Die Besucherinnen und Besucher des Kirchentags werden in Berlin auch auf sie treffen: Menschen, die ohne festen Wohnsitz sind und die vielfach auf der Straße leben. Die Gäste werden sich vielleicht noch wundern, wenn in der S-Bahn die Fahrgäste ihre Pfandflaschen aus den Taschen holen, um sie Obdachlosen auszuhändigen. Wenn sie eine der Straßenzeitungen in der Hand halten, die von den wohnsitzlosen Menschen selbst gemacht und verkauft werden, wird ihnen das vielleicht schon nicht mehr fremd sein.
Auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), will verstärkt gegen die Obdachlosigkeit in der Stadt vorgehen. Das Hauptproblem sei derzeit, notwendigen Wohnraum für Bedürftige zu finden, sagte Müller dem Evangelischen Pressedienst (epd). Deshalb diskutiere der Senat darüber, "nicht genutzte Unterkünfte für Flüchtlinge auch für andere Nutzergruppen zu nutzen". Schätzungen zufolge leben in Berlin bis zu 8.000 Menschen auf der Straße, mehr als die Hälfte von ihnen sollen aus Osteuropa stammen.
Müller betonte, das Problembewusstsein sei da: "Aber wir können nicht das Problem von heute auf morgen lösen". Es handele sich um einen "Prozess über mehr Personal, über Sozialarbeit bis hin zu den Wohnungskapazitäten". Mit Blick auf den Wohnungsbau, den der Senat ankurbeln will, verwies Müller auf "Programme, über städtische Gesellschaften Wohnraum anzubieten, um Menschen wieder integrieren zu können". Auch bei neugebauten Wohnungen städtischer Wohnungsgesellschaften sichere sich die Stadt Belegungsrechte für Bedürftige.
Allerdings würden viele Obdach- und Wohnungslose durch Straßensozialarbeit und eine verbesserte Wohnraumversorgung gar nicht erreicht, sagte der SPD-Politiker weiter: "Da stoßen wir mit politischen Initiativen auch an Grenzen: Wir erreichen diese Menschen einfach sehr schwer."
So kämen viele Menschen als Arbeitsmigranten aus Osteuropa: "Die sind nicht in erster Linie auf Wohnungssuche", betonte Müller. Auch für Menschen, "die seit Jahren obdachlos sind, wird es irgendwann sehr schwer, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren". Für diese Gruppe brauche es "eine begleitende Sozialarbeit, eine fürsorgende Unterstützung und emotionale Stütze, damit diese Menschen die Angebote zur Wiedereingliederung überhaupt annehmen".
Helge war einer der vielen Obdachlosen in Berlin. In einer Baptistengemeinde erlebte er ein Erweckungserlebnis, entschied sich für zwei Jahre Entzug und machte sich dann auf den Weg nach Santiago de Compostella. Helges Geschichte, erzählt im Deutschlandfunk, finden Sie hier als Multimedia-Pageflow.