Prompt entwickeln die beiden Frauen eine komplett gegensätzliche Beziehung zu dem Baby.
"Aus Liebe zu Dir", schon der Titel deutet es an, hätte ein ganz furchtbarer Film werden können: mit Pathos und großen Gefühlen, verkörpert von Schauspielerinnen, die in den emotionalen Szenen viel zu dick auftragen, flankiert von Klischeefiguren, die typische Reißbrettsätze von sich geben. Zum Glück trifft keiner dieser Punkte zu, wenn man mal vernachlässigt, dass eine Nebenbuhlerin dann doch wie eine Soap-Leihgabe wirkt. Ansonsten aber ist Ines Eschmann und Elke Sudmann ein differenziertes Drehbuch gelungen. Der Konflikt ist zwar konstruiert, aber dank der Verkörperung der beiden Hauptfiguren durch Christina Plate und Isabell Gerschke wirkt die Handlung tatsächlich glaubwürdig. Das gilt auch für die diversen kleinen und großen Dramen, die sich aus dem Babytausch ergeben: Selbstredend vermisst Sophia ihren Sohn; umso mehr bemuttert sie daher den vermeintlichen Enkel.
Natürlich sind einige Aspekte vorhersehbar. Wenn eingangs ausdrücklich auf die Wespenallergie von Sophias Freund hingewiesen wird, weiß man, dass sie später noch eine wichtige Rolle spielen wird. Ebenso ahnt man bald, dass es zum Eklat kommen wird, wenn Tochter Adriana ihr Kind selig an Sophias Brust nuckeln sieht. Vermutlich ist es gar nicht mal der Tabubruch, der Adriana so schockiert, schließlich haben zumindest Kinder wohlhabender Eltern lange genug an der Brust ihrer Amme gelegen. Aber aufgrund der Medikamente, die sie seit der Operation nehmen muss, darf Adriana ihr Baby nicht stillen. Außerdem lässt sich der Säugling von ihr ohnehin kaum beruhigen, während er bei Sophia rundum zufrieden ist, so dass sie sich dem Kleinen immer fremder fühlt.
Der Film beginnt mit einem Bild der Harmonie: Sophia und Adriana, beide hochschwanger, schwimmen in einem See. Man würde sie allerdings eher für Schwestern als für Mutter und Tochter halten. Kein Wunder: Christina Plate (47) ist gerade mal 14 Jahre älter als Isabell Gerschke, die hier, obschon Jahrgang 1979, eine 25jährige Studentin spielt. Davon abgesehen machen die beiden Hauptdarstellerinnen ihre Sache ausgezeichnet, zumal viele der gemischten Gefühle nicht ausgespielt, sondern nur angedeutet werden; etwa der stille Protest, wenn Sophia ihr Baby hergeben muss. Für die beiden Männer an ihrer Seite ist naturgemäß weniger Raum, aber gerade Timothy Peach füllt ihn gut aus: Der um sein Kind betrogene Vater ist hin und hergerissen zwischen Trauer, Mitgefühl und Unverständnis darüber, dass Sophia so auf ihren Enkel fixiert ist. Jobst (Hubertus Grimm), Adrianas Freund, lässt sich angesichts der Gleichgültigkeit seiner Frau gegenüber dem gemeinsamen Baby und dem permanenten Kindergeschrei nur allzu gern durch seine Ex-Freundin ablenken. Christian Kohlund spielt Jobsts Vater. Ausgerechnet er hat die schwächsten Dialoge ("Ihr liebt euch, das ist alles, was zählt"), aber dank seiner Routine wirkt das nicht mal kitschig.
Ohnehin hat Udo Witte das Drehbuch mit großer Zurückhaltung umgesetzt. Als Adriana gleich im Anschluss an den Prolog am See einen Unfall hat, ist nur ein von Musik begleiteter Herzschlag zu hören, Dialoge und Geräusche sind ausgeblendet. All das setzt erst wieder ein, als klar ist, dass Mutter und Kind nach Operation und Kaiserschnitt wohlauf sind. Allerdings wurde übersehen, dass Adrianas Baby einen Herzfehler hat. Zum Finale, wenn es zu einem dramatischen Wettlauf mit der Zeit kommt und sich die vorsätzliche Verwechslung doch noch herausstellt, greift Witte den Herzschlag wieder auf. Geschickt ist auch die Wahl des Schlussbildes, das zwar alle möglichen Interpretationen zulässt, aber definitiv kein verlogenes "Alles ist gut"-Ende nahelegt.