Zu seinen Kunden zählt Aegis nach eigenen Angaben Regierungen, internationale Agenturen und Unternehmen. Für sie wirbt das Unternehmen Söldner an. Für Michael Wessells, Psychologie-Professor an der Columbia Universität, der jahrelang Kindersoldaten behandelt hat, ist das ein Skandal: "Nichts könnte für diese jungen Menschen schlimmer sein. Und nichts könnte schlechter für die Sicherheit sein."
18.10., BR, 19.00 Uhr: "Stationen"
Erleuchtete Meister laden zu magischen spirituellen Momenten. Schamanen trommeln in mystische Welten. Coaches und Motivationstrainer bieten ihre Hilfe an, um das wahre Ich zu finden und die Lebensqualität zu verbessern. Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als 35.000 sogenannte Lebensberater. Der Markt ist unübersichtlich. Die Kirchen haben ihr Monopol auf Religion verloren. Das Geschäft mit den Erfolgs- und Glücksrezepten, dem Übersinnlichen und Transzendenten hat sich etabliert und folgt eigenen, höchst irdischen Gesetzen. Die Reportage zeigt, wo Vorsicht geboten ist, weil einige Gurus eher Gauner sind und einige Meister Menschenfänger.
18.10., SWR, 23.00 Uhr: "Einfach loslassen"
Wie konzentriert man sich auf das Wesentliche im Leben? Kann man durch die Reduzierung materieller Güter und einen freiwilligen Verzicht auf übermäßigen Konsum mehr innere Zufriedenheit gewinnen? Seit einigen Jahren gewinnen Ideen von "Downsizing" und "Minimalismus" im persönlichen Lebensumfeld in Deutschland an Bedeutung. Kann man "loslassen" also lernen, indem man diesen Lebensmodellen folgt? Amon Barth machte für seinen Dokumentarfilm eine persönliche Erkundungsreise zu Menschen, die sich von materiellen Gütern trennen oder sich geistig von Ballast befreit haben, um mehr innere Gelassenheit zu finden. Er wollte rausfinden, ob "Loslassen" wirklich die Lösung oder ein sinnentleerter Allgemeinplatz aus esoterischen Selbsthilferatgebern ist, und musste erst mal feststellen, dass sein Vorhaben schwieriger war als erwartet. Wohnung und Keller sind vollgestopft mit überflüssigen Dingen, auch der eigene Kopf ist zu voll. Warum ist es so schwer, die eigenen Verhaltensmuster zu überwinden? Kann man Loslassen lernen? Barth besucht seine Mutter, die ihren Dachboden entrümpelt und dabei auf viele Erinnerungsstücke stößt. Hierbei eröffnen sich zunehmend auch innere Dimensionen des Loslassens, etwa in der Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Auf seiner Reise quer durch Deutschland und Frankreich begegnet Barth Freunden und Bekannten, die das Loslassen auf unterschiedliche Weise praktizieren. Er erkennt, dass man Loslassen zwar nicht erzwingen, aber durchaus üben kann.
19.10., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Von Beruf Mutter"
Mit 43 Jahren fragte sich die Verlagsangestellte Marina S., ob sie wirklich noch bis zur Rente an einem Schreibtisch arbeiten wollte. Auf der Suche nach etwas Neuem begann sie Stellenanzeigen zu wälzen und stolperte dabei über eine Anzeige mit dem Text "SOS-Kinderdorfmutter gesucht". Die Anzeige wollte ihr nicht wieder aus dem Kopf; was dort beschrieben wurde, klang so anders als alles, was sie bislang gemacht hatte. Nach einem einjährigem Praktikum in einem Kinderdorf und anschließender dreijähriger Ausbildung zur Erzieherin für Jugend- und Heimerziehung ist es soweit: Marina wird eine eigene Kinderdorf-Familie gründen. Ihr Lebensgefährte Thomas trägt die Entscheidung mit, auch wenn er weiß, dass er sie ab sofort mit den Kindern wird teilen müssen.
Meist sind es zwischen vier und sechs Kinder, die zu einer SOS-Familie gehören. Marina wird also praktisch über Nacht Chefin einer Großfamilie, Managerin, Erzieherin; aber kann sie auch die Mutter sein? Frank Papenbroock hat Marina ein Jahr lang bei dieser Familiengründung der etwas anderen Art begleitet. An einem Abend im August kommen die ersten beiden Geschwisterkinder, kurz danach drei weitere Geschwisterkinder, alle sind aus mehr oder minder schwierigen familiären Verhältnissen. Was brauchen diese Kinder? Regeln, Erziehung, Sicherheit? Oder brauchen sie auch Liebe? Welche Rolle spielen die leiblichen Eltern und wie schafft es Marina, diesen Kindern zu geben, was sie brauchen? Der Film lotet aus, was es heißt, Kinderdorfmutter zu sein. Das Ergebnis ist ein Langzeitporträt, das den allmählichen Wandel in einer neu entstandenen Ersatzfamilie zeigt und Einblick in die geschlossene Welt eines Kinderdorfs gewährt.
19.10., MDR, 22.35 Uhr: "Nah dran: Gottlos glücklich?"
Jens Tobias ist überzeugter Atheist. Der Unternehmensberater aus Leipzig ist wie die Mehrheit der Ostdeutschen ohne Kirche und Religion aufgewachsen. Ihr Leben ist aber nicht weniger sinnhaft, sie setzen sich nicht weniger für die Gemeinschaft ein und sie sind auch nicht weniger interessiert an ethischen Fragen als die Westdeutschen. Tobias jedenfalls hat bis heute keinen Gott gebraucht. Weder in schönen Zeiten, noch in den schweren, als seine Ehe in die Brüche ging und er an Depressionen litt. Man muss sich selbst helfen, findet er. Und auf die Menschen bauen, die einen umgeben: die Freunde, die Familie. Auch Bettina Göbel war lange überzeugt, keinen Gott zu brauchen. Sie ist aus dem Westen und getauft, aber nach der Konfirmation wurde die Entfremdung immer größer. Die Arbeit in ihrer Tierarztpraxis und auf dem Bauernhof, die Erziehung der Tochter: Da blieb überhaupt keine Zeit mehr, über Religion nachzudenken. Doch dann starb plötzlich ihr Mann; nach und nach kam der Glauben zurück, den sie seit ihrer Kindheit vergessen hatte. Heute kann sie sich ein Leben ohne Gott und Kirche überhaupt nicht mehr vorstellen.
Zwei Menschen, die symptomatisch für zwei Parallel-Entwicklungen in unserem Land stehen: die zunehmende Säkularisierung einerseits und die wieder erstarkende Sehnsucht nach Glauben und Religion andererseits. Der Film wagt ein interessantes Experiment: Bettina Göbel fährt nach Leipzig fahren und besucht Jens Tobias, zu um mit ihm über das Leben, das Sterben und über den lieben Gott zu reden. Eine spannende Begegnung zweier Menschen, die jeder auf seine Weise ziemlich typisch sind für unsere Gesellschaft.