Mit einem Festwochenende und dem Abschlussgottesdienst auf den Elbwiesen in Wittenberg ist der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag zu Ende gegangen. Der anglikanische Erzbischof von Kapstadt Erzbischof Thabo Makgoba predigte über die Kirchentagslosung "Du siehst mich" (1. Mose 16,13) und forderte die Gläubigen auf, "da zu sein in Zeiten des Leidens" und alle, die Unrecht erfahren, "von den vielfältigen Fesseln zu befreien, von denen so viele Menschen gefangen gehalten werden".
Mit Blick auf eine "Welt der Ungerechtigkeit" sagte der Erzbischof: "Wir sind gefordert, andere durch unsere Liebe zu segnen, und sie zu sehen, wie Gott sie sieht." Der Erzbischof lobte außerdem Martin Luther als einen "der wahren Väter demokratischer Freiheit". Die Reformation sei immer noch "ein inspirierendes GPS" für die nächsten 500 Jahre.
Makgoba lehnte sich dann an Martin Luther Kings berühmte "I have a dream"-Rede an und predigte, er habe auch einen Traum für die Welt: "Dass eines Tages, bald schon, die derzeitigen Parolen des Narzissmus, des Nationalismus und der Abschottung verschwinden". Es solle sich ein "weltweites Bewusstsein erheben, dass wir alle Teil der einen Menschheit sind". Die Kinder der zukünftigen Generationen sollten in einer Welt leben, in der es "unbegrenzten und gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, zu Wasserversorgung und zu wirtschaftlichen Chancen gibt". Er bat alle Zuhörenden, bei der Verwirklichung dieses Traums zu helfen. Nach der Predigt sangen die Gottesdienstbesucher gemeinsam "We shall overcome".
Zum Festwochenende in Wittenberg waren 100.000 Menschen erwartet worden. Eine Stunde vor Beginn des Gottesdienstes hatten sich nach Angaben der Veranstalter 50.000 Menschen auf den Elbwiesen eingefunden. Die Veranstalter berichteten aber von einem stetigen Zulauf.
Zum Abschluss des Gottesdienstes rief die diesmalige Kirchentagspräsidentin Christina aus der Au die Zuhörenden dazu auf, "das Gespräch auch mit denen zu suchen, die keinen Dialog führen wollen". Das sei "anstrengend. Und es kann verletzen. Aber nur das durchbricht die verbale Aufrüstung und Gewalt", sagte Aus der Au. Gegen Angst und Verzagen setzte sie Gottvertrauen und das Einstehen "gegen die Angst vor Veränderung". Aus der Au dankte allen, "die dem Kirchentag ehrenamtlich ihre Zeit und ihre Ideen schenken und ihn so besonders machen" und "denen, die mit ihrer ganzen Kraft auf die Beine gestellt haben, was weit über einen Kirchentag hinausgeht".
Auch der Ratsvorsitzende der EKD Heinrich Bedford-Strohm verabschiedete die Kirchentagsbesucherinnen und -besucher. Bedford-Strohm hat von diesem Kirchentag vor allem mitgenommen, dass die Konfessionen wieder stärker zusammengehen sollten: "Wir haben 500 Jahre in Abgrenzung gelebt. Wir wollen endlich wieder zusammenkommen, den ganzen Reichtum unserer Traditionen miteinander teilen und einfach Freundinnen und Freunde in Christus sein – und auch so miteinander leben!" Der bayrische Landesbischof sprach sich dafür aus, "radikal" zu glauben: "Und genau deswegen aktiv werden und uns einmischen, wo die Würde des Menschen bedroht ist und wo die Natur, die uns als Schöpfung Gottes anvertraut ist, zerstört wird. Das ist die Berufung, aus der wir Christinnen und Christen leben."
Der nächste Deutsche Evangelische Kirchentag wird vom 19. bis 23. Juni 2019 in Dortmund stattfinden. Kirchentagspräsident wird dann der Journalist Hans Leyendecker sein.