"Tief durchatmen, die Familie kommt" nach dem gleichnamigen Roman von Andrea Sawatzki war ein großer Spaß über eine Frau am Rand des Nervenzusammenbruchs, die sich an Weihnachten mit ihrer verschrobenen egozentrischen Verwandtschaft rumärgern muss. In der Fortsetzung verschlägt es Familie Bundschuh nach Mallorca. Susanne (Judy Winter), die Schwiegermutter von Heldin Gundula (Sawatzki), eröffnet dort demnächst eine Boutique und hat die gesamte Sippe eingeladen, damit sie ihr bei der Renovierung des Ladens hilft; das offenbart sie aber erst nach der Ankunft.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Ansonsten bleiben sowohl Sawatzkis Vorlage wie auch das Drehbuch – die Romanadaption besorgte wieder Mathias Klaschka – dem Muster treu aus Teil eins treu: Gundula versucht krampfhaft, eine gute Frau und Mutter zu sein und alle kleinen und großen Katastrophen wegzulächeln. Ehemann und Schlagerfreund Gerald (Axel Milberg) hat sich damit abgefunden, von der Gattin wie ein großes Kind behandelt zu werden. Eine genüssliche Persiflage sind Gundulas Bruder Hans-Dieter (Stephan Grossmann), ein wehleidiger Hypochonder, und seine Frau Rose (Eva Löbau), ein verhuschtes Mauerblümchen. Das Paar ist eine wunderbare Satire auf jene Zeitgenossen, die ihre Mitmenschen in Sachen Ernährung und Spiritualität zu missionieren pflegen. Abgerundet wird das Ensemble durch die Eltern: Die im Weihnachtsfilm noch ausgesprochen trinkfreudige Susanne ist vorübergehend trocken, hat sich einen ehemaligen Golfprofi angelacht und sorgt mit intimen Details aus ihrem Liebesleben regelmäßig für peinliche Momente. Gundulas dementer Vater Edgar (Günther Maria Halmer) erlebt auf Mallorca einen unverhofften zweiten Frühling und benimmt sich gegenüber seiner nachgereisten Frau (Thekla Carola Wied hat die Rolle von Christine Schorn übernommen) wie ein verliebter Teenager.
Gute Slapstickmomente
Natürlich kann man einwenden, dass die Figuren ausnahmslos übertrieben und sämtliche Szenen auf den jeweiligen Schlussgag hin komponiert sind; außerdem mutet der zweite Film wie ein Remake des ersten an, nur dass sich die Handlung nicht an Weihnachten, sondern im Sommer auf Mallorca zuträgt. Aber wenn man "Von Erholung war nie die Rede" als Boulevardkomödie akzeptiert, in der es um nichts anderes als heiteren Zeitvertreib geht, bietet der Film ein regelrechtes Feuerwerk an komischen Momenten. Die Dialoge sind ein großer Spaß, zumal die Schauspieler nicht den Fehler begehen, die Situationskomik auch noch mimisch zu unterfüttern; die Bosheiten werden mit voller Kränkungsabsicht vorgetragen. Ähnlich gut funktionieren die Slapstickmomente. Die Missgeschicke mögen jeweils für sich genommen nicht sonderlich originell sein, aber in der Häufung ist es einfach witzig, wenn Gundula in dem leicht maroden Hotel erst den Vorhang samt Stange in der Hand hat, dann das Bett unter Gerald zusammenbricht und schließlich, der Klassiker, die Dusche ausgerechnet dann ihren Geist aufgibt, als Gundula Shampoo in den Haaren hat. Wer das nicht lustig findet, wird sich auch über die Scherze auf Kosten des dementen Edgar mokieren, der nackt in der Telefonzelle steht und darauf wartet, dass Wasser aus dem Hörer kommt. All’ das kann man für schlichte Klamotte halten, aber es ist einfach gut gespielt. Gerade Milberg versieht seinen Gerald mit genau der richtigen Körpersprache, und Halmer hat sichtbar Freude an der Mischung aus Liebenswürdigkeit und Verwirrtheit, mit der Edgar immer wieder für Überraschungen sorgt. Einzig Sawatzki grimassiert ein bisschen viel, aber sie hat nun mal die Rolle des dummen August, der stets das Beste will und dem doch alle richtig übel mitspielen.
Die Inszenierung von Vivian Naefe, die auch bei "Tief durchatmen, die Familie kommt" Regie geführt hat, wischt den Einwand, der Film sei doch bloß eine Aneinanderreihung bekannter Versatzstücke, ohnehin beiseite; allein die Vielzahl misslungener Komödien dieser Art belegt, wie schwierig das vermeintlich leichte Fach ist. Zudem sind gerade die ehelichen Auseinandersetzungen gnadenlos zutreffend aufgespießt; diverse Söhne und Töchter werden sich amüsiert fragen, woher Klaschka ihre Eltern kennt. Neben den erwartbaren Scherzen gibt es auch einige gelungene Überraschungen, allen voran Geralds großer Auftritt im Glitzerjackett: Die hübsche Empfangsdame Sofia (Jana Josephina Leipziger) erfüllt ihm einen Jugendtraum, als die beiden in einer Karaoke-Bar eine mitreißende Version von Caterina Valentes Schlagerklassiker "Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini" zum Besten geben.