Südkoreas Christen haben an Präsident Moon Jae-In appelliert, einen Dialog mit Nordkorea zu suchen. Die eskalierende Krise um Nordkoreas Atomwaffenprogramm müsse auf diplomatischem Weg entschärft werden, heißt es in einem am Donnerstag in Seoul veröffentlichten Brief des Nationalen Kirchenrates von Südkorea. Unter den Menschen auf der Halbinsel breite sich die Angst vor einem Krieg aus, hieß es. Das Leben vieler Männer, Frauen und Kinder dürfe nicht durch Provokationen aus den USA und Nordkorea gefährdet werden.
Die eskalierenden politischen Spannungen erfüllen auch die christliche Minderheit in Nordkorea mit großer Sorge. Die Angst vor einem amerikanischen Angriff sei groß, sagte der ehemalige Ostasienreferent der Evangelischen Mission in Solidarität, Lutz Drescher, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Hinter der Angst steckten Erinnerungen an den Koreakrieg (1950-1953), in dem der nördliche Teil des Landes massiven Bombardierungen ausgesetzt gewesen sei. Die rund 12.000 Christen im kommunistisch regierten Nordkorea stünden von zwei Seiten unter Druck, erläuterte Drescher: Als kleine Minderheit unter 25 Millionen Einwohnern müssten sie sich im eigenen Land rechtfertigen, warum sie einer "westlichen Religion" angehörten. Von westlicher und südkoreanischer Seite werde ihnen wiederum vorgeworfen, sich nicht genug dem nordkoreanischen Regime zu widersetzten.
Die Christen selbst wünschten sich, dass Nordkorea nicht nur in Schwarz-Weiß-Farben wahrgenommen, sondern differenzierter betrachte werde, sagte Drescher. Der Ostasien-Experte engagiert sich im ökumenischen Forum für Korea und trifft regelmäßig nordkoreanische Christen.
Der Weltkirchenrat in Genf betonte unterdessen die Rolle der Kirchen im geteilten Korea beim Abbau von Spannungen. Der Christenbund in Nordkorea und der Nationale Kirchenrat von Südkorea unterhielten trotz der Krise einen engen Kontakt. "Dieser Kommunikationskanal ist einzigartig", betonte der internationale Direktor beim Weltkirchenrat, Peter Prove.
Die beiden christlichen Verbände hätten gemeinsam den internationalen Gebetssonntag für Nord- und Südkorea am 13. August vorbereitet, erklärte er. Er findet zwei Tage vor dem Jahrestag der Befreiung von japanischer Kolonialherrschaft am 15. August 1945 statt. „Das Gebet ist ein wichtiger Teil unserer wachsenden Bewegung zur Überwindung der Feindseligkeiten, die die Teilung der koreanischen Halbinsel bewirken, und zur Fortsetzung einer offenen Zusammenarbeit zwischen Gemeinschaften, Kirchen und Menschen“, betonten der Ökumenische Rat der Kirchen und die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen.
Prove glaubt, dass die Krise keine Auswirkungen auf die Christen im diktatorisch regierten Nordkorea habe. "Die Spannungen werden die Lage der Christen weder verbessern noch verschlechtern", sagte er. Prove und andere Funktionäre des Weltkirchenrats reisten in den vergangenen Jahren mehrmals nach Nordkorea und Südkorea, um sich für einen friedlichen Dialog zwischen den verfeindeten Staaten auf der Halbinsel stark zu machen.
Nordkorea gilt als eines der Länder mit der stärksten Christenverfolgung weltweit. Beobachter gehen davon aus, dass es im Untergrund weitaus mehr Christen gibt, als offiziell angegeben. In Südkorea leben heute etwa neun Millionen Protestanten und fünf Millionen Katholiken, etwa ein Drittel der Bevölkerung gehört einer Kirche an.