Das gilt vor allem für das Titel-Trio, das je nach Deutung des Titels einerseits aus den beiden Liebenden und andererseits aus der Stadt besteht: Der Schweizer Regisseur Florian Froschmayer und der erfahrene Kameramann Jörg Widmer sorgen dafür, dass die Bilder von Amsterdam umgehend den Wunsch wecken, die Koffer zu packen. Nicht minder sehenswert sind die beiden Hauptdarsteller. Vladimir Burlakov spielt Max, einen jungen Immobilienanwalt aus Kassel, der seine Heimat, wie sich später rausstellt, Hals über Kopf verlassen hat, und zwar am Tag der Hochzeit. Die Flucht war die einzige Möglichkeit, einer Zukunft zu entkommen, die die beiden Elternpaare bis ins Detail perfekt geplant hatten. In Amsterdam bot sich zudem die Chance, bei einem Immobilienunternehmen Karriere zu machen, aber ausgerechnet an dem Tag, an dem Max’ Chef ihm einen äußerst wichtigen Auftrag anvertraut, überschlagen sich die Ereignisse: Erst tauchen überraschend seine Eltern (Hans-Joachim Heist, Rita Russek) auf, dann lernt er die etwas ältere Sophie (Bracha van Doesburgh) kennen, die mit holländischer Entspanntheit sein Leben auf den Kopf stellt. Vier Tage später ist alles anders: Der Job ist weg, die lässige Sophie ("Es kommt immer, wie es muss") lehnt nicht nur seinen Heiratsantrag ab, sondern beendet auch die Beziehung, und das Verhältnis zu seinem Vater ist komplett zerrüttet.
Das detailfreudige Drehbuch stammt von Thomas Kirdorf ("Alpenglühen"), einem Meister der leichten Unterhaltung, der seine Hauptfigur mit immer wieder neuen Herausforderungen konfrontiert. Als Gegenspieler kristallisiert sich dabei recht bald der Vater heraus: Bauunternehmer Herbert - kurze Beine, kaum noch Haare, dicker Bauch und noch dickeres Auto – ist das Klischee des deutschen Spießers, dem die Holländer schon deshalb unsympathisch sind, weil sie sich nicht an die Regeln halten. Nach der Ankunft in Amsterdam saugt er mit einem Handstaubsauger erst mal die Krümel vom Sitz. Hans-Joachim Heist, besser bekannt als cholerischer Gernot Hassknecht aus der "heute-show", ist großartig als Kleinbürger. Dass Herbert und Max fortan ständig aneinandergeraten, liegt jedoch keineswegs an ihrer Gegensätzlichkeit, wie schon die ersten Filmbilder andeuten: Der junge Mann ist ein penibler Perfektionist, und als Sophie in seinem Bett Kekskrümel verteilt, hat er gleichfalls umgehend einen Handsauger zur Hand.
Auch Burlakov, vor acht Jahren durch Dominik Grafs ARD-Serie "Im Angesicht des Verbrechens" quasi über Nacht bekannt geworden, ist eine passende Besetzung für den jungen Mann, der nach seiner Flucht erst mal das eigenständige Erwachsenwerden nachholen muss. Er spielt das prima, was aber nicht weiter überrascht, schließlich hat der in München aufgewachsene gebürtige Moskauer schon oft genug gezeigt, was er kann; für seine Titelrolle in dem Sat.1-Drama "Marco W. – 247 Tage im türkischen Gefängnis" ist er für den Deutschen Fernsehpreis nominiert und mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet worden. Die Entdeckung des Films ist daher die attraktive Holländerin Bracha van Doesburgh in ihrem deutschen TV-Debüt; sie ist schon allein wegen ihres süßen Akzents eine Frau zum Verlieben. Sophia hat einen Sandwich-Imbiss und lebt in einer WG mit ihrer Schwester auf einem Hausboot. Genüsslich kostet Kirdorf die Klischees aus: Die Schwester ist lesbisch, sie und ihre Freundin erwarten ein Baby, das per Samenspende von einem schwulen Bekannten stammt. Kein Wunder, dass Herbert alsbald überfordert ist, was Froschmayer wiederum so gut inszeniert, dass Max angesichts der peinlichen Intoleranz des Vaters tatsächlich rot zu werden scheint.
Kirdorf hat sich ohnehin eine Vielzahl witziger und höchst amüsant umgesetzter Ideen einfallen lassen. Dazu gehört auch, dass Herbert Sophie bei der ersten Begegnung in Max’ Wohnung für dessen Putzfrau hält, selbst wenn es ihn irritiert, dass sie unter der Schürze nackt ist. Später treibt das Drehbuch die deutsch-holländische Konfrontation auf die Spitze: Der Radfahrer, den Herbert mit dem Auto übersehen hat, entpuppt sich als Sophies Vater. Den Tiefpunkt erreichen die bilateralen Beziehungen, als Herbert, der seinem Sohn unbedingt das Unternehmen vermachen will, Sophie Geld dafür bietet, dass sie die Finger von Max lässt; und selbstredend kommen auch die Erinnerungen ans WM-Finale 1974 zur Sprache. Schade nur, dass die Verantwortlichen ihrem Publikum keine Untertitel zumuten wollten, weshalb die Holländer auch untereinander deutsch sprechen – mit starkem niederländischem Akzent. Trotzdem ist "Verliebt in Amsterdam" nicht zuletzt wegen der flotten Musik (Steffen Kaltschmid) eine junge, moderne Komödie; und eine Hommage an Amsterdam.