Kaum ist die Handy-Kamera auf das Stoffquadrat am Altar ausgerichtet, piept auch schon das Smartphone und schlägt sogleich eine Internetseite vor. Diese zeigt dem Besucher, wo das Schmucktuch hergestellt wurde. Ein großflächiger QR-Code mitten im Zentrum des Paraments macht es möglich.
"Alte Handwerkskunst kann ziemlich modern sein", sagt Klostervorsteherin Mechthild von Veltheim. Jetzt enthüllte sie im evangelischen Kloster St. Marienberg in Helmstedt den nach ihren Recherchen "weltweit ersten Altarschmuck mit Internet-Anbindung". Nach einigen Jahren der Vorbereitung ist die knapp einen Quadratmeter große Stoffbahn entstanden.
Helmstedter Kloster fertigt Schmucktextilien mit Internet-Anbindung
Rote Seidenbänder, zu zentimeterbreiten Elementen zusammengestickt, bilden den Code auf reinweißem Untergrund. "Die Seidenbänder derart präzise anzuordnen ist eine ziemliche Fummelarbeit", sagt von Veltheim.
An sich ist die Quick-Response-Technik (QR) weit verbreitet. Kommunen statten Denkmäler mit QR-Codes aus, in Museen lassen sich an Kunstwerken darüber zusätzliche Informationen abrufen, und auch manche Kirche oder Kapelle bietet Reisenden mit einer Hinweistafel samt Code die Möglichkeit, sich eingehend mit dem Gebäude zu befassen. "QR-Codes auf Stoff gab es nach unserem Wissen bislang nur auf Handtüchern."
Die Idee, einen QR-Code zum Altarschmuck zu machen, kam von Veltheim vor einigen Jahren bei einer Dienstreise nach Oldenburg. Dort habe sie zum ersten Mal von Bänken erfahren, auf denen der Bremer Künstler Michael Weisser QR-Codes angebracht hatte. "Ich dachte mir, wenn das auf Bänken funktioniert, müsste doch auch mit edlem Stoff machbar sein." So kam die Paramentenwerkstatt mit dem Künstler in Kontakt. "Er lieferte auch den Entwurf für ein Antependium, also ein Tuch, das vor dem Altar hängt", ergänzt die Klostervorsteherin.
Die Möglichkeiten, welche Informationen mit dem Parament übermittelt werden, seien grenzenlos, sagt von Veltheim stolz. Für den Anfang habe sich das Kloster für die Internetseite der Werkstatt entschieden.
Sie habe keine Sorgen, dass Kirchenbesucher zukünftig deswegen des Paramentes mehr mit dem Smartphone als mit dem Gottesdienst beschäftigt seien, sagt die Klostervorsteherin. "Die Kirche ist bis heute ein Ort, an dem das Handy eher weggesteckt wird." Wer sich für das Parament interessiere, könne sicher auch bis zum Ende der Predigt warten. "Dann ist ohnehin die Zeit gekommen, sich mit einer tieferen Botschaft auseinanderzusetzen."